Liebes SVR-Team
Eine Pat. von mir berichtete, dass sie seit Geburt an einem komplexen Herzfehler leide, deswegen in regelmässiger Kontrolle und Behandlung sei und Blutverdünnung nehmen müsse. Sie sei trotz diesem Leiden AF und arbeite als Physiotherapeutin. Mitte März sei sie zu Hause aus kniender Position aufgestanden und habe eine Synkope erlitten. Dadurch sei sie gestürzt und hart mit dem Kopf aufgeschlagen. Sie verlor für kurze Zeit das Bewusstsein. Als sie wieder zu sich kam meldete sie sich umgehend bei ihrem Kardiologen, der verwies sie in die Notaufnahme zur Kontrolle und Überwachung. Im Spital traten Lähmungserscheinungen auf. Es wurde eine Lungenembolie festgestellt, die vermutlich zur Synkope geführt habe. Weiter wurde eine Hirnblutung festgestellt. Die Hirmblutung stehe nicht im direkten Kausalzusammenhang mit der Lungenembolie, sondern sei durch den Aufprall verurschacht worden. Die Pat. wurde 100% AUF geschrieben und musste für einige Wochen in die stationäre Reha. Anfänglich wurde der Fall als Unfall behandelt. Da die Kardiologen in ihren Berichten das Geschehen ihrer Krankheit zuschrieben (vermutlich meinten sie die Lungenembolie und die Synkope), stellte sich die Unfallversicherung auf einmal auf den Standpunkt, die Hirnblutung und die darauf folgende Reha sei als Krankheitsfolge zu bewerten und lehnten die Kostenübernahme ab. Selbst die AXA Rechtsschutzversicherung habe der Pat. gesagt, der Unfall habe ja ihren Ursprung in der Krankheit und daher sei vermutlich die Unfallversicherung nicht zuständig.
Nach meinem Verständnis ist bei der Hirnblutung in diesem Fall der Unfallbegriff nach Art. 4 ATSG klar erfüllt. Die Hirnblutung wäre ohne Sturz nicht entstanden. Auch eine Argument, die Hirnblutung wäre durch die Blutverdünnung entstanden, wäre sehr weit hergeholt. Die Pat. nimmt seit Jahren Blutverdünnung ohne Nebenerscheinungen. Erst der Sturz verursachte die Blutung. Diese Kausalität steht auch zweifelsfrei fest.
Für mich ist dieser Unfallhergang analog zu den anfallsbedingten Verletzungen bei Epilepsie zu bewerten, die auch als Unfall behandelt werden.
Habe ich da etwas übersehen? Gibt es eine Rechtsprechung zu einem solchen Sachverhalt?
Liebe Grüsse Marius
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Lieber Marius
Zur genannten Frage der Kausalität sind deine Ausführungen durchaus nachvollziehbar. Und erscheint mir prima vista schlüssig. Eine konkrete Entscheidung darüber ist wohl nur auf der Basis und nach Analyse der medizinischen Akten und allfälligen ergänzenden medizinischen Einschätzungen zum Mass des Zusammenhanges der Vorerkrankung mti der Hirnblutung möglich.
Ich rate, im vorliegenden Fall, ev. unter Beizug einer Anwältin oder eines Anwaltes, informell oder unter Erwirkung einer Verfügung die Leistungspflicht der Unfallversicherung einzufordern.
Ein spezifisches höchstrichterliches Urteil genau zu der sich stellenden Frage ist mir nicht bekannt.
Ich hoffe, das dient Dir.
Prof. Peter Mösch Payot