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Spitex weigert sich kranke Person zu versorgen

Veröffentlicht:
10.11.2017
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Kindes- und Erwachsenenschutz

Guten Tag
Ich weiss nicht ob diese Frage in diesem Forum am richtigen Ort platziert ist. Es geht um Folgendes: Eine bald 90-jährige Frau wohnt zu Hause. Sie muss täglich Blutverdünnungsmedikamente einnehmen, die Vitalwerte müssen überprüft werden und sie braucht wöchentliche Grundpflegeleistungen. Bisher wurden diese Leistungen durch die öffentliche Spitex erbracht; damit konnte ein Pflegeheimeintritt bisher verhindert werden.
Leider "wohnt" bei der Frau auch ein Hund, der offenbar schon zwei Mal eine Spitex-Mitarbeiterin gebissen habe, nicht sehr schlimm, aber doch so dass die Mitarbeiterin sich ärztlich untersuchen lassen musste. Die Spitex teilte nun der Beiständin mit, dass sie ab sofort sämtliche Leistungen einstellen. Die Hausärztin sagte, dass damit ein gesundheitlicher Notfall drohe und ein Heimeintritt unumgänglich werden. Die Frau weigert sich aber in ein Heim einzutreten.
Wie sieht hier und auch allgemein die rechtliche Lage aus? Darf die Spitex mit öffentlichem Versorgungsauftrag die Pflegeleistungen per sofort einstellen, aufgrund solcher Ereignissen?
Freundliche Grüsse
G. Heeb
Soziale Dienste Brügg

Frage beantwortet am

Karin Anderer

Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz

Sehr geehrter Herr Heeb
Die Kunden und Kundinnen der Spitex haben auf den Gesundheitsschutz und die Sicherheit der Spitex-Mitarbeiterinnen zu achten. Das ergibt sich aus der obligationenrechtlichen Schutz- und Treuepflicht, die zwischen den Auftragsparteien besteht.
Als Hundehalterin hat die Frau Pflichten nach dem Hundegesetz. Sie hat z.B. den Hund so zu halten, dass er Menschen und Tiere nicht belästigt oder gefährdet und sie hat ihn jederzeit wirksam unter Kontrolle zu halten. Für bissige Hunde gilt zudem eine Maulkorbpflicht. Kommt sie ihren Pflichten nicht nach, kann das Einschränkungen in der Hundehaltung zur Folge haben (vgl. dazu die Website des Veterinärwesens BE http://www.vol.be.ch/vol/de/index/veterinaerwesen/hunde/Hundegesetz.html).
Die Frau hat den Hund so zu halten, dass die Spitex-Mitarbeiterinnen weder bedroht noch belästigt werden, z.B. durch Schnappen, Beissen, Anbellen oder Anknurren, Hinaufspringen, Ablecken usw. Es gibt auch Mitarbeiterinnen, die Angst vor Hunden haben.
Viele Spitex-Organisationen haben in Ihren Reglements, AGB oder Verträgen geregelt, dass Hunde während des Spitexeinsatzes draussen auf dem Balkon, im Garten oder in einem Nebenraum platziert werden müssen. Auch wenn so ein Passus in einem Reglement fehlen sollte, darf die Spitex von der Frau verlangen, dass sie den Hund für die Einsatzdauer z.B. wegsperrt, ihm einen Maulkorb aufsetzt oder anleint. Macht die Frau das nicht, so kann die Spitex das Auftragsverhältnis kündigen.
In der Regel lässt sich so ein Problem lösen, indem die verschiedenen Akteure mit der Frau die Situation besprechen und gemeinsam eine Lösung entwickeln. Eventuell benötigt die Frau dabei Unterstützung, z.B. dass jemand vor dem Spitexeinsatz den Hund wegsperrt und nachher wieder rauslässt oder mit ihm Gassi geht . Allenfalls kann auch das Veterinäramt beratend zur Seite stehen.
Ich kenne den Aufgabenbereich des Beistandes nicht, aber es wäre wünschenswert, dass er die Frau berät und wenn möglich befähigt, dass sie nach ihren Wünschen zuhause leben und ihre Sorgfaltspflichten als Spitexkundin wie auch als Hundehalterin wahrnehmen kann. Auch hat er Verstösse gegen das Hundegesetz im Auge zu behalten und wo nötig, zu reagieren.
Ich hoffe, die Angaben sind Ihnen nützlich.
Freundliche Grüsse
Karin Anderer