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Übernahme Mietzins

Veröffentlicht:
05.09.2022
Kanton:
Solothurn
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Es hat sich ein Klient angemeldet für SH. Er wird per 01.08.2022 von der SH unterstützt, da er einen Entzug machen muss. 

Das letzte halbe Jahr hat er mehrheitlich in Lausanne gelebt, aufgrund einer Erwerbstätigkeit. Dafür hat er ein Zimmer angemietet. 

KL hat sich nie bei der jetzigen Gemeinde abgemeldet oder sich in Lausanne als Wochenaufenthalter angemeldet. Bei der jetzigen Gemeinde ist er bei seinen Eltern gemeldet und wohnte bis zum Eintritt in die Entzugsklinik auch dort. Weiter will er nicht mehr nach Lausanne und die Wohnung dort kündigen.

Nun hat er offene Mietzinse in Lausanne von zwei Monaten, sowie fortlaufend bis die Kündigung eingereicht wird.

Übernimmt der Sozialdienst die offenen und fortlaufenden Mietzinsen?

Danke für die Rückmeldung. 

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Ich habe folgende Rückfragen:

Ist der Beginn der Unterstützung (1.8.2022) mit dem Klinikeintritt zusammengefallen? Inwieweit handelt es sich um Mietausstände vor Unterstützungsbeginn? Verstehe ich richtig, dass der Klient nach dem Entzug nicht mehr in die Lausanner Wohnung zurück will?

Besten Dank für Ihre Rückmeldung.

Freundliche Grüsse

Ruth Schnyder

Guten Tag

Danke für die Rückfrage. Der Klinikeintritt war per per 21.07.2022. Per 01.08.2022 unterstützen wir ihn mit Sozialhilfe. 

Die Miete Juli/August/September 2022 von der Wohnung in Lausanne ist offen. Im Juni 2022 hatte er noch einen Lohn erhalten und konnte mit diesem die Miete für Juli 2022 zahlen.

KL hat am Erstgespräch gesagt, dass er nicht mehr nach Lausanne zurückkehren will. Er will bei seinen Eltern bleiben und dort weiter wohnen.

Danke für Ihre Rückmeldung.

Freundliche Grüsse

Guten Tag

Wird die Frage noch beantwortet? Denn ich habe noch ein Update. KL will nach dem Klinikaufenthalt nicht mehr zu den Eltern und dort muss er zurzeit auch keinen Mietzins leisten. Er will nach dem Klinikaufenthalt in ein betreutes Wohnen. 

Danke für Ihre Rückmeldung.

Freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Entschuldigen Sie vielmals für die Verzögerung. Die Antwort wird voraussichtlich morgen aufgeschalten. Kurze Rückfragen: Inwieweit hat meine Anfrage einen Einfluss auf die Frage Unterkunft nach dem Klinikaufenthalt?

Freundliche Grüsse

Ruth Schnyder

Guten Tag Frau Schnyder

Dies hat keinen Einfluss auf meine Frage. Es stellt sich nur die Frage, ob wir den Mietzins in Lausanne übernehmen können bis zum nächstmöglichen Kündigungstermin.

Herzlichen Dank für die schnelle Rückmeldung.

Freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Gerne beantworte ich Ihre Anfrage, bei welcher es sich um einen Klienten handelt, welcher in Ihrer Gemeinde im Kanton Solothurn einwohnerrechtlich angemeldet ist, und zwar bei seinen Eltern. Ohne sich abzumelden, zog er in ein Zimmer in Lausanne, wo er während 6 Monaten (also seit ca. Februar 2022) mehrheitlich gelebt hat, da er dort eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hat. Am 21. Juli trat er in die Entzugsklinik ein, zuvor lebte er «gratis» wieder bei seinen Eltern. Seit 1. August wird der Klient mit wirtschaftlicher Hilfe unterstützt. Nach Lausanne will er nicht mehr zurück.

Das Zimmer konnte er Ihren ergänzenden Angaben zufolge mit dem Lohn bis und mit Juli 2022 zahlen. Sie meinten womöglich Juni 2022, wobei der Juni-Lohn in der Regel für den Juli verwendet wird. Ihre (ergänzte) Frage dreht sich aber um offene Mietausstände für die Monate Juli, August, September und allenfalls weitere bis Ende Mietverhältnis.

Demnach geht es darum, Mietzinse für ein Zimmer im Kanton Waadt zu übernehmen, wobei die Juli-Miete vor Unterstützungsbeginn liegt, August, September nach Unterstützungsbeginn. Nicht in Frage gestellt ist Ihrerseits die örtliche Zuständigkeit der Solothurner Gemeinde. Offenbar wird er rückblickend als Wochenaufenthalter in Lausanne eingestuft (obschon nicht so angemeldet), so dass nicht falsch erscheint, wenn die örtliche Zuständigkeit bei der Solothurner Gemeinde angenommen wird somit ab 1. August wirtschaftliche Hilfe ausgerichtet wird. Ihre Frage bezieht sich ausserdem lediglich auf die Mietausstände, die Frage der örtlichen Zuständigkeit ist kein Thema.

