Guten Tag
Uns stellt sich die Frage, unter was der Gastfamilienbeitrag (Ukraine) zu subsumieren ist.
Versteht sich dieser Beitrag als Wohnkosten oder gar als situationsbedingte Leistung und ist somit dem Klientenkonto zu belasten?
Wir erhielten den Auftrag, den Gastfamilienbeitrag in den Leistungsentscheiden aufzunehmen. Von diesem Entscheid bzw. der Höhe des Beitrages wäre die Gastfamilie berührt. Kommt dieser dabei Parteistellung zu? Bzw. müsste diesen der Entscheid ebenfalls eröffnet werden?
Besten Dank und freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
1. Gastfamilienbeitrag als Wohnkosten oder SIL?
Die Höhe der Asylsozialhilfe und damit auch die Unterstützung für Personen mit Status S ist Aufgabe der Kantone. Die Kantone haben denn auch betreffend Gastfamilienbeitrag unterschiedliche Lösungen getroffen. Einige aber nicht alle Kantone bezeichnen den Gastfamilienbeitrag ausdrücklich als Beteiligung an Miet- und Nebenkosten.
Die SODK geht gundsätzlich davon aus, dass die Unterbringung in Gastfamilien aus einem freiwilligen zivilgesellschaftlichen Engagement heraus erfolgt und die Anbietenden keine Miete verlangen. Deshalb empfehlen die SODK den Kantonen, einen pauschalen Beitrag an die Unkosten zu entrichten, die den Gastfamilien durch ihr Engagement entstehen. Konkret wird empfohlen, einen angemessenen Pauschalbeitrag an die Unkosten für die Unterbringung zu bezahlen.
Auf der Homepage des Sozialamtes Thurgau steht, dass bezüglich privater Unterkünfte grundsätzlich davon ausgegangen werde, dass diese aus einem freiwilligen zivilgesellschaftlichen Engagement heraus angeboten werden und die Anbietenden keine Miete verlangen. Es werde den politischen Gemeinden überlassen, die Höhe einer allfälligen Gastfamilienentschädigung festzulegen. Die Thurgauer Konferenz für öffentliche Sozialhilfe (TKöS) empfiehlt, den Gastfamilien, ab dem Monat, ab dem die Globalpauschale GP fliesse, für Erwachsene monatlich Fr. 200.-- und für Kinder monatlich Fr. 100.-- direkt an die Gastfamilien zu bezahlen. In dieser Empfehlung wiederum wird die Gastfamilienentschädigung unter dem Titel "Finanzierung Unterkunft inkl. Nebenkosten und Einrichtung" aufgeführt.
Diese Ausführungen zeigen, dass die Einordnung des Gastfamilienbeitrages nicht in allen Kantonen klar geregelt ist. Mehrheitlichh scheint der Gastfamilienbeitrag aber eine Entschädgiung für das Wohnen zu sein. Dies scheint aufgrund der Formulierung auch im Kanton Thurgau so zu sein, weshalb es angebracht erscheint, die Kosten als Wohnkosten zu verbuchen.
Ich versuche, mit der TKöS Kontakt aufzunehmen und die Frage aus ihrer Sicht zu klären. Wenn ich eine Rückmeldung habe, ergänze ich meine Antwort gerne.
2. Parteistellung der Gastfamilie
Als Entscheide gelten nach § 4 VRG TG Anordnungen von Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht stützen und zum Gegenstand haben: die Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten oder Pflichten; die Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder des Umfanges von Rechten oder Pflichten; die Abweisung von Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten oder Pflichten sowie das Nichteintreten auf solche Begehren.
Da nach § 8 SHG TG Anspruch auf Unterstützungsleistungen gestützt auf das SHG TG und damit gestützt auf öffentliches Recht, haben Gastfamilien, die nicht bedürftig sind, selbst keinen Anspruch auf Unterstützungsleistungen. Die Sozialhilfe kann den Gastfamilienbeitrag gegenüber Gastfamilien deshalb nicht gestüzt auf SHG TG festlegen und somit meiner Ansicht nach auch nicht mittels durch die Gastfamilie anfechtbaren Entscheid bzw. Verfügung.
Auch diese Frage versuche ich, mit der TKöS zu besprechen und dann eine ergänzende Antwort zu geben.
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Ich konnte mich in der Zwischenzeit mit dem Präsidenten der TKöS besprechen. Nach seiner Auskunft ist der Gastfamilienbeitrag auf dem Konto der Klienten unter den Wohnkosten zu verbuchen, wobei er darauf hingewiesen hat, dass die TKöS empfiehlt, für die Personen aus der Ukraine das separate FIBU-Konto 5732 und dort das Unterkonto Wohnkosten zu wählen ist. Er ist gerne bereit, telefonisch Auskunft zu geben. Seine Kontaktdaten finden sich auf der Homepage der TKöS.
Er ist zudem ebenfalls der Meinung, dass die Gastfamilien von der Sozialhilfe aus rechtlichen Gründen nicht als Verfügungsadressaten eingesetzt werden können.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser ergänzten Antwort weiterhelfen zu können.
Freundliche Grüsse