Guten Tag
Eine Klientin von mir lebt seit einem Jahr von getrennt von ihrem Mann (zwei Haushalte, zwei Steuererklärungen, bei der Gemeinde gemeldet). Nun zieht sie eine Scheidung in Betracht und stellt sich folgende Fragen (unter Berücksichtigung, was solzialversicherungstechnisch sinnvoller wäre, Trennung oder Scheidung):
- Was geschieht mit dem Vermögen, welches sie in die Ehe mitgebracht hat (ca. 50'000€ auf dem Konto zum Zeitpunkt der Ehe, jedoch hat sie keine "Beweise" mehr davon)?
- Was geschieht mit ihrem Erbe (Falls sie noch Geld und/oder das Haus ihrer Mutter im Ausland erbt)?
- Was geschieht mit AHV/PK/dem gemeinsamen Vermögen bei einer Scheidung, resp. Trennung? Ihr Mann wird nächstes Jahr 65 - inwiefern hat das einen Einfluss auf ihre spätere Rente?
- Was sind Vor- und Nachteile einer Scheidung, resp. Trennung?
- Solidarische Haftung bei Steuerschulden - was ändert bei Trennung und Scheidung?
- Was erbt der Partner, wenn meine Klientin vor oder nach der Scheidung, resp. Trennung stirbt?
- Was passiert/wie haftet der Partner bei einer möglichen Pflegesituation (wenn ihr Mann vor, resp. nach der Trennung/Scheidung pflegebedürftig wird, muss sie für die Kosten aufkommen)?
Ich bin mir bewusst, dass es viele Fragen sind, welche vermutlich nicht abschliessend beantwortet werden können. Trotzdem bin ich Ihnen sehr dankbar um eine Rückmeldung.
Besten Dank und freundliche Grüsse
Fiona von Allmen
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Frau v.A.
Ihr Fragen beschlagen nur teilweise sozialversicherungsrechtliche Fragen, sondern insb. auch zivilrechtliche Themen der Trennungs- oder Scheidungsfolgen. Trotzdem versuche ich Sie Ihnen im Folgenden knapp zu beantworten. Die generelle Fragen nach Vor- und Nachteilen können aus den einzelnen konkreten Antworten gewonnen werden.
Für eine vertieftere Beratung der diversen Aspekte rate ich die Triage zu einer Ehe- und Familienberatungsstelle oder zu einer spezialisierten Anwaltsperson.
a) Was geschieht mit dem Vermögen, welches sie in die Ehe mitgebracht hat (ca. 50'000€ auf dem Konto zum Zeitpunkt der Ehe, jedoch hat sie keine "Beweise" mehr davon)?
Die Scheidung hat zur Folge, dass das eheliche Gut verteilt werden muss. Bei einer eheschutzrichterlichen Trennung (Art. 175ff. ZGB) wird diese Gütertrennung nur vorgenommen, wenn es explizit beantragt wird und angezeigt erscheint (vgl. Art. 176 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB). Bei einer blossen tatsächlichen Trennung wird das Ehevermögen nicht verteilt.
Im Prinzip gilt bei einer Scheidung, dass Eigengut (etwa in die Ehe eingebrachte Vermögenswerte) dem einbringenden Ehegatten zustehen. Als Beweismittel können etwa bei den Banken verfügbare Kontostände zu Beginn der Ehe dienen.
Abweichungen können bestehen, wenn über einen Ehevertrag ein anderer Güterstand, etwa eine Gütergemeinschaft gewählt worden wäre.
b) Was geschieht mit ihrem Erbe (Falls sie noch Geld und/oder das Haus ihrer Mutter im Ausland erbt)? Was erbt der Partner, wenn meine Klientin vor oder nach der Scheidung, resp. Trennung stirbt?
Soweit keine Scheidung erfolgt und ein Ehegatte während der Ehe stirbt, besteht ein Pflichtteil für den überlebenden Ehegatten von 1/2 der gesetzlichen Erbquote. Diese wäre, wenn auch Kinder vorhanden sind, mindestens ¼. Wenn keine Nachkommen, aber Eltern vorhanden sind 3/8.
c) Was geschieht mit AHV/PK/dem gemeinsamen Vermögen bei einer Scheidung, resp. Trennung? Ihr Mann wird nächstes Jahr 65 - inwiefern hat das einen Einfluss auf ihre spätere Rente?
