Sehr geehrtes Team
Wir haben von 03-06/2023 einen KL in der Sozialhilfe unterstützt. Nun wurde er von seinem Arzt zu 20% gesund geschrieben und hat sich bei der ALK angemeldet.
Die ALK für den Monat Mai 2023 wurde ihm per Datum 05.06.2023 ausbezahlt.
Gemäss SKOS Merkblatt https://skos.ch/fileadmin/user_upload/skos_main/public/pdf/zeso/praxisbeispiele/Praxisbeispiel_3-20.pdf
dürfen Leistungen verrechnet werden, die zeitlich und sachlich übereinstimmen (SKOS-RL E.2.2. Abs. 2). Daher müssen die eingehenden Leistungen und die Sozialhilfegelder denselben Zeitraum betreffen (zeitliche Kongruenz) und demselben Zweck respektive dem Lebensunterhalt dienen (sachliche Kongruenz).
Der Klient will sich bei der Sozialhilfe "per sofort" abmelden und erwartet, dass die ALE 05/2023 mit der bereits geleisteten Unterstützungsleistung 06/2023 verrechnet und der Überschuss an ihn ausbezahlt wird.
Unser Vorgehen wäre jedoch, die ALE 05/2023 mit der Unterstützungsleistung 05/2023 zu verrechnen und der verbleibende Überschuss auf den nächsten zu bezahlenden Unterstützungsmonat 07/2023 als Einkommen anzurechnen. Dito mit der ALE 06/2023, welche mit der bereits geleisteten Unterstützung 06/2023 verrechnet werden soll. Mit dem jeweils verbleibenden Überschuss kann der KL in ca 3 Monaten regulär von der Sozialhilfe abgelöst werden.
Ist das Vorgehen der Verrechnung so korrekt? In der Praxis wird dies offenbar unterschiedlich gehandhabt und wir sind deshalb etwas unsicher.
Herzlichen Dank für Ihren Feedback.
Grüezi Team
Ich wollte mal scheu nachfragen, ob Jemand eine Antwort auf meine Frage hat? In diesem Zusammenhang wäre für mich auch noch wichtig zu wissen, ob ich als bevorschussende Alimentenfachstelle die ALE auch mit der ALI-BeV verrechnen kann oder ob uns hierzu die rechtliche Ligitimation fehlt.
Herzlichen Dank für eine Antwort.
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Melanie Studer
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Danke für Ihre Frage. Wir bemühen uns jeweils, Fragen innert 5 Arbeitstagen zu beantworten. Die Antwort zur Ergänzung zu Ihrer Frage betr. Verrechnung von ALE mit Alimentenbevorschussungen werde ich Ihnen noch nachliefern. Hier aber bereits eine Antwort auf Ihre ursprüngliche Frage:
Die Situation, die Sie schildern, ist nicht dieselbe und nicht zu verwechseln mit der Verrechnung nachträglich eingegangener Unterhaltszahlungen, wie sie im von Ihnen verlinkten SKOS-Merkblatt geschildert wird. Bei der Verrechnung und den dann zu prüfenden Fragen nach der sachlichen und zeitlichen Kongruenz geht es um (wesentlich) später eintreffende Leistungen, die eine schon vergangene Unterstützungsperiode betreffen. Eben beispielsweise Unterhaltszahlungen oder ein gutes Beispiel sind auch IV-Renten, wo häufig einige Zeit vergeht zwischen der Anmeldung und der Gutheissung der Rente, diese aber dann ab der Anmeldung bezahlt wird. Vorliegend handelt es sich aber um laufende Sozialversicherungsleistungen.
Hier – bei laufenden Leistungen von Sozialversicherungen – gilt, dass sie im Zeitpunkt der Auszahlung angerechnet werden. Gemäss der Erläuterung zu den SKOS-RL D.1., Erläuterung d) ist dabei «zu berücksichtigen, für welchen Monat die Einnahme effektiv gedacht ist. So sind Lohnzahlungen, die per Ende eines Monats erfolgen, im folgenden Monat als Einnahmen zu berücksichtigen.» Dasselbe gilt für die ALE, weshalb eben in Ihrem Beispiel die Anrechnung der ALE 05/2023 im Budget 06/2023 korrekt ist. Illustriert wird dies auch in einem Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich (VB.2006.00464 v. 23.01.2007) in welchem in Erwägung 3.2 festgehalten wird: «Insoweit die Beschwerdeführerin die Gewährung wirtschaftlicher Hilfe bereits ab 1. April 2006 anstatt ab 1. Mai 2006 verlangt, kann der zutreffenden Argumentation des Bezirksrats beigetreten werden. Die Beschwerdeführerin hat am 28. März 2006 letztmals Taggelder von der Arbeitslosenkasse UNiA in der Höhe von Fr. 2'727.- bezogen. Dieser Betrag ist als Erwerbsersatzeinkommen ins Budget für den April 2006 aufzunehmen. Wie ein Ende Monat ausgerichteter Arbeitslohn sind Arbeitslosengelder nämlich dazu gedacht, die Auslagen des nachfolgenden Monats zu decken.»
Ihrem Klienten steht es dementsprechend zu, dass Sie die ALE 05/2023 im Budget 06/2023 anrechnen und ihm einen Überschuss zur Bestreitung des Lebensunterhalts belassen. Wenn er sich Ende Juni 2023 ablösen will – also für Juli 2023 und die Folgemonate keine Unterstützung mehr durch die Sozialhilfe in Anspruch nehmen will – ist ihm das frei gestellt. Er kann jederzeit darauf verzichten mit Sozialhilfe unterstützt zu werden. Ebenso kann er aber in wenigen Monaten wieder ein neues Unterstützungsgesuch einreichen, sollte sich herausstellen, dass die ALE doch nicht ausreichen, um seinen sozialhilferechtlichen Bedarf zu decken. Diesfalls wäre dann sein Gesuch und seine Bedürftigkeit erneut abzuklären.
Ich hoffe, diese Ausführungen helfen Ihnen bereits weiter.
Beste Grüsse
Melanie Studer
Frage beantwortet am
Melanie Studer
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Ich muss mir noch eine Nachfrage erlauben zu Ihrer zusätzlichen Frage betr. die Alimentenbevorschussung. Ist der Klient, der nun ALE bