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Strittiger Besuchsrechtsfall - goldene Hochzeit der Grosseltern väterlicherseits

Veröffentlicht:
07.12.2017
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Kindes- und Erwachsenenschutz

Sehr geehrte Damen und Herrn
Ich bin seit 18.11.2017 als Besuchsrechtsbeistand über einen 8-jährigen Jungen (gemeinsame elterliche Sorge) gemäss Art. 308 Abs. 2 ZGB mit folgendem Auftrag eingesetzt:
a. den persönlichen Verkehr zwischen M.K. und seinem Vater gemäss Scheidungsurteil vom XX.XX 2016 des Bezirksgerichts Höfe sicherzustellen und zu überwachen.
b. die Kindeseltern bei der Umsetzung des Besuchsrechts zu unterstützen, Modalitäten festzulegen und zu vermitteln.
Im Scheidungsurteil ist folgendes festgelegt:
3.1.Der Vater ist berechtigt, M. zu folgenden Zeiten mit sich bzw. zu
sich zu Besuch zu nehmen:

  • jedes zweite Wochenende, jeweils von Samstagmorgen, 8.30 Uhr bis
    Sonntagabend, 17.30 Uhr (oder nach Absprache), sowie
  • in den Kalenderjahren mit gerader Endzahl vom 24. bis am 26. Dezember,
    sowie
  • in den Kalenderjahren mit ungerader Endzahl von Karfreitag bis Ostermontag.
    3.2.Weiter ist der Vater/Ehemann berechtigt, Mathias David jedes Kalenderjahr
    für drei Wochen mit sich bzw. zu sich in die Ferien zu nehmen.
    Die Ausübung des Ferienbesuchsrechts ist gegenüber der Mutter/Ehefrau
    jeweils mindestens fünf Monate im Voraus anzukündigen. Erfolgt die Ankündigung
    kurzfristiger, so erfolgt die Festlegung der Feriendaten nach Absprache.
    Der Vater/Ehemann ist berechtigt, die dritte Ferienwoche in Form von einzelnen
    Tagen nach Absprache zu beziehen.
    Das Ferienbesuchsrecht ist während den Schulferien des Sohnes auszuüben.
    Nun möchte der Vater seinen Sohn zur goldenen Hochzeit vom 15.12 bis 17.12 seiner Eltern nach Deutschland in Grossraum Frankfurt mitnehmen. Er hat geplant, den Sohn Freitags von der Schule abzuholen und ihn Sonntagsabends bis 20.00 zu seiner Mutter zurückzubringen. Der Vater hat dieses Fest schon nach meiner Aktenlage schon im Sommer angekündigt.
    Die Mutter ist damit nicht einverstanden und möchte den Sohn nicht herausgeben. Ihre Begründungen sind für das Kindeswohl fragwürdig.
  • Lange Autofahrt
  • steht nicht im Mittelpunkt
  • hat eh Kaum Kontakt zu den Verwandten in Deutschland
  • ist nicht nötigt für den Kontakt zwischen Vater und Sohn
    Meine Frage ist nun: Hat der Vater das Recht unter diesen Umständen mit Anwendung des Scheidungsurteils seinen Sohn mit zur goldenen Hochzeit seiner Eltern mitzunehmen?
    Herzlichen Dank für Ihre Antwort
    Martin Rühl

Frage beantwortet am

Karin Anderer

Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz

Sehr geehrter Herr Rühl
Ihre Aufgabe erstreckt sich primär darin, die Eltern bei der Umsetzung des Besuchsrechts zu unterstützten, was auch vorgängige oder zusätzliche Beratungen, Aufklärungen, Vermittlungen, Beobachtungen und Überwachung beinhalten kann (vgl. BK-Affolter/Vogel, Art. 308 N 95 ff.; vgl. zum Ganzen auch Kurt Affolter, Die Besuchsrechtsbeistandschaft oder der Glaube an eine dea ex machina, in: ZKE 3/2015 S. 181 ff., abrufbar auf http://www.affolter-lexproject.ch/Downloads/Besuchsrechtsbeistandschaft.pdf). Die Eltern haben die gemeinsame elterliche Sorge inne, welche sich am Wohl des Kindes zu orientiert hat (Art. 296 Abs. 1 ZGB und 301 Abs. 1 ZGB).
Es wurde Ihnen die Regelung von Modalitäten übertragen, die in der Besuchsordnung offengeblieben sind. Das Besuchswochenende ist zeitlich detailliert geregelt, Absprachen sollen aber auch möglich sein. Die Besuchsregelung wurde grundsätzlich nicht offen gehalten, weshalb die Absprache nach meinem Dafürhalten unter den Eltern zu erfolgen hat; ein Beistand kann die Besuchsordnung nicht ergänzen(BK-Affolter/Vogel, Art. 308 N 106). Auch wenn man davon ausgehen würde, dass Ihnen als Beistand die Kompetenz zukäme, diese Absprache „regeln“ zu dürfen, kann sie nicht gegen den Widerstand der Inhaber der elterlichen Sorge durchgesetzt werden. Das ist nur möglich, wenn die elterliche Sorge entsprechend beschränkt wurde (BK-Affolter/Vogel, Art. 308 N 102).
Können sich die Eltern in diesem Punkt nicht einigen, auch nicht unter Ihrer professionellen Mithilfe, so kann das verlängerte Besuchswochenende nicht stattfinden. In Anbetracht der kurzen Zeit, seit Sie das Mandat innehaben, ist eine Lösung nicht rasch zu finden, wenn es den Eltern an Vertrauen, Respekt, Toleranz, gutem Willen und der Einsicht, dem Kind nicht schaden zu wollen, fehlt.
Ich hoffe, die Angaben helfen Ihnen weiter und ich grüsse Sie freundlich.
Luzern, 12.12.2017
Karin Anderer

Sehr geehrte Frau Anderer
Herzlichen Dank für Ihre Ausführungen
Mit freundlichen Grüsse
Martin Rühl