Das gemeinsame Vermögen wird als Errungenschaft grundsätzlich bei einer Scheidung hälftig geteilt, soweit es sich nicht um Eigengut handelt. um Eigengut eines Ehepartners gehört alles, was er in die Ehe einbringt; alles, was er während der Ehe erbt oder geschenkt bekommt; der Wertzuwachs auf dem Eigengut (zum Beispiel Kursgewinne bei Aktien und Obligationen oder die Wertsteigerung bei Liegenschaften); Gegenstände des persönlichen Gebrauchs (Kleider, Schmuck usw.) und Genugtuungsansprüche aus Unfall- oder Haftpflichtversicherungen
Bei einer Scheidung vor dem Bezug der AHV kommt es zu einem Splitting. Sobald die Scheidung rechtskräftig ist, kann das während der Ehe angehäufte AHV-Guthaben zu gleichen Teilen gesplittet und auf beide AHV-Konten verteilt werden. Für das AHV-Splitting ist es wichtig, dass ein Antrag bei der zuständigen Ausgleichskasse erfolgt.
Eine Scheidung vor dem Beginn des Anspruchs auf Pensionskassenleistungen hat ebenfalls zur Folge, dass die Vorsorgeguthaben mit der Scheidung hälftig geteilt werden. Als Grundlage für die Berechnung gilt die Länge der Ehe – also der Zeitraum vom Tag der Eheschliessung bis zum Scheidungsdatum. Dabei werden auch die Zinsen berücksichtigt, die sich während der Ehe angesammelt haben. So werden spätere PK-Ansprüche später verändert.
Kommt die Scheidung erst im AHV-Alter bzw. nach Bezug der Pensionskassenvorsorge- leistungen zu Stande, so kann eine Aufteilung der Altersrente erfolgen. Siehe dazu:
Mit Blick auf die AHV-Rente ist zu beachten, dass nach einer Scheidung, wenn beide Ehegatten das AHV-Alter erreichen, zwei Einzelrenten gewährt werden. Wären die beiden noch verheiratet (ob getrennt oder nicht) so werden die beiden Ehegattenrenten plafoniert auf höchstens CHF 3555 (150% der höchstens Einzelrente).
Bezüglich der allfälligen Ergänzungsleistungen hingegen wird eine eigenständige Berechnung des Bedarfs schon dann vorgenommen, wenn eine tatsächliche Trennung erfolgte (Art. 3, insb. Abs. 4 ELV).
d) Solidarische Haftung bei Steuerschulden - was ändert bei Trennung und Scheidung?
Sowohl beim Bund als auch beim Kanton haften Ehegatten, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, solidarisch für die Gesamtsteuer. Dies bedeutet, dass jeder einzelne Ehegatte vollumfänglich für sämtliche ausstehenden Steuerschulden haftet.
Eine tatsächliche und natürlich auch eine eheschutzrichterliche Trennung oder eine Scheidung führen dazu, dass für danach entstehende Steuerschulden keine Solidarhaftung mehr erfolgt.
e) Was passiert/wie haftet der Partner bei einer möglichen Pflegesituation (wenn ihr Mann vor, resp. nach der Trennung/Scheidung pflegebedürftig wird, muss sie für die Kosten aufkommen)?
Soweit die Ehe noch besteht, getrennt oder ungetrennt, so haften die PartnerInnen im Rahmen der ehelichen Unterhaltspflicht füreinander. Diese besteht auch weiter bei der eheschutzrichterlichen Trennung. Eine Scheidung hingegen beendet die entsprechende Verpflichtung für später entstehenden Bedarf. Allenfalls kann aber ein zuvor entstehender Bedarf zu einem nachehelichen Unterhalt führen. Das ist von einer Reihe von Voraussetzungen abhängig, unter anderem auch wie lange die Ehe gedauert hat, der Gesundheitszustand und wie die finanzielle Situation der Ehegatten aussieht. Vgl. dazu. Art. 125 Abs. 2 ZGB.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Prof. Peter Mösch Payot
Guten Morgen Herr Mösch
Herzlichen Dank für die ausführliche und hilfreiche Antwort!
Freundliche Grüsse
Fiona von Allmen