Guten Morgen
Ich führe für eine geistig behinderte Frau im AHV-Alter, welche in einer Behinderteninstitution lebt, eine Beistandschaft.
Meine Klientin hat einen enorm hohen Verschleiss an Hygiene- und Inkontinenzmaterial (ca. Fr. 500.00 pro Monat). Ihr kleines finanzielles Polster nahm in den letzten Jahren stetig ab und betrug im April 21 nach Abzug er offenen Rechnungen noch rund Fr. 2 500.00. Wir stellten daher im gleichen Monat bei der Gemeinde ein Gesuch auf Taxausgleich. im August ging bei uns der Entscheid der Gemeinde ein. Diesem entnahm ich, dass die Kosten für Hygiene- und Inkontinenzmaterial ab 1.4.21 übernommen werden. Im Dezember erhielten wir nun die Mail-Mitteilung, dass die Gemeinde keine Beiträge leistet, da die Klientin stets über Fr. 4000.00 auf ihren Konto hatte. Das stimmt zwar, doch in der Zwischenzeit ist der jeweilige Saldo Ende Monat tiefer als die noch offene Heimrechnungen des gleichen Monats. Ein Heimdepot oder weitere Aktiven bestehen nicht. Ich bat um einen neuen beschwerdefähigen Entscheid.
Ich sah meinen Auftrag bis jetzt immer dahingehend, dass ich die staatlichen Gelder periodengerecht einsetzen muss. D.h. die Renten für den Monat X sollen für die Begleichung der Heimrechung X gesichert werden. So stelle ich auch sicher, dass bei einem Heimwechsel oder beim Tod der Klienten auch noch die letzte Heimrechnung der alten Institution bezahlt werden kann.
Sind meine Überlegungen im Hinblick auf meinen Auftrag und den einzusetzenden Gelder korrekt? Was müsste ich bei einer allfälligen Beschwerde gegen den zu erwartenden Entscheid beachten?
Besten Dank für Ihre Rückmeldung und freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Ruth Schnyder
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Gerne beantworte ich Ihre Anfrage. Zur Anrechnung von Renten lässt sich weder im SHG/LU, in der SHV/LU noch in den SKOS-RL, welche im Kanton Luzern wegleitend sind vorbehältlich von Abweichungen im SHG/LU und der SHV/LU (§ 31 Abs. 1 SHG/LU), eine explizite Regelung finden. Immerhin halten die SKOS-RL in der Erläuterung d) zu SKOS-RL D.1. fest, dass bei der Anrechnung im Monatsbudgets zu berücksichtigen ist, für welchen Monat die Einnahme effektiv gedacht ist. So sind Lohnzahlungen, die per Ende eines Monats erfolgen, im folgenden Monat als Einnahmen zu berücksichtigen. Das Luzerner Handbuch für die Sozialhilfe enthält ebenfalls keine Handhabung zu dieser Frage.
Die Rente der AHV ist jeweils für den Monat gedacht, für den sie ausbezahlt wird. Sie kann nach Art. 72 AHVV bis zum 20. desselben Monats ausgerichtet werden. Es handelt sich dabei um die laufende Rente des betreffenden Monats (vgl. Rz. 10080 RWL). Daraus folgt, dass die AHV-Rente für den Januar im Sozialhilfebudget für den Januar anzurechnen ist, welches denn auch die Heimkosten für den Januar berücksichtigt. Dasselbe gilt auch für die Ergänzungsleistungen. Diese Anrechnungsweise wird auch in anderen Kantonen praktiziert, so etwa im Kanton Zürich wie dem Behördenhandbuch Kap. 9.1.01, Ziff. 1.5, zu entnehmen ist.
Nach dem Gesagten erscheint mir Ihre Sichtweise korrekt, so auch der Entscheid der Gemeinde vom August 2021. Verfahrenstechnisch kann die Gemeinde nicht einfach so, 4 Monate später und formlos per E-Mail auf den Entscheid zurückkommen. Die Gemeinde ist nach wie vor an ihren rechtskräftigen Entscheid gebunden. Wenn sie ihren Entscheid vom August nun als falsch erachtet, d.h. nachträglich sich nichts verändert hat, müsste sie den Entscheid formal in Wiedererwägung ziehen. Dafür müssen wichtige Gründe dafür vorliegen, vgl. § 116 VRG/LU. Auch ist erforderlich, dass dies in Form eines anfechtbaren Entscheides (§ 4 VRG/LU) erfolgt. Diesen könnten Sie dann mit Einsprache anfechten (§ 59 SHG/LU). Der Einsprache käme aufschiebende Wirkung zu (§ 119 Abs. 2 VRG/LU), sodass die Gemeinde auch während des Verfahrens die zugesprochenen Leistungen ausrichten müsste.
Abschliessend noch der folgende Hinweis: Wenn es sich vorliegend tatsächlich um einen Fall des Taxausgleichs handelt, weil die von der EL finanzierte Heimtaxe zu tief ist, dann wäre seitens EL zu prüfen, ob dies korrekt ist, da die Tagestaxe so bemessen sein sollte, damit ein Pflegeheimaufenthalt in der Regel keine Sozialhilfebedürftigkeit begründet (Art. 10 Abs. 2 lit. a ELG). So wie Sie die Sachlage aber schildern, gehe ich eher davon aus, dass das von der EL nicht vergütete Hygiene- und Inkontinenzmaterial zur Bedürftigkeit führte.
Ich hoffe, Ihnen damit Ihre Fragen beantwortet zu haben.
Freundliche Grüsse
Ruth Schnyder