Guten Tag
Ein Klient wohnt bei seinen Grosseltern, welche über Wohneigentum verfügen. Die Grosseltern haben mit dem Neffen nun aufgrund der Sozialhilfebedürftigkeit einen Untermietvertrag abgeschlossen. Der Klient wohnt zusammen mit seinen Grosseltern in der gleichen Wohnung, er mietet also keine eigene Wohnung im Wohneigentum der Grosseltern.
Ist es korrekt, dass wir von den Grosseltern die Unterlagen betreffend Hypothekarzins / Nebenkosten einfordern können, damit überprüft werden kann, ob die Untermiete in einem Verhältnis zu den Gesamtwohnkosten steht und mittels der Sozialhilfe nicht indirekt die Wohnausgaben der Grosseltern mitfinanziert werden? Wenn ja, auf welche rechtlichen Grundlagen können wir uns abstützen? (Anmerkung: Uns ist lediglich das Stichwort "Wohneigentum" der SKOS bekannt).
Frage beantwortet am
Anja Loosli Brendebach
Expert*in Sozialhilferecht
Sehr geehrte Frau Binggeli
Vielen Dank für Ihre Frage. Ich beantworte diese gerne wie folgt:
Vorliegend verfügen die Grosseltern, welche nicht Klienten der Sozialhilfe sind, über Wohneigentum und nicht der Klient. Da es am Wohneigentum des Klienten fehlt, kommen nicht die sozialhilferechtlichen Regeln über das Wohneigentum zur Anwendung. Vielmehr kommen die generellen Regeln über die Wohnkosten zur Anwendung. Zwar haben die Grosseltern den Vertrag mit ihrem Enkel offenbar als "Untermietvertrag" bezeichnet. Um einen solchen handelt es sich aber nicht, da die Grosseltern Eigentümer der (teilweise) vermieteten Liegenschaft sind. Es handelt sich um einen ordentlichen Mietvertrag und die sozialhilferechtlichen Regeln dazu kommen zur Anwendung.
In Art. 8 der Sozialhilfeverordnung des Kantons Bern ist geregelt, dass für die Bemessung der wirtschaftlichen Hilfe die Regeln der SKOS-Richtlinien zur Anwendung gelangen. Die Wohnkosten sind in Kapitel B.3 der SKOS-Richtlinien geregelt. Demnach sind die Wohnkosten nach den örtlichen Verhältnissen anzurechnen. Werden innerhalb einer Wohngemeinschaft nicht alle Personen unterstützt, werden in der Regel die für die jeweilige Haushaltsgrösse angemessenen Wohnkosten auf die Personen aufgeteilt. Da ich nicht weiss, von welcher Gemeinde Sie sind bzw. in welcher Gemeinde Ihr Klient wohnt, kenne ich die örtlichen Grenzwerte nicht. Es bedeutet aber auf jeden Fall, dass der Klient grundsätzlich Anspruch auf 1/3 des Grenzwertes für einen Dreipersonenhaushalt hat. Nehmen wir an, der Grenzwert für einen Dreipersonenhaushalt betrage Fr. 1'500.--, dann hat der Klient grundsätzlich Anspruch auf Fr. 500.--. Ist vertraglich ein höherer Betrag vereinbart, so ist zu prüfen, ob dennoch dieser höhrere Betrag bezahlt wird, weil dem Klienten z.B. ein Umzug aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen nicht zumutbar ist. Ist ein Umzug zumutbar, so ist vorerst der überhöhte Mietzins zu bezahlen. Der Klient ist aber aufzufordern, umzuziehen, ansonsten nur noch der Grenzwert bezahlt wird. Dann kann er allenfalls statt Umziehen mit seinen Grosseltern einen günstigeren Mietzins vereinbaren. Nicht ausschlaggebend ist bei der Miete im Gegensatz zur Untermiete (siehe auch Handbucheintrag "Mietzins" im Handbuch der Berner Konferenz zum Thema Untermiete), ob die Grosseltern sich bereichern, bzw. einen unverhältnismässig hohen Mietzins verlangen, da der Vermieter im Gegensatz zum Untervermieter - abgesehen von Wucher - den Mietzins selbst festlegen kann. Einem zu hohen bzw. nicht angemessenen Mietzins wird durch die Grenzwerte begegnet. Daraus folgt, dass Sie die Unterlagen betreffend Hypothekarzins bei den Grosseltern nicht verlangen müssen. Sie können die Höhe der zu bezahlenden Miete über den Grenzwert regeln. Ergänzend möchte ich noch ausführen, dass maximal der tatsächliche Mietzins zu übernehmen ist. Wenn die Grosseltern im oben genannten Beispiel (Grenzwert für einen 3 Personenhaushalt Fr. 1'500.--) von Ihrem Klienten einen Mietzins von Fr. 400.-- verlangen, dann liegt dieser im Grenzwert und kann so übernommen werden. Es muss dann nicht der Betrag von Fr. 500.-- bezahlt werden. Und es muss auch nicht hinterfragt werden, wie viel die Grosseltern als Hypothekarzins bezahlen.
Zu prüfen gilt es vorliegend aber ergänzend, ob die Grosseltern gemäss Art. 37 Sozialhilfegesetz des Kantons Bern verpflichtet sind, Verwandtenunterstützung nach Art. 328 und 329 des Zivilgesetzbuches (ZGB) zu leisten. Zur Berechnung ihrer Leistungspflicht sind ihre finanziellen Verhältisse abzuklären (in diesem Zusammenhang sind dann auch die Ausgaben für den Hypothekarzins massgebend).
Ebenfalls zu prüfen ist, ob die Grosseltern Ihrem Klienten eine Entschädigung für die Haushaltsführung nach Kapitel F.5.2 der SKOS-Richtlinien zu bezahlen haben. Es handelt sich um eine Frage der Minderung. Der Haushalt ist nur zu führen, wenn die Grosseltern erwerbstätig sind. Falls sie also noch nicht pesioniert und erwerbstätig sind, ist zu prüfen, ob sie den Haushalt gemeinsam mit Ihrem Klienten führen und finanziell in der Lage sind, eine Haushaltsentschädigung zu bezahlen (siehe auch Handbuch Berner Konferenz, Eintrag "Entschädigung für Haushaltsführung").
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen zu können.
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach