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Übernahme Nebenkostenabrechnung

Veröffentlicht:
21.11.2022
Kanton:
Aargau
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag

Gemäss kantonaler Gesetzgebung müssen jährliche Nebenkostenabrechnungen zusätzlich zu den vertraglich vereinbarten Akontozahlungen übernommen werden. Gemäss unserem kantonalen Sozialdienst muss die jährliche NK-Abrechnung auch übernommen werden, wenn die betroffene Person bereits mit der monatlichen Miete (inkl. Nebenkosten) über der Mietzinslimite liegt. Die NK seien nicht Teil vom GB und können deshalb nicht daraus beglichen werden.

Unsere Gemeinde stösst sich etwas daran, dass die betroffenen Personen so nicht dazu angehalten sind, ihre NK gering zu halten. Zudem sind die jährlichen Rechnungen oft ziemlich hoch. Geringverdiener müssen sich auch darum kümmern, zb. die Heizung 1-2° tiefer einzustellen, da bei ihnen die Kosten nicht einfach so von einer Stelle übernommen werden.

Deshalb unsere Frage: Gibt es rechtlich eine Möglichkeit, dass die betroffenen Personen sich an den jährlichen NK-Abrechnungen beteiligen müssen? Oder sind wir mit unserer Ansicht da tatsächlich völlig daneben?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort.

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Ich bedanke mich für Ihre Frage und beantworte diese gerne wie folgt: 

In SKOS-RL C.4.1 Erl. c wird festgehalten, dass es Sache der Sozialdienste sei, ob und inwiefern die Nebenkosten in den Mietzinsrichtlinien berücksichtigt würden. Wichtig sei, dass mietrechtlich zulässige Nebenkosten im Rahmen der Grundsicherung übernommen würden. Gemäss § 15b SPV AG legen die Gemeinden als Richtwert des in der Sozialhilfe maximal zu übernehmenden Wohnungsmietzinses Mietzinsrichtlinien fest. Diese berücksichtigen die Grösse des Haushalts und orientieren sich am ortsüblichen günstigen Mietzins. In Ziff. 7.2.2 des Sozialhilfehandbuchs des Kantons Aargau steht zum Thema Mietzinsrichtlinien ebenfalls, dass es Sache der Gemeinde sei, ob Mietzinsrichtlinien mit oder ohne Nebenkosten gestaltet würden. Weiter steht, dass die Sozialhilfe grundsätzlich die nachträglichen Schlussabrechnungen der Nebenkosten übernehme, wenn das Fälligkeitsdatum der Rechnung in den Zeitraum der Unterstützung mittels materieller Hilfe fällt. Es wird empfohlen, hohe Nebenkostenabrechnungen auf ihre mietrechtliche Zulässigkeit hin zu überprüfen.

Zwischenfazit I: Daraus folgt, dass die Kosten der Nebenkostenabrechnung im Kanton Aargau grundsätzlich sowohl dann zu übernehmen sind, wenn sie nicht Teil der Mietzinsrichtlinien sind, wie auch wenn sie Teil der Mietzinsrichtlinien sind. Voraussetzung ist lediglich, dass die Rechnung während der Unterstützung fällig wurde. 

Da unterstützte Personen nach SKOS-RL A.4.1 zur Minderung der Bedürftigkeit beizutragen haben, sind die Klienten aber verpflichtet, alles ihnen Zumutbare zu unternehmen, um die Bedürftigkeit so tief wie möglich zu halten. Dazu gehört, dass sie Folgendes prüfen:

  • Sind alle in der Nebenkostenabrechnung aufgeführten Kosten auch im Mietvertrag als Nebenkosten vereinbart, denn Mietnebenkosten müssen nur bezahlt werden, wenn dies im Mietvertrag so vereinbart ist (Art. 257a OR)?
  •  
  • Sind die in der Nebenkostenabrechnung und vertraglich vereinbarten Kosten zulässig nach Art. 257b OR? Zulässige Nebenkosten sind alle mit dem Gebrauch zusammenhängende Kosten wie Heizungs-, Warmwasser- und ähnliche Betriebskosten, sowie öffentliche Abgaben, die sich aus dem Gebrauch der Sache ergeben.
  •  
  • Ist die Nebenkostenabrechnung korrekt? Sind die Beträge korrekt und nachweisbar errechnet worden?

Wenn eine der Fragen mit nein beantwortet wird, können die Klienten von der Sozialhilfe verpflichtet werden, die Nebenkostenabrechnung anzufechten und mit der Mietschlichtungsstelle Kontakt aufzunehmen. Tun sie dies nicht, verletzten sie ihre Mitwirkungspflichten gegenüber der Sozialhilfe und eine Sanktion kann geprüft werden.

Zwischenfazit II: Die Klienten können von der Sozialhilfe aufgrund der Pflicht zur Minderung der Bedürftigkeit verpflichtet werden, die Mietnebenkosten zu überprüfen und gegebenenfalls die Nebenkostenabtrechnung anzufechten. Kommen sie dieser Pflicht in nicht entschuldbarer Weise nicht nach, kann die Kürzung der Unterstützungsleistungen geprüft werden.

Hat Ihre Gemeinde die Nebenkosten in den Mietzinsrichtlinien berücksichtigt, so stellt sich die Frage, ob durch die Höhe der Kosten in der Nebenkostenabrechnung diese überschritten werden. Im Sozialhilfehandbuch des Kantons Aargau steht dazu Folgendes: Diese nachträglichen Nebenkosten können dazu führen, dass die Wohnkosten über den Mietzinsrichtlinien (sofern diese inkl. Nebenkosten sind) liegen. Ist dies wiederholt der Fall, kann die Sozialbehörde die sozialhilfebeziehende Person mittels Auflagen und Weisungen dazu auffordern, sich um eine günstigere Wohnung zu bemühen.

Zwischenfazit III: Für den Fall, dass in Ihrer Gemeinde die Mietnebenkosten in den Mietzinsrichtlinien berücksichtigt sind und diese aufgrund der hohen Nebenkostenabrechnungen überschritten werden und dies wiederholt der Fall ist, kann die Sozialhilfe von den Klienten verlangen, dass sie sich um eine günstigere Wohnung bemühen. Tun das die Klienten nicht, kann die Sozialhilfe nach der gesetzten Frist nur noch den Grenzwert übernehmen und damit allenfalls nicht mehr die vollen Nebenkosten.

Zusammenfassendes Fazit: Die Sozialhilfe muss grundsätzlich die Kosten der Nebenkostenabrechnung bezahlen. Sie kann aber verlangen, dass die Klienten prüfen, ob die Nebenkostenabrechnung korrekt ist und den Gerichtsweg beschreiten, wenn dies nicht der Fall ist. Sind in einer Gemeinde die Nebenkosten in den Mietzinslichtlinien berücksichtigt, kann dies – in Abweichung vom Grundsatz, dass die Nebenkosten grundsätzlich zu übernehmen sind – dazu führen, dass die Sozialhilfe nach einer Übergangsfrist die Nebenkosten nur noch im Umfang übernehmen muss, als sie die Richtlinien nicht überschreiten.

Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen zu können.

Freundliche Grüsse