Ob es sich um einen jungen Erwachsenen handelt, lässt sich Ihrer Anfrage nicht entnehmen. Das ist meiner Meinung nach für Ihre Frage auch nicht relevant, da sich die Situation mit der aktuellen Kostenfolge vor Unterstützungsbeginn etabliert hat.

Bei den offenen Mietzinsen Juli bis und mit September stellen sich zwei Rechtsfragen: Übernahme von Mietausständen vor Unterstützungsbeginn (Mietschulden) und Übernahme von Mietzinsen während eines stationären Klinikaufenthaltes.

  • Zur Übernahme von Mietausständen vor Unterstützungsbeginn bzw. Mietschulden:

Den für den Kanton Solothurn massgebenden SKOS-Richtlinien (§ 152 SG / SO bis auf die Abweichungen gemäss § 93 SV / SO) lässt sich zum Thema Schulden entnehmen (SKOS-RL C.1 Erläuterung b), dass Schulden grundsätzlich nicht übernommen werden, was sich aus dem Bedarfsdeckungsprinzip (vgl. SKOS-RL A.3 Abs. 4) ergibt. Dementsprechend richtet die Sozialhilfe keine rückwirkenden Leistungen aus. Ausnahmsweise kann die Sozialhilfe dennoch Schulden übernehmen, wenn dadurch eine (aktuell) drohende Notlage verhindert wird und nennt als Beispiel Mietzinsausstände. Konkretisiert wird dies unter dem Stichwort Mietzinsschulden im Solothurner Sozialhilfehandbuch. Dabei kann ein Grund für die Übernahme von Mietzinsschulden sein, wenn damit eine aktuell drohende Obdachlosigkeit und damit verbundene Folgekosten abgewendet werden können. Anders kann es sich aber verhalten, wenn die Mietunterkunft nicht erhaltenswert ist, weil sie etwa zu teuer ist. Es handelt sich um einen Ermessensentscheid der Behörde. Im vorliegenden Fall verhält es sich so, dass der Klient schon vor Klinikeintritt bei den Eltern gewohnt hat und auch nicht die Absicht hat, wieder nach Lausanne bzw. in das Zimmer zurückzukehren. Insofern bestand im Zeitpunkt der Unterstützungsaufnahme keine drohende Obdachlosigkeit (im Anschluss an den Klinikaufenthalt), falls die Mietausstände nicht übernommen würden. Folglich besteht meiner Meinung nach für die Sozialhilfe keine Veranlassung eine Ausnahme vom Grundsatz zu machen, wonach Schulden bzw. Mietzinsausstände nicht übernommen würden.

  • Zur Übernahme von Mietzinsen während eines stationären Klinikaufenthaltes

Dazu enthält das Sozialhilfehandbuch auch eine Erläuterung, welche SKOS-RL C.4.1 (Wohn- und Nebenkosten im Allgemeinen) betrifft (Stichwort «Mietzinsübernahme bei stationären Aufenthalten»). Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass weder die SKOS-RL noch die SV / SO etwas zu dieser Frage regelt. Aus der Erläuterung des Sozialhilfehandbuches geht der Grundsatz hervor, dass während vorübergehenden stationären Aufenthalten die Mietzinse übernommen werden, da der Bedarf an der bisherigen Wohnung in aller Regel nicht aufgehoben sei. Bei längeren Aufenthalten sei zwischen Wohnungserhalt und anfallenden Kosten abzuwägen. Ist die Rückkehr nicht indiziert, dann sei die unterstützte Person anzuweisen, die Wohnung auf den nächstmöglichen Kündigungstermin zu kündigen. Während der Dauer der Frist seien die Mietkosten zu übernehmen, wobei in Ausnahmesituationen dies abgelehnt werden könne. Als Beispiele für Ablehnungsgründe nennt das Handbuch die bereits bestehende Verschuldung und ausstehende Mietzinse.

Bezogen auf den vorliegenden Fall wären somit die Mietzinse ab Unterstützungs-beginn bis Ende Mietvertragsverhältnis bzw. nächstmöglichem Kündigungstermin zu übernehmen. Dies auch, wenn es sich um eine Wochenaufenthaltsunterkunft handelt, da diese mit der Erwerbstätigkeit verknüpft war und ein Pendeln wohl ausser Frage stand. Meiner Meinung nach könnte aber ein Ausnahmefall vorliegen, da der Klient ja bereits vor Klinikeintritt bei seinen Eltern wohnte. Mir scheint, dass er das Zimmer bereits zu diesem Zeitpunkt faktisch aufgegeben hat. Ist dem so, dann ist es meiner Meinung nach weniger Sache der Sozialhilfe dieses Zimmer noch bis Ende Vertragsverhältnis zu finanzieren. Auch spricht dagegen, dass er sich klar gegen eine Rückkehr ausspricht und zudem bereits einen Monat an Zimmermiete (vor Unterstützungsbeginn) schuldet. Es ist also auch hier eine Abwägungsfrage bzw. ein Ermessensentscheid. Spricht mehr dafür, dass dem eingangs formulierten Grundsatz gefolgt wird, sollten die Zimmermieten von Unterstützungsbeginn bis spätestens nächstmöglichem Kündigungstermin übernommen werden.

Ich hoffe, Ihnen damit Ihre Anfrage beantwortet zu haben.

Freundliche Grüsse

Ruth Schnyder