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Spätfolgen Unfall

Veröffentlicht:
25.10.2019
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag

Ein Klient (Jhg 1962) von mir im Kanton Bern hatte 1979 durch einen Arbeitsunfall eine Verletzung des Handgelenks erlitten. Nach der Operation wurde ihm mitgeteilt, dass er wohl Spätfolgen erleiden wird. Dies ist nun der Fall und wahrscheinlich wird er seine Arbeit mittelfristig nicht mehr ausführen können.

Der Klient hat mit der SUVA in Basel Kontakt aufgenommen, da sie damals die zuständige Unfallversicherung war. Ihm wurde mitgeteilt, dass sie eine Notiz über den Unfall sowie eine Schadennummer finden konnten, jedoch keinerlei Akten mehr. Leider hat auch der Klient keinerlei Unterlagen bzgl. dem Unfall.

Meine Fragen:
- Gibt es eine Frist, wie lange die Unfallversicherung für Spätfolgen verantwortlich bleibt?
- Wie sollen wir weiter vorgehen, wenn keinerlei Unterlagen mehr vorhanden sind?

Herzlichen Dank im voraus für Ihre Antwort.

Mara Berthold

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrte Frau Berthold

1. Eine Spätfolge im UVG bedeutet, dass eine scheinbar geheilte Gesundheitsbeeinträchtigung physische oder organische Veränderungen bewirkt, welche ein neues, andersartiges Kranheitsbild ergeben (vgl. BGer 8C_66/2016 E 4.2. m.w.H.)

Gemäss Art. 6 UVG und Art. 11 UVV besteht auch bei Spätfolgen (und Rückfällen) eine Leistungspflicht.

2. Entscheidend ist auch bei Spätfolgen, ob zwischen den neu auftretenden Beschwerden und dem ursprünglichen Unfallereignis der natürliche und der adäquate Kausalzusammenhang besteht. (vgl. BGE 118 V 293 E.2.c

Bei Beweislosigkeit dieses Zusammenhangs wird ein Anspruch abgelehnt (vgl. RKUV 1994 Nr. U 206 E.3b). Je grösser der zeitliche Abstand zwischen dem Unfall und dem Auftreten der gesundheitlichen Beeinträchtigung ist, desto strengere Anforderungen sind an den Wahrscheinlichkeitsbeweis des natürlichen Kausalzusammenhangs zu stellen.

Werden durch einen Unfall Beschwerden verursacht, übernimmt die Unfallversicherung den durch das Unfallereignis verursachten Schaden, spätere Gesundheitsstörungen dagegen nur, wenn eindeutige Brückensymptome gegeben sind.

Je grösser der zeitliche Abstand zwischen dem Unfall und dem Auftreten der gesundheitlichen Beeinträchtigung ist, desto strengere Anforderungen sind an den Wahrscheinlichkeitsbeweis des natürlichen Kausalzusammenhangs zu stellen. (Urteil 8C_506/2008 vom 5. März 2009 E. 3.1 mit Hinweisen); neben vielen anderen auch Urteil 8C_589/2017 vom 21.02.2018 E. 3.2.2; Urteil 8C_139/2019 vom 18.6.2019 E. 2.2 )

3. Eine Chance der Prüfung des Anspruchs besteht im vorliegenden Fall also nur, wenn die Symptomatik des ursprünglichen Unfalls rekonstruiert werden können.

Dazu sollte beim Unfallversicherer darauf gedrängt werden, ev. auch Archive zu durchsuchen. Gemäss der Empfehlung der Ad hoc KOmmission UVG werden die Akten von schweren Unfällen 30 Jahre, in allen anderen Fällen allerdings nur für 10 Jahre aufbewahrt (vgl. https://www.svv.ch/sites/default/files/2017-11/09-87.pdf). Trotzdem sollte bei der SUVA diesbezüglich nachgefragt werden, ob Akten in einem Archiv liegen könnten (ev. am Hauptsitz).

Darüber hinaus sollte geprüft werden, wer damals die behandelnde Arztperson war, bzw. wo die Unfallbehandlung stattfand (Spital etc.). Ev. können da noch gewisse Akten verfügbar gemacht werden.

Gelingt dies nicht, so wird der Anspruch nicht (mehr) aus dem damaligen Unfall hergeleitet werden können können.

4. Übergangsrechtlich gilt, dass bezüglich Ansprüchen das Unfallversicherungsrecht nach UVG, wie es nach dem 1.1.1984 in Kraft trat, zur Anwendung kommt, wenn nur der Unfall zuvor war, sämltiche anderen anspruchsbegründeten Tatsachen aber später eingetreten sind (vgl. EVG U 123/06 E.2.2). Eine eigentliche Verwirkungsfrist besteht insoweit nicht, aber die Kausalität dürfte je länger der Unfall her ist desto schwieriger zu belegen sein.

Ich hoffe, das dient Ihnen.

Prof. Peter Mösch Payot

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht