Guten Tag zusammen
Wir haben Klienten bei denen sich ein Vermögen über dem Vermögensfreibetrag angesammelt hat. Das Vermögen entstand aus der Sozialhilfe. Muss der Betrag über dem Vermögensfreibetrag als Einnahme berücksichtigt werden oder können die Betroffenen dies behalten, weil der GB grundsätzlich nicht zweckgebunden ist?
Besten Dank und freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Melanie Studer
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Ihre Frage kann für den Kanton Bern anhand der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern wie folgt beantwortet werden: das Verwaltungsgericht hat in Abwägung der Dispositionsfreiheit und der sozialhilferechtlichen Prinzipien der Subsidiarität und Bedarfsdeckung wiederholt entschieden, dass das Sparen während dem Bezug wirtschaftlicher Sozialhilfe nur bis zur Höhe des Vermögensfreibetrags erlaubt sei. Vermögen - das während dem Bezug von Sozialhilfe angehäuft wird – welches den Freibetrag übersteigt, sei hingegen bei der Bemessung der Sozialhilfe zu berücksichtigen. Konkret kann dies bedeuten, dass sobald Vermögen vorliegt, welches den Freibetrag übersteigt, die Sozialhilfe einzustellen ist, da die Bedürftigkeit nicht mehr gegeben ist.
Das Verwaltungsgericht hat dabei zumindest in einem Fall offengelassen, ob «in Einzelfällen aufgrund besonderer Umstände anders zu entscheiden wäre». Als mögliche Umstände, die einen anderen Entscheid rechtfertigen könnten, wird Folgendes angesprochen:
- der:die Sozialhilfeempfänger:in konnte darauf vertrauen, über die Ersparnisse frei verfügen zu können (was wohl in Anbetracht der Aufklärung über Rechte und Pflichten selten der Fall sein dürfte);
- der Einsatz des Ersparten für den Lebensunterhalt wäre unzumutbar (BVR 2011 S. 368).
Urteile, in denen sodann entscheiden worden wäre, das angesparte Vermögen sei nicht zu berücksichtigen, habe ich allerdings keine gefunden. Insbesondere hat das Verwaltungsgericht auch entschieden, es sei unerheblich, dass das Vermögen aus einem Einkommensfreibetrag oder einer Integrationszulage habe generiert werden können. Auch diese Beträge seien grundsätzlich für den Lebensunterhalt zu verwenden und nicht dafür, etwas «für härtere Zeiten» zurück zulegen (zumal schwer vorstellbar sei, welche Zeiten – in finanzieller Hinsicht – härter sein sollen als der Sozialhilfebezug) (Urteil d. Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, 200 24 60 v. 14.05.2024, E. 3.4.2).
Ich hoffe, das hilft Ihnen so weiter. Falls sie Rückfragen zu einer konkreten Konstellation haben, dürfen Sie die gerne stellen. Melden Sie sich ebenso, sollten Sie auch den ersten zitieren Entscheid erhalten wollen.
Beste Grüsse