Guten Tag Herr Mösch
Im Rahmen eines externen Beratungsangebotes begleiten wir einen Mitarbeitenden.
Der Klient ist Langzeitkrank, Krebsdiagnose und nachfolgend erfoglte eine zusätzliche psychiatrische Diagnose. Das IV-Verfahren ist initiiert, die Krankentaggeldleistungen erschöpfen sich Ende Jahr 2022. Der Betrieb ist sehr engagiert und unterstützt den Mitarbeitenden in dieser anspruchsvollen Situation in vielerlei Hinsicht. Es erfolgte eine Änderungskündigung per 01.01.2023, er kann weiterhin 20% in einer angepassten Tätigkeit im Betrieb weiterbeschäftig werden. Zugleich läuft eine Anmeldung beim RAV, die ALV ist vorleistungspflichtig da die Rentenprüfung bei der IV-Stelle noch in Abklärung ist.
Bis anhin hat der Arbeitgeber die Lohneinbusse ausgeglichen, der Mitarbeiter hatte 100% Lohnfortzahlung (80% KTGV). Mit der Anmeldung für ALV wird er finanzielle Einbussen engegennehmen müssen. Der Arbeitgeber ist bereit, den Fehlbetrag mittels einem "Soziallohn" auszugleichen bis der Rentenentscheid der IV vorliegt.
Nun die entsprechende Frage:
- Kann der Arbeitgeber freiwillig einen "Soziallohn" ausrichten, welcher von der ALV nicht als fester Lohnbestandteil angerechnet wird?
Besten Dank für Ihre Unterstützung.
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Guten Tag!
Ich habe eine Rückfrage: Inwieweit besteht beim Arbeitgeber weiterhin eine Anstellung, obwohl er bei der Arbeitslosenversicherung gemeldet ist? Wird er entlassen oder bleibt eine Anstellung zu niederen Prozenten bestehen, für welche dann ein Soziallohn gewährt werden soll?
Besten Dank im Voraus für die Antwort. Damit kann ich dann Ihre Frage umfassend beantworten.
Prof. Peter Mösch Payot
Guten Tag Herr Mösch
Danke für Ihre Rückfrage. Meine Fragestellung fällt wahrscheinlich etwas wenig präzis aus.
Neue Anstellung per 1.1.2022 ist 20% - angepassste Tätigkeit mit angepasstem Lohn. Somit ist die ALV vorleistungspflichtig ggüb. IV (ATSG Art. 15), Voraussetzung mit 20% AF ist gegeben.
Anspruch ALV bezieht sich dann auf die restlichen 80% und davon 80% (da er Kinder in der Erstausbildung) hat. Der Arbeitgeber würde allenfalls die finanzielle Lücke, welche ihm durch die ALV entsteht zusätzlich zum 20%-Lohn finanzieren - dies habe ich als "Soziallohn" betitelt. Fraglich, ob die ALV dies so akzeptieren würde oder ihm dies als Zwischenverdienst anrechnen würde. Der Arbeitgeber ist äusserst sozial eingestellt und bietet auf mehreren Ebenen Support.
Ich hoffe die Antwort genügend beantwortet zu haben.
Besten Dank und freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Guten Tag!
a) Grundsätzlich gilt gemäss Art. 23 AVIG für die Berechnung der ALE der massgebender Lohn im Sinne von Art. 5 Abs. 2 AHVG als versicherter Verdienst.
Es geht um den Lohn, der innerhalb des Bemessungszeitraumes aus einem oder mehreren Arbeitsverhältnissen normalerweise erzielt wurde. Es geht dabei um den tatsächlich realisierten Lohn.
Abgestellt wird in der Regel auf den Durchschnittslohn der letzten sechs Beitragsmonate vor Beginn der Rahmenfrist für den Leistungsbezug. Fällt der Durchschnittslohn aus den letzten 12 Beitragsmonaten höher aus als jener aus sechs Monaten, ist dieser massgebend (Art. 37 und Art. 40c AVIV).
b) Eine andere Frage ist aber, ob die Anspruchsvoraussetzung der Arbeits- und Erwerbsausfalls erfüllt ist. Das ist eine der Voraussetzungen, dass überhaupt eine Rahmenfrist für den Leistungsbezug eröffnet werden kann.
Gemäss Art. 11 Abs. 3 AVIG ist dabei nicht entschädigungsberechtigt ein Arbeitsausfall, für den der arbeitslosen Person noch Lohnansprüche oder wegen vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses Entschädigungsansprüche zustehen.
Hier ist aber zu beachten, dass bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses gewährte freiwillige Arbeitgeberleistungen wie z. B. Leistungen aus Sozialplänen, Härtefallleistungen, Abfindungen, Treueprämien, Abgangsentschädigungen, die nicht zwingend geschuldet sind, nicht Entschädigungen sind. Und somit keine Berücksichtigung finden bei der Frage, ob ALE bezogen werden können.
Das gilt unabhängig davon, ob es sich um massgebenden Lohn im Sinne der AHV-Gesetzgebung handelt: Freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers bleiben für die Berechnung des Verdienstausfalls unberücksichtigt, soweit sie CHF 148 200 nicht übersteigen (vgl. B 105 AVIG-Praxis).
c) Die Abgrenzung von geschuldeten und frewilligen Arbeitgeberleistungen kann schwierig sein. Je nach Kontext der Auflösung (Abfindungen bei Verzicht auf Kündigungsfrist) und auch je nach GAV oder Gestaltung der neuen Verträge bei «Soziallohn».
Es ist aus meiner Erfahrung ratsam, solche Leistungen nicht als Soziallohn zu bezeichnen, sondern z.B. als Härtefall- oder Fürsorgeleistungen. Und ev. als Gesamtbetrag zu sprechen und dann einmalig oder ev. gestaffelt (am besten aber nicht pro Monat, weil das ein Indiz für lohnähnliche Leistungen ist) auszuzahlen, damit insoweit mit Blick auf die ALV keine Missverständnisse aufkommen. Ich würde auch raten, diese Zahlungen gegenüber der Arbeitslosenkasse transparent zu machen. Insb. auch ihren Charakter als freiwillige Leistungen wegen des Härtefalls.
Genügt Ihnen das?
Prof. Peter Mösch Payot