Guten Tag,
die Agrisano Krankenkasse lehnt neuerdings die Transportkosten der Polzei bei einer Fürsorgerischen Unterbringung (FU) durch einen Arzt ab.
Es kommt gelegentlich vor, dass einer unserer Klienten durch einen ärztlichen FU von der Polizei in die Psychiatrische Klinik transportiert werden muss. Bis Anfang 2019 wurden die Kosten durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) gemäss KLV Art. 26 übernommen. Auf meine Nachfrage sagte die Agrisano, dass dies früher nur aus Kulanz vergütet wurde und Transporte durch die Polizei wegen KLV Art. 26 Abs. 2 grundsätzlich nie übernommen werden. Diese genüge nicht den medizinischen Anforderungen wie eine Ambulanz, obwohl der Arzt angeordnet hat, dass der Klient durch die Polizei in die Klinik transportiert werden soll.
Nun bin ich auf den Bundesgerichtsentscheid vom 2. September 1998 gestossen (BGE 124 V 338). In diesem wurde in einem speziellen Fall sogar ein Taxi als adäquat für den Transport angesehen, da der Klient gemäss ärztlicher Bescheinigung nicht mit dem ÖV reisen konnte.
Die wenigen Klienten, bei denen so ein Transport vorkommt, sind IV-Rentner und EL-Bezüger. Wenn nun die Krankenkasse die Kosten nicht mehr übernimmt, vergütet auch die Ausgleichskasse den Rest über die Krankheitskosten nicht mehr. Deshalb können wir es nicht einfach dabei belassen.
Als nächstes werden wir eine einsprachefähige Verfügung von der Agrisano verlangen. Auf was müssen wir dabei achten? Wie schätzen Sie unsere Chancen bei einer Beschwerde ein? Was würde die Krankenkasse überzeugen, die Kosten doch zu übernehmen?
Freundliche Grüsse und Danke für Ihre Arbeit.
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrter Herr Meier
Gemäss Art. 26 KLV übernimmt die Versicherung 50 Prozent der Kosten von medizinisch indizierten Krankentransporten zu einem zugelassenen, für die Behandlung geeigneten und im Wahlrecht des Versicherten stehenden Leistungserbringer, wenn der Gesundheitszustand des Patienten oder der Patientin den Transport in einem anderen öffentlichen oder privaten Transportmittel nicht zulässt. Maximal wird pro Kalenderjahr ein Betrag von 500 Franken übernommen. Der Transport hat in einem den medizinischen Anforderungen des Falles entsprechenden Transportmittel zu erfolgen.
Wie sie richtig anfügen, kann dies gar ein Taxi sein (BGE 124 V 338). Gemäss einem Urteil 9C_408/2018 vom 10.09.2018 besteht aber keine Deckung für Spezialtransport.
Ein Anspruch besteht nur, wenn der (Kranken) Transport Pflichtleistung ist. Dies ist der Fall, wenn er im konkreten Fall aufgrund spezifischer medizinischer Anforderungen (Abs. 2 der Bestimmung) nötig ist, denen ein anderes öffentliches oder privates Transportmittel nicht gerecht wird (Abs. 1; vgl. auch BGE 124 V 338 E. 2c/bb S. 344).
Eine solche medizinische Notwendigkeit des entsprechenden Transportes ist in der Regel medizinisch zu belegen und zu begründen, damit eine Chance auf Kostenübernahme besteht. Der Transport in einem Polizeiauto spricht prima vista eher dagegen.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Prof. Peter Mösch Payot
Nachdem ich mich nun nochmal mit einem eingeschriebenen Brief an die Krankenkasse gewendet habe, wurden die Kosten im Rahmen des KLV (also 50% bis 500.- Fr.) übernommen. Ich habe in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass der Hausarzt den Polizeitransport explizit aus medizinischen Gründen für eine Fürsorgerische Unterbringung angeordnet hatte. Die beigelegte Bestätigung vom Arzt hatte dann den Ausschlag gegeben, da es auf der Rechnung nicht deutlich genug aufgeführt war.
Besten Dank für Ihre Auskunft
David Meier
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Es freut mich sehr, sehr geehrter Herr Meier, dass Ihre Intervention Erfolg hatte.
Beste Grüsse
Peter Mösch Payot