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Statuswechsel bei Frühinvaliden?

Veröffentlicht:
30.10.2018
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Sachverhalt:

  • Frühinvalide Versicherte (kein Geburtsgebrechen, aber Schädigung bereits als Kleinkind), Hirnschädigung mit kognitiver Beeinträchtigung
  • Sonderschulen besucht
  • Berufliche Massnahmen waren nicht möglich
  • Seit 18. Vollrente
  • Lebt mit Partner (nicht verheiratet) zusammen und hat grosses Helfersystem (Partner, Eltern usw.), wäre nicht alleine wohnfähig
    Nun hat das Paar einen Kinderwunsch. Könnte ihr bei der Gründung einer Familie die Rente bei einer Revision aufgrund veränderter Verhältnisse/Statuswechsel wegfallen? Gibt es da eine Rechtsprechung?
    Freundliche Grüsse
    Eva Bühler

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Liebe Eva
Zur Beantwortung bräuchte ich noch eine ergänzende Information: Auf welcher Grundlage wurde für die Klientin der IV-Grad berechnet?
Handelt es sich um eine versicherte Person ohne Ausbildung (Berechnung des Valideneinkommens nach Art. 26 IVV) oder wurde die Person als "in Ausbidung begriffen" betrachtet mit der Folge, dass der IV-Grad nach der Einschränkung im Aufgabenbereich festgelegt wurde (Art. 26bis IVV i.V.m. Art. 28a Abs. 2 IVG)?
Danke für eine kurze Rückmeldung.
Beste Grüsse
Peter Mösch Payot

Lieber Peter
Bei der Klientin ohne Ausbildung wurde der IV-Grad damals aufgrund eines Einkommensvergleiches ermittelt.
Liebe Grüsse
Eva Bühler

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Liebe Eva
Für die Frage der Bestimmung der Methode zur Bestimmung der Invalidität (Erwerbsvergleich; gemischte Methode; Prüfung der Einschränkung im Aufgabenbereich mit Haushaltsabklärung) ist von Bedeutung, ob und inwieweit die versicherte Person ohne gesundheitliche Beeinträchtigung erwerbstätig wäre. Gleiches gilt für das Verhältnis von Erwerbsteil und Haushaltsteil bei der gemischten Methode.
Diese Frage ist unter Berücksichtigung der persönlichen, familiären, sozialen und erwerblichen Verhältnisse zu klären (BGE 125 V 146 E. 2c S. 150).
Die Frage der Veränderung der entsprechenden Aspekte kann von Bedeutung sein für eine Rentenrevision im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG.
Eine Rentenrevision wegen der Geburt von Kindern ist dann nicht zulässig, wenn die veränderten Lebensumstände als spezifischer Teil der Invalidenbiographie erscheinen.
Das wäre der Fall, wenn die Familienplanung und die Geburt eines Kindes nachweislich wegen des invaliditätsbedingten Wegfalls beruflicher Optionen verändert hat.
Bei einem seit langem bestehenden Kinderwunsch wäre das aber nicht der Fall. In einem solchen Fall kann also die Geburt eines Kindes zu einer Rentenrevision wegen Statuswechsel führen. (vgl.
BGer 9C_374/2013 vom 12.11.2013 E.3.3.2).
Dies war nur kurzfristig für die Zeit bis Ende 2017 auf der Basis des EGMR-Urteil Nr. 7186/09 und des IV-Rundschreibens Nr. 355 vom 31. Oktober 2016 nicht der Fall. Dieses wurde aber per 1. Januar 2018 wieder aufgehoben, weil seither mit der neuen Berechnungsmethode (vgl. Art. 27bis IVV; insb Art. 27bis Abs. 3 IVV; Aufrechnung Valideneinkommen Teilerwerbstätigkeit auf 100%-Pensum) Teilerwerbstätige mit Aufgabenbereich nicht mehr benachteiligt werden.
Ich hoffe, das dient Dir.
Peter Mösch Payot