Guten Tag
Ein Jugendlicher X wurde mit Entscheid der KESB behördlich in Jugendheim Y, einer IVSE anerkannten Institution (Heim), ausserkantonal platziert. Er wohnt dort 365 Tage im Jahr.
X hat neu rückwirkend Anspruch auf Ergänzungsleitungen, da seine Mutter ab Juli 2022 eine IV-Rente beziehen kann und er damit eine IV-Kinderrente.
Nun wurden die Kosten für das Heim bei der EL als Wohn-/Betreuungskosten eingereicht. Diese werden jedoch nicht anerkannt mit der folgenden Begründung:
Das Jugendheim ist IVSE anerkannt, sodass in Rücksprache mit unserem Rechtsdienst davon ausgegangen werden muss, dass der Kanton gemäss Kostenübernahmegarantie (KÜG) für die vollen Heimkosten im Jugendheim aufkommt. Deshalb wurde in der EL-Berechnung die Nettotaxe Null berücksichtigt.
Im vorliegenden Fall liegt eine subsidiäre KoGu mittels Sozialhilfe der Gemeinde vor. Nach meinem Kenntnisstand gehen sozialversicherungsrechtliche Ansprüche der Finanzierung durch Sozialhilfe vor und es wäre hier eine Heimberechnung vorzunehmen.
Können Sie mir allenfalls weiterhelfen, wie es mit der rechtlichen Situation aussieht? Welche Leistungen sind durch EL zu übernehmen/resp. in der Berechnung zu berücksichtigen?
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung und Bemühungen.
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Guten Tag.
- In der konkreten Fragestellung geht es um einen interkantonalen Sachverhalt.
Tatsächlich ist es in diesen Fällen so, dass bezüglich Heimkosten vorab die IVSE (Interkantonale Vereinbarung über stationäre Einrichtungen) gilt und die Kostenübernahme für die Heimtaxen garantiert. Jugendheime gehören dabei zur Kategorie A des IVSE-Geltungsbereichs. Dieser gilt für alle Kantone und das Fürstentum Liechtenstein.
Siehe zum Ganzen weiterführend die Informationen unter: https://www.sodk.ch/de/ivse/
Die Leistungsabgeltung im Rahmen der Kostenübernahmegarantien (KüG), die im vorliegenden Fall ja offensichtlich bestehen sollte (sonst wäre das hier noch zu organisieren), umfasst den anrechenbaren Aufwand und Ertrag gemäss Artikeln 20 und 21 der IVSE. Die entsprechenden Ausführungsregelungen sind in der IVSE-Richtlinie zur Leistungsabgeltung und zur Kostenrechnung vom 1. Dezember 2005 enthalten (siehe https://ch-sodk.s3.eu-west-1.amazonaws.com/media/files/05_17.04.01_Richtlinie_LAKORE_dt.pdf)
Aus diesen Grundlagen ist ersichtlich, dass Leistungen der EL für Krankheits- und Behinderungskosten NICHT angerechnet werden. Dass also insoweit die kantonalen Leistungen für die Heimfinanzierung vorgehen.
Vor diesem Hintergrund ist die Ausführung der EL in Ihrem Fall korrekt.
- Zu beachten, ist, dass individuelle Nebenkosten, sowie bei Sonderschulung die Schülertransportkosten, nicht zu den Kosten gehören, welche über die IVSE durch den zuständigen Kanton übernommen werden. Gleiches gilt für das so genannte Kostgeld von CHF 25 bis 30 pro Tag (vgl. Art. 22 IVSE).
Diese Kosten sind primär von den unterhaltspflichtigen Eltern bzw. der gesetzlichen Vertretung oder der zuweisenden Behörde zu tragen. Oder subsidiär von der Sozialhilfe.
Im vorliegenden Fall können die Ergänzungsleistungen zum Tragen dieser Kosten herangezogen werden.
In Ihrem Fall geht es dabei genau genommen nicht um einen EL-Anspruch des Kindes. Sondern um einen EL-Anspruch des IV-beziehenden Elternteils. Wobei in diesem Fall der Bedarf für das Kind, weil es nicht bei den Eltern lebt, eigenständig berechnet wird.
Dabei wird für die Berechnung des Betrages auch berücksichtigt, dass die Eltern im Prinzip unterhaltspflichtig sind.
Siehe dazu im Einzelnen Art. 7 Abs. 2 ELV; Rz. 2220.01ff. und Rz. 3133.01ff. sowie Rz. 3143.01 ff. WEL (siehe https://sozialversicherungen.admin.ch/de/d/6930).
Die Kosten für das Heim als solches gehören dabei wie dargestellt nicht in diese Berechnung, weil diese über die IVSE vom zuständigen Kanton zu tragen sind.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Prof. Peter Mösch Payot