Guten Tag
Frage betr. zuständigem Unterstüzungswohnsitz?
Sachverhalt:
Person wird vom Ausland direkt ins Spital gebracht, lebte seit 20 Jahren nicht mehr in der Schweiz. Zivilrechtl. Anmeldung am Spitalstandort zwecks Versicherungsunterstellung. Austritt in eine betreute Wohnsituation. Nach rechtl. Abklärung zivilrechtl. Anmeldung am neuen Aufenthaltsort. Begründung, Spitalaufenthalt ist immer befristet, daher Anmeldung am Ort der Institution.
Erhielt dort die Kündigung nach ca. 9 Mt., eigenständiger Wechsel in eine ausserkantonale Institution für ca. 3 Mt., meldete sich dort jedoch nicht an. Abmeldung durch vorherige Gde. (Ort erste Institution). Erneute Kündigung durch zweite Institution, jetzt wieder im Spital wegen Komplikationen. Benötigt eine neue betreute Wohnsituation.
Wer ist für die neue Kostengutsprache für den Heimplatz zuständig?
Für eine Rückmeldung bedanke ich mich bestens.
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Ich bedanke mich für Ihre Frage und beantworte diese gerne wie folgt:
Für mich ist nicht ersichtlich, aus welchem Kanton die Frage kommt. Aufgrund der Schilderung des Sachverhalts habe ich zudem den Eindruck, dass die verschiedenen Institutionen teilweise im selben, teilweise aber auch in verschiedenen Kantonen liegen. Ich bin mir aber nicht bei jedem Wechsel im Klaren, ob dieser zwischen den Kantonen erfolgte.
Es ist mir deshalb nur möglich, Antwort zu geben für Fälle in denen das bundesrechtliche Zuständigkeitsgesetz (ZUG) zur Anwendung kommt, welches regelt, welcher Kanton für die Unterstützung zuständig ist (interkantonale Zuständigkeit, Art. 1 Abs. 1 SHG). Die innerkantonale Zuständigkeit ergibt sich dagegen aus den anwendbaren kantonalen rechtlichen Grundlagen.
Da die betroffene Person während 20 Jahren landesabwesend war und jetzt in die Schweiz zurückgekehrt ist, gehe ich davon aus, dass es sich um eine schweizer Bürgerin/einen schweizer Bürger handelt. Diese sind nach Art. 12 Abs. 1 ZUG an ihrem Wohnort zu unterstützen, wobei nicht der zivilrechtliche Wohnort sondern der zuständigkeitsrechtliche Wohnort massgebend ist. Dieser befindet sich nach Art. 4 Abs. 1 ZUG dort, wo der Bedürftige sich mit der Absicht dauernden Verbleibs aufhält. Der Aufenthalt in einem Heim, einem Spital oder einer anderen Einrichtung begründet nach Art. 5 ZUG keinen Unterstützungswohnsitz. Das Bundesgericht hat schon verschiedentlich festgestellt, dass nicht allzu hohe Anforderungen an den Heim- bzw. Anstaltsbegriff gestellt werden dürfen. So sind zwar im begleiteten Wohnen in der Regel weder der Abhängigkeits- noch der Fremdbestimmungsgrad besonders hoch. Da die Bewohnerinnen und Bewohner sich aber an Hausregeln, die über das bei einem normalen Mietverhältnis Übliche herausgehen, halten müssen und insbesondere regelmässig Besuch von einer beim begleiteten Wohnen angestellten Person empfangen müssen, wird der Heimbegriff grundsätzlich auch auf das begleitete Wohnen angewandt. Ergänzend ist auszuführen, dass nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichts ein Heimaufenthalt nicht dazu führt, dass der Unterstützungswohnsitz praktisch nicht mehr ändern kann. Hat die unterstützungsbedürftige Person ihre Beziehungen zum bisherigen Kanton abgebrochen und in subjektiver wie objektiver Hinsicht ein neues Verhältnis zu einem anderen Kanton begründet, kann der Unterstützungswohnsitz trotz ununterbrochenen Heimaufenthalts ausnahmsweise wechseln (Urteile des Bundesgerichts 2A.714/2006 vom 10. Juli 2007, E. 3.3 sowie 8C_79/2010 vom 24. September 2010, E. 7.2.).
Zwischenfazit: Da der Aufenthalt in einem Spital keinen Unterstützungswohnsitz begründet, konnte die betroffene Person im geschilderten Fall bei Einreise in die Schweiz keinen Unterstützungswohnsitz begründen und musste vom Aufenthaltskanton (Kanton, in dem das Spital liegt) unterstützt werden.
