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Unbegründeter Vermögensverbrauch EL

Veröffentlicht:
16.05.2023
Kanton:
Obwalden
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag

Ich habe folgende Frage in Bezug auf die Anrechnung eines unbegründeten Vermögensverbrauchs.

Ein Ehepaar meldete sich 2020 und 2023 zum Bezug von Ergänzungsleistungen an. Beide Male resultierte eine ablehnende Verfügung. Hier kurz die finanzielle Situation:

BVG Kapitalbezug Ehemann 2003: 464'000
BVG Kapitalbezug Ehefrau 2005:    243'000
jährliches Renteneinkommen:           43'000
Vermögen gem. StErklärung 2008: 631'000
Vermögen per 31.12.2019:                 152'000

Kommentar der Ausgleichskasse zum ablehnenden Entscheid 2020:
akzeptierter jährlicher Vermögensverbrauch:   30'000
Vermögensverbrauch 2008 - 2019:                     479'000
Belegter Vermögensverbrauch 2008 - 2019:     360'000
Anrechnung unbegründeter Vermögens-
verbrauch 2020:                                                       119'000
2023: (minus 3 x 10'000)                                           89'000

Eine detaillierte Berechnung liegt nicht vor. Meine Fragen dazu:
Weshalb wird der Vermögensverbrauch auf 2008 zurück berechnet? 
Würde nicht alleine das Defizit Lebensunterhalt den Vermögensrückgang rechtfertigen?
Falls die Berechnung nicht korrekt ist, wie müsste vorgegangen werden, wenn die Verfügung 2023 bereits rechtskräftig ist (was vorliegend der Fall ist)?

 

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag! Entschuldigen Sie die Wartezeit. Ihre Anfrage hat noch ein paar Abklärungen notwendig gemacht.

 

1. Als Einnahmen wurden bis 2021 gemäss dem damaligen Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG auch Einkünfte und Vermögenswerte angerechnet, auf die verzichtet worden ist. Diese Anrechnung dient in erster Linie der Verhinderung von Missbräuchen: Anspruchsberechtigte sollen nicht zulasten der Versicherung auf Einkommen verzichten und ihre Vermögenswerte verschenken können.

Ein Vermögensverzicht wurde angenommen, wenn vor dem Eintritt des Existenzbedarfs oder während dessen Andauern eine Person ohne rechtliche Verpflichtung oder ohne gleichwertige wirtschaftliche Gegenleistung auf Vermögen verzichtet hat. Diese beiden Voraussetzungen sind alternativ zu verstehen: Es reicht für die Annahme des Vermögensverzichts aus, wenn eine der Voraussetzungen erfüllt ist.

Nicht als Verzicht galt ein übermässiger Verbrauch. Wenn und soweit also belegbar ist, dass die Betroffenen ihr Vermögen (BVG-Kapital) verwendet hatten, um sich etwas zu gönnen (übermässiger Verbrauch), durfte nicht von einem Verzicht ausgegangen werden.

Gemäss dem damaligen Recht (bis 2021) war nur ein Vermögensverzicht anrechenbar. Seit dem 1.1.2021 ist auch ab dann erfolgender übermässiger Vermögensverbrauch anrechenbar als Verzicht.

2. Es ist tatsächlich aus der Berechnung der Ausgleichskasse nicht erkennbar, wie sie darauf kommt, dass ein Vermögensverbrauch von CHF 30000 pro Jahr als akzeptabel betrachtet wird, bzw. wurde. Insb. wenn belegbar wäre, welche Ausgaben in den Jahren bis 2020 getätigt wurden, könnte die diesbezügliche Verzichtsrechnung in Frage gestellt werden.

3. Ich rate dazu, vor einer nächsten EL-Verfügung Akteneinsicht zu verlangen und genau zu prüfen oder prüfen zu lassen, wie die EL-Stelle darauf kommt, dass hier nur CHF 30000 als Vermögensverbrauch akzeptiert werden.

Gleichzeitig kann es sich lohnen, alle Ausgaben zu dokumentieren, welche den Verbrauch für die Zeit bis 2020 dokumentieren. So kann dann ev. schon vor der nächsten EL-Verfügung eine Neuberechnung verlangt werden und dabei eine Korrektur des angerechneten Verzichtsvermögens.

 

Ich hoffe, das dient Ihnen. Prof. Peter Mösch Payot