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Stabiles Konkubinat wenn die Vaterschaft noch nicht anerkennt ist?

Veröffentlicht:
03.08.2021
Kanton:
Zürich
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Sehr geehrte Damen und Herren

Das uneheliche Kind meiner Klientin kam im August 2020 zur Welt. Es besteht noch keine offizielle Vaterschaftsanerkennung durch das Zivilstandsamt, da noch offizielle Dokumente aus dem Ausland fehlen. Die Identität des Kindsvaters ist noch nicht zweifelsfrei abgeklärt. 

Per 1. April 2021 ist der Kindsvater zusammen mit der Kindsmutter und ihrem gemeinsamen Kind in eine gemeinsame Wohnung umgezogen. Vor dem Zusammenziehen wurde meine Klientin mit wirtschaftlicher Sozialhilfe unterstützt. Ab 1. April 2021 betrachtet das Sozialamt (Kt. ZH) die Wohnsituation als stabiles Konkubinat nach SKOS-RL. Aufgrund seiner Selbständigkeit kann der Kindsvater keine monatlichen Lohnabrechnungen einreichen. Die (Lohn-)Meldung an das Steueramt betreffend Quellensteuer wird vom Sozialamt nicht akzeptiert. Meines Wissens überprüft das Sozialamt auch keine Buchhaltung usw. des Kindsvaters. Das heisst, seit April 2021 erhält meine Klientin keine ergänzende Sozialhilfe mehr. 

Darf das Sozialamt die Wohnsituation und Lebenssituation als stabiles Konkubinat betrachten, obwohl das Kind vom Kindsvater noch nicht offiziell anerkannt wurde?

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Sehr geehrte Frau Ulrich

Vielen Dank für Ihre Fragen. Ich beantworte diese gerne wie folgt:

Tatsächlich ist weder in den gesetzlichen Grundlagen des Kantons Zürich noch in den SKOS-Richtlinien, die gemäss § 17 der Sozialhilfeverordnung des Kantons Zürich (SHV ZH, BG 851.11) für die Bemessung der Sozialhilfe im Kanton Zürich massgebend sind, geregelt, unter welchen Voraussetzungen Kinder bei einem Konkubinat als gemeinsam gelten und deshalb die Vermutung besteht, dass es sich um ein stabiles Konkubinat handelt.

Es ist deshalb eine Herleitung über die Regeln im Zivilgesetzbuch (ZGB, SR 210) zu machen. Ist die Mutter im Zeitpunkt der Geburt nicht verheiratet, so muss derjenige, der sich als leiblicher Vater betrachtet, das Kind ausdrücklich anerkennen, damit ein Kindesverhältnis mit allen Rechten und Pflichten zwischen ihm und dem Kind entsteht (Sorgerecht, Unterhaltspflicht, Unterstützungspflicht, Erbrecht etc.; Art. 260 ZGB). Die Anerkennung erfolgt durch Erklärung vor dem Zivilstandsbeamten (Art. 260 Abs. 3 ZGB). Verweigert ein Vater die Anerkennung des Kindes, so kann das Kindesverhältnis mittels Vaterschaftsklage hergestellt werden (Art. 261 ZGB).

Daraus folgt, dass solange kein Kindesverhältnis und damit keine Rechte und Pflichten zwischen dem Kind und dem Vater bestehen, bis die Anerkennung rechtsgültig erfolgt ist.

Damit kann meiner Ansicht nach rechtlich erst dann von einem stabilen Konkubinat mit den entsprechenden Folgen (Konkubinatsbeitrag) ausgegangen werden, wenn die Anerkennung als Vater rechtsgültig erfolgt ist.

Fazit: Meiner Meinung nach darf die Sozialhilfe das Paar im vorliegenden Fall noch nicht als gefestigtes Konkubinat ansehen (Zusammenwohnen weniger lang als 2 Jahre und Kindsverhältnis noch nicht hergestellt) und deshalb lediglich eine Haushaltsentschädigung (bei fehlenden Unterlagen über die finanziellen Verhältnisse des Partners den Maximalbetrag von Fr. 950.--) als Einnahmen anrechnen.

Wenn die Sozialhilfe sich dieser Argumentation nicht anschliessen kann, ist die entsprechende Verfügung der Sozialhilfe fristgerecht anzufechten bzw. eine anfechtbare Verfügung zu verlangen und diese dann anzufechten.

Allerdings kann davon meiner Ansicht nach abgewichen werden, wenn der Vater einverstanden ist, bereits vor rechtsgültiger Anerkennung ein Konkubinatsbeitrag zu bezahlen. Dies müsste die Sozialhilfe mit dem Vater abklären.

Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen zu können.

Freundliche Grüsse

Anja Loosli Brendebach