Beim Wechsel in das erste begleitete Wohnen kommt es darauf an, ob das begleitete Wohnen im selben Kanton wie das Spital lag oder in einem anderen Kanton. Aufgrund der Schilderung des Sachverhalts habe ich den Eindruck, dass das erste begleitete Wohnen im selben Kanton wie das Spital lag. In diesem Fall kommen die innerkantonalen Regelungen zur Anwendung. Ob die betroffene Person gemäss diesen im betreuten Wohnen einen Unterstützungswohnsitz begründen konnte, weiss ich nicht, da ich den Kanton nicht kenne. Der nach der Kündigung des betreuten Wohnens erfolgte Wechsel in ein anderes betreutes Wohnen erfolgte dann – soweit ich den Sachverhalt verstanden habe – über die Kantonsgrenze hinaus. Es kommt demnach bei diesem Wechsel des ZUG zur Anwendung.
Demgemäss kann die betroffene Person nach Art. 5 ZUG im zweiten betreuten Wohnen grundsätzlich keinen Unterstützungswohnsitz begründen, zumal sie offenbar aus Not in den anderen Kanton gewechselt hat und nicht, weil sie ihren Lebensmittelpunkt dorthin verlegen wollte. Damit haben wir die Situation, dass für die Unterstützung während der Zeit des zweiten betreuten Wohnens der Aufenthaltskanton zuständig ist, wenn im ersten betreuten Wohnen nach den gesetzlichen Grundlagen des ersten Kantons kein Unterstützungswohnsitz begründet worden ist. Ist nach dessen Regeln ein Unterstützungswohnsitz begründet worden, ist während der Zeit im zweiten begleiteten Wohnen noch dieser erste Kanton für die Unterstützung zuständig.
Die Rückkehr ins Spital begründet meiner Ansicht nach keinen Unterstützungswohnsitz, unbesehen davon, ob das Spital sich innerhalb des zweiten Kantons oder des ersten Kantons befindet, da mir keine kantonalen Regeln bekannt sind, die einen Spitalaufenthalt als begründend für einen Unterstützungswohnsitz ansehen.
Hat die betroffene Person im ersten betreuten Wohnen gestützt auf die kantonalen Regeln keinen Unterstützungswohnsitz begründet, so verfügt sie wohl auch im heutigen Zeitpunkt über keinen Unterstützungswohnsitz und es ist der Aufenthaltskanton – d.h. der Kanton, in dem sich das aktuelle Spital befindet - für die Unterstützung zuständig. Welche Gemeinde innerkantonal zuständig ist, bestimmen die kantonalen Regeln. Die innerkantonal zuständige Gemeinde hat dann die Kostengutsprache zu erteilen. Hat die betroffene Person im ersten Kanton aufgrund der innerkantonalen Regeln beim ersten Aufenthalt in einem begleiteten Wohnen einen Unterstützungswohnsitz begründet, ist nach wie vor dieser Kanton und wohl auch diese Gemeinde zuständig. Sie hat dann die Kostengutsprache zu erteilen.
Ich freue mich, falls Sie mir die betroffenen Kantone nennen wollen. Dann kann ich Ihnen eine konkretere Antwort geben.
Freundliche Grüsse
Sehr geehrte Frau Loosli
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Hier noch die ergänzenden Angaben. Das Spital befindet sich im Kt. LU und auch das (1.) Pflegeheim, in welches die Person nach Austritt aus dem Spital eingetreten ist. Nach der Kündigung Wechsel in ein (2.) Pflegeheim im Kt. AG und danach erneut Eintritt in das Spital im Kt. LU.
Die Gemeinde des ersten Pflegeheims (Kt. LU) hat die Person dann abgemeldet und ihr den Heimatschein zurückgesandt.
Die Person hat einen Schweizer Pass.
Die Person hat einen sehr hohen Pflegebedarf, daher ist eine betreute Wohnsituation zwingend.
Für eine Rückmeldung bin ich Ihnen sehr dankbar.
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Ich bedanke mich für Ihre Unterstützung. Mit Ihren Angaben kann ich Ihnen eine genauere Antwort geben.
