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Taggeldversicherung und Arbeitslosentaggeld

Veröffentlicht:
05.07.2019
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag

Mein Klient war im Mai zu 20% arbeitsfähig und hat von seiner Taggeldversicherung für die 80% Arbeitsunfähigkeit Taggeldleistungen erhalten. Seit dem 1.04.2019 ist er auch bei der Arbeitslosenkasse der UNIA angemeldet. Nachdem ihm zuerst die Unterstützung zugesagt wurde und für den April der Taggeldanspruch bestätigt wurde, stellt sich die Arbeitslosenkasse nun auf den Standpunkt, dass sie ab dem 1.05.2019 keine Taggelder mehr bezahlen müsse, da bei Vorhandensein einer Taggeldversicherung die Arbeitslosenkasse erst bei einer Arbeitsfähigkeit von 50% Leistungen bezahlen müsse (Art. 28 Abs. 4 AVIG). In der Realität sieht es nun aber so aus, dass mein Klient von der Taggeldversicherung nur 80% der Leistungen erhalten hat und die 20% der Arbeitslosenversicherung nun fehlen. Wo kann er diese fehlenden 20% Taggelder einfordern, bei der Arbeitslosenversicherung oder der Taggeldversicherung?

Vielen Dank für eine Stellungnahme!

Freundliche Grüsse

Markus Widmer

Psychiatrie Emmental

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrter Herr Widmer

Es ist korrekt, dass gemäss Art. 28 Abs. 1 und Abs. 4 AVIG die Arbeitslosenversicherung bei Arbeitsunfähigkeit trotz dieser zunächst 30 Taggelder gewährt (insg. höchstens 44 Taggelder für verschiedene Krankheitsfälle innerhalb der Rahmenfrist). Nach diesen 30 Tagen bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit wird das ALE nur voll weiter ausgerichtet bei einer Arbeitsfähigkeit von 70% und halb bei einer Arbeisfähigkeit von mindestens 50%. Beides besteht hier nicht.

In Ihrem Fall wäre aber zu prüfen, ob und inwieweit die KTV die Leistungen gewährt, die reglementarisch auch vorgesehen sind. Dafür muss das konkrete Reglement der KTV konsultiert und untersucht werden. Auch darauf hin, ob die Anpassung der ALE-Taggelder am Anspruch gegen die KTV etwas ändert.

Ich hoffe, das dient Ihnen.

Prof. Peter Mösch Payot

Sehr geehrter Herr Mösch

Vielen Dank für Ihre Antwort. Wie verhält es sich bei der beschriebenen Ausgangslage mit der Vorleistungespflicht der Arbeitslosenversicherung? Mein Klient ist zusätzlich bei der IV angemeldet. Könnte das auf noch einen Einfluss auf die Einschätzung der Arbeitslosenkasse haben?

Vielen Dank, wenn sie dazu auch noch Stellung nehmen können.

Freundliche Grüsse

Markus Widmer

Frage beantwortet am

Daniel Schilliger

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag Herr Widmer

Ich antworte Ihnen als Stellvertreter von Peter Mösch.

Die Vorleistungspflicht führt unter anderem dazu, dass der versicherte Verdienst - auch bei einer teilweisen Arbeitsunfähigkeit - ausgehend vom vorher geleisteten Arbeitspensum bzw. Bruttolohn festgelegt wird. Er wird also während der Vorleistungsphase nicht der Arbeitsunfähigkeit entsprechend reduziert.

Die zwischen AVIG, KVG, VVG und UVG bestehende Koordinationsregel nach Art. 28 Abs. 4 AVIG wird aber nicht unterbrochen, wenn sich die versicherte Person zusätzlich bei einer Sozialversicherung (insbesondere bei der IV) angemeldet hat. Art. 28 Abs. 4 AVIG kommt - unabhängig von einer solchen Anmeldung - soweit und solange zur Anwendung, wie die betreffende Krankentaggeld- oder Unfalltaggeldversicherung Taggelder zu erbringen hat.

Art. 15 Abs. 3 AVIV beurteilt die Vermittlungsfähigkeit von Behinderten im Bereich der ALV. Diese Bestimmung regelt ausschliesslich die Vorleistungspflicht der ALV gegenüber einer Sozialversicherung (insbesondere der IV), hat jedoch keinen Einfluss auf Leistungen der Krankentaggeldversicherung oder die Koordination mit der KTV.

freundlicher Gruss

Daniel Schilliger