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Steuern bezahlen bei Sozialhilfe und Nutzniessung

Veröffentlicht:
02.12.2022
Kanton:
Bern
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag

Meine Klientin bezieht AHV und EL. Sie lebt im Pflegeheim. Sie hat die Nutzniessung auf einer Liegenschaft die vermietet ist. Trotz EL besteht ein Manko, welches mit WSH ausgeglichen wird.

Es wir der Teil der Mieteinnahmen, der nicht für den nötigsten Unterhalt der Liegenschaft benötig wird, ins WSH-Budget eingerechnet. 

Aufgrund der Mieteinnahmen muss die Klientin Steuern bezahlen. Grundsätzlcih werden keine Steuern von Beziehenden von WSH übernommen. In diesem Fall bin ich mir jedoch nicht sicher, da der Sozialdienst monatlich Mieteinnahmen ins Budget einreichnen. Kann es sein, dass diese Einnahmen eingerechnet werden und die Klientin im Gegenzug Steuerschulden machen muss?

Danke für Ihre Rückmeldung.

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Ich bedanke mich für Ihre Frage und beantworte diese gerne wie folgt:

Nach SKOS-RL C.1 Erl. lit. b gehören die Steuern nicht zur materiellen Grundsicherung. Aus Mitteln der Sozialhilfe sind deshalb nach Empfehlung der SKOS grundsätzlich weder laufende Steuern noch Steuerrückstände zu bezahlen. Für längerfristig unterstützungsbedürftige Personen ist ein Steuererlass zu erwirken. Bei vorübergehender Unterstützung ist zumindest um eine Stundung bzw. um ein Teilerlass zu ersuchen. Im Sozialhilfehandbuch des Kantons Bern findet sich die identische Regelung. Es wird dort ausdrücklich festgehalten, dass die unterstützten Personen selbst verpflichtet sind, Steuererlass oder Stundung zu beantragen.

Es ist deshalb grundsätzlich korrekt, die Steuern nicht als Ausgaben zu berücksichtigen und die unterstützte Person bzw. – falls verbeiständet – den Beistand/die Beiständin darauf aufmerksam zu machen, dass ein Steuererlass beantragt werden soll. Im Sinne der persönlichen Hilfe nach SKOS-RL B.3 darf und soll die Sozialhilfe aber bei der Geltendmachung des Steuererlasses unterstützen, wenn dies der unterstützten Person schwer fällt und sie keinen Beistand hat.

Wird der Steuererlass von den Steuerbehörden nicht oder nicht vollumfänglich und auch keine Stundung bewilligt, erscheint es meiner Ansicht nach aber stossend, die Steuern nicht zu berücksichtigen. Dies insbesondere deshalb, weil bei Mieteinnahmen kein Einkommensfreibetrag zur Verfügung steht, um die Steuern zu bezahlen. In diesem Fall finde ich es persönlich richtig, als Sozialhilfe zu prüfen, ob die Steuern im Umfang, in dem sie bezahlt werden müssen, vom Einkommen abgezogen werden können.

Fazit: Ich empfehle, den Klienten oder seinen Beistand/seine Beiständin aufzufordern, bei der Steuerbehörde – soweit die Steuern nicht bereits bezahlt sind – einen Steuererlass eventualiter eine Stundung zu beantragen. Die Sozialhilfe kann und soll den Klienten dabei unterstützen, wenn er Schwierigkeiten und keinen Beistand/keine Beiständin hat. Wird der Steuererlass bewilligt, sind die Steuern nicht zu berücksichtigen. Wird der Steuerlass nicht oder nicht vollumfänglich bewilligt und wird auch keine Stundung bewilligt, empfehle ich, die Steuern im Umfang zu berücksichtigen, als sie bezahlt werden müssen.

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen zu können.

Freundlichen Grüsse