In § 16 des Sozialhilfegesetzes des Kantons Luzern (SHG) ist die innerkantonale örtliche Zuständigkeit geregelt. Demnach ist nach Abs. 1 die Gemeinde zuständig, in der eine unterstützte Person ihren Unterstützungswohnsitz hat. Wo dieser liegt, richtet sich nach dem ZUG. Hat eine bedürftige Person keinen Unterstützungswohnsitz, ist nach Abs. 2 die Gemeinde zuständig, in der sie sich aufhält. Ist eine offensichtlich hilfsbedürftige Person, insbesondere wegen Erkrankung oder eines Unfalls, auf ärztliche oder behördliche Anordnung in eine andere Einwohnergemeinde verbracht worden, so gilt nach Abs. 3 diejenige Gemeinde als Aufenthaltsgemeinde, von der die Zuweisung ausging.
Wie in meiner ersten Antwort ausgeführt, hatte die betroffene Person bei Ersteintritt in ein Spital im Kanton Luzern direkt aus dem Ausland keinen Unterstützungswohnsitz in der Schweiz. Der Aufenthaltskanton musste sie unterstützten. Das war der Kanton Luzern. Kantonsintern war damit während des Spitalaufenthalts die Gemeinde, in der das Spital liegt, zuständig, da der Aufenthalt der betroffenen Person dort war (§ 16 Abs. 2 SHG). Wurde diese aus dem Spital hinaus auf ärztliche oder behördliche Anordnung in ein begleitetes Wohnen innerhalb des Kantons Luzern verbracht, verstehe ich Abs. 3 von § 16 SHG so, dass dann nach wie vor die Gemeinde, in der das Spital liegt, zuständig geblieben ist.
Fest steht mit der kantonsinternen Zuständigkeitsregelung des Kantons Luzern, dass die betroffene Person im betreuten Wohnen im Kanton Luzern keinen Unterstützungswohnsitz begründet hat und damit beim Wechsel in ein Pflegheim im Kanton Aargau nach wie vor der Aufenthaltskanton und damit der Kanton Aargau für die Unterstützung zuständig war.
Nach § 6 des Sozialhilfe - und Prävensionsgesetzes des Kantons Aargau (SPG) ist bei fehlendem Wohnsitz für die Unterstützung die Aufenthaltsgemeinde zuständig. Für die Bestimmung des Aufenthalts gilt nach Abs. 3 von § 6 SPG das ZUG. Demnach war im Kanton Aargau die Gemeinde zuständig, in der das begleitete Wohnen lag.
Nun ist die Klientin wieder über die Kantonsgrenzen hinweg in den Kanton Luzern zurückgekehrt und hält sich im Spital auf. Damit ist interkantonal wieder der Kanton Luzern als Aufenthaltskanton zuständig und innerkantonal die Gemeinde, in der das Spital liegt (§ 16 SHG). Wechselt die Klientin wieder in ein betreutes Wohnen innerhalb des Kantons Luzern, hat sie in der Gemeinde Aufenthalt, in der das begleitete Wohnen liegt (§ 16 Abs. 2 SHG) und ist von dieser Gemeinde zu unterstützen. Anders ist es, wenn sie auf ärztliche oder behördliche Anordnung hin in ein begleitetes Wohnen verbracht wird: Dann bleibt meiner Ansicht nach die Gemeinde, in der das Spital liegt, Aufenthaltsgemeinde und damit für die Unterstützung zuständig. Verlegt die betroffene Person ihren Lebensmittelpunkt objektiv erkennbar später in die Gemeinde, in der das neue begleitete Wohnen liegt, kann sie dort Unterstützungswonsitz begründen und muss dann von dieser Gemeinde unterstützt werden.
Keinen Einfluss hat es, ob und wo die betroffene Person ihren zivilrechtlichen Wohnsitz hat.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen zu können.
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach
Sehr geehrte Frau Loosli Brendenbach
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Gleichzeitig eine Klärungsfrage. Es besteht weder eine ärztliche noch eine behördliche Anordnung für eine Platzierung, jedoch ist eine betreute Wohnsituation aufgrund des hohen Pflegebedarfs notwendig, da dies in einer privaten Wohnsituation weder organisiert noch finanziert werden kann. Was heisst das jetzt konkret für Platzsuche, resp. bei welcher Gemeinde muss Antrag auf Kostengutsprache für den (zukünftigen) Platz gestellt werden? Habe ich das richtig verstanden, dass dies somit die Standortgemeinde des Spitals ist, da keine Anordnung vorliegt?
Für Ihre Rückmeldung bedanke ich mich bestens.
