Guten Tag Herr Vogel
Meine Frage bezieht sich auf Ihr Forumsbeitrag vom 20.01.2020:
Dürfen die Budget-Überschüsse aus den Kinderrenten/EL auch dann nicht für den Lebensunterhalt einer alleinerziehenden Mutter verwendet bzw. "umgelagert" werden, wenn diese sozialhilfeabhängig ist? Nach meiner Ansicht liesse sich vor dem Hintergrund des neuen Betreuungsunterhalts durchaus begründen, dass die Kinder mit dem ihren eigenen Barbedarf übersteigenden Anteil die Mutter für ihre Betreuungsleistung "entschädigen". Oder kann man das nicht so betrachten?
Mit freundlichen Grüssen
Gaudenz Heeb
Soziale Dienste Brügg
Frage beantwortet am
Urs Vogel
Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz
Guten Tag Herr Heeb
Unterhaltsersatzleistungen in Form von Kinderrenten der AHV/IV/EL/BVG sichern das sozialversicherungsrechtlichen Existenzminimum des Kindes, mithin seines nach sozialversicherungsrechtlichen Kriterien berechneten Barbedarfs für seinen Unterhalt. Die Komponente Betreuungsunterhalt, welche durch die Revision des Unterhaltsrechts ins ZGB eingeflossen ist, findet im Sozialversicherungsrecht keine Entsprechung und ist nicht Bestandteil der Berechnung der Kinderrente. Im Weiteren ist das Kind, da sein Bedarf durch die sozialversicherungsrechtlichen Leistungen (Renten und EL) abgedeckt ist, nicht sozialhilfebedürftig und fällt somit nicht unter die Berechnung nach Sozialhilfe. Somit entsteht auch kein Überschuss, denn das Kind muss sich nicht gefallen lassen, auf das sozialhilferechtliche Existenzminimum herabgesetzt zu werden.
Unterhaltspflichtig sind beide Elternteile. Diejenige Person, welche das Kind in Obhut hat, erbringt die Unterhaltsleistung in Form der konkreten persönlichen Betreuung des Kindes. Eine Finanzierung dieser Leistung durch das Kind ist ausgeschlossen. Ein «Überschuss» beim Kind, wenn im Moment für den Unterhalt nicht alle Gelder für seinen Unterhalt verwendet werden, fällt ins Kindsvermögen, wie in der Antwort vom 20.1.2020 ausgeführt. Die entsprechenden Ausführungen zur Verwendung dieses «angesparten» Unterhaltsgeldes sind auch auf Ihre Fallsituation anwendbar.
Fazit: Angespartes Unterhaltsgeld aus sozialversicherungsrechtlichen Leistungen (Kinderrenten, EL-Leistungen) bildet Kindesvermögen nach Art.320 Abs. 1 ZGB und darf nur für den Unterhalt, nicht aber für die Bedürfnisse des Haushaltes oder zur Finanzierung von Betreuungsleistungen der ebenfalls unterhaltspflichtigen Mutter verwendet werden.
Kulmerau, 20. Februar 2020
Urs Vogel