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Vielen Dank für Ihre Nachfrage.
So wie ich den Gesetzestext von § 16 Abs. 3 SHG verstehe, bleibt nur dann trotz Umzug die bisherige Aufenthaltsgemeinde rechtlich Aufenthaltsgemeinde und damit unterstützungspflichtig, wenn eine ärztliche oder behördliche Zuweisung für den Aufenthalt in einer anderen Gemeinde erfolgt ist.
Wenn das vorliegend - wie Sie schreiben - nicht der Fall ist, gilt die Gemeinde, in der sich das neue begleitete Wohnen befindet, als Aufenthaltsgemeinde und ist zur Unterstützung verpflichtet, sobald die betroffene Person dort wohnt. Daraus folgt, dass die Gemeinde, in der sich das Spital befindet, nur so lange bezahlen muss, wie die betroffene Person noch im Spital ist.
Die Zuständigkeitsfrage ist oft nicht einfach und wird kontrovers gesehen. Gibt es zwischen den Gemeinden innerkantonal keine Einigkeit und ist die örtliche Zuständigkeit streitig, hat deshalb diejenige Einwohnergemeinde, bei der die hilfebedürftige Person das Gesuch um Unterstützung zuerst gestellt hat, die wirtschaftliche Sozialhilfe bis zur Klärung der Zuständigkeit als Vorleistung zu gewähren (§ 16 Abs. 4 SHG).
Freundliche Grüsse
Guten Tag
Besten Dank für Ihre Nachricht. Nochmals eine Ergänunzungsfrage. Die Person bezieht keine wirtschaftliche Sozialhilfe. Sie hat eine schwere Hilflosenentschädigung und ausserordentliche Ergänzungsleistungen, da kein Anspruch auf eine IV-Rente besteht. Die entstehenden Kosten betreffen in erster Linie das Pflegefinanzierungsgesetz (Pflegerestkosten zu Lasten der öffentlichen Hand/Gemeinde). Gleichwohl verlangen die Institutionen eine vollständige, subsidiäre Kostengutsprache bevor sie eine Aufnahme bewilligen. Zu diesem Zeitpunkt lebt die Person jedoch noch nicht in der Institution wenn eine Gemeinde die nötige Kostengutsprache erteilen soll und fühlt sich entsprechend auch nicht zuständig.
Wie weiter?
Antrag trotzdem bei der zukünftigen Gemeinde einreichen und bei Ablehnung an den Kanton (DISG) gelangen oder den Antrag direkt beim DISG einreichen?
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung.
Freundliche Grüsse
Guten Tag
Besten Dank für Ihre Nachricht. Nochmals eine Ergänunzungsfrage. Die Person bezieht keine wirtschaftliche Sozialhilfe. Sie hat eine schwere Hilflosenentschädigung und ausserordentliche Ergänzungsleistungen, da kein Anspruch auf eine IV-Rente besteht. Die entstehenden Kosten betreffen in erster Linie das Pflegefinanzierungsgesetz (Pflegerestkosten zu Lasten der öffentlichen Hand/Gemeinde). Gleichwohl verlangen die Institutionen eine vollständige, subsidiäre Kostengutsprache bevor sie eine Aufnahme bewilligen. Zu diesem Zeitpunkt lebt die Person jedoch noch nicht in der Institution wenn eine Gemeinde die nötige Kostengutsprache erteilen soll und fühlt sich entsprechend auch nicht zuständig.
Wie weiter?
Antrag trotzdem bei der zukünftigen Gemeinde einreichen und bei Ablehnung an den Kanton (DISG) gelangen oder den Antrag direkt beim DISG einreichen?
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung.
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Ich bedanke mich für Ihre Rückfrage. Ich bin aufgrund des Umstandes, dass Sie Ihre Frage im Sozialhilfeforum gestellt haben, davon ausgegangen, dass Sie wissen möchten, wer sozialhilferechtlich zuständig ist. Die Frage nach der Zuständigkeit aufgrund der Pflegefinanzierung - die Sie in Ihrer letzten Frage nun ausdrücklich erwähnen - ist aber eine sozialversicherungsrechtliche Frage. Ihre letzte Frage wird deshalb in diesem Forum beantwortet.
Meine Antworten können betreffend Zuständigkeit aber helfen, wenn die betroffene Person von der Sozialhilfe bevorschusssend unterstützt werden muss, bis die Pflegefinanzierung fliesst.
Freundliche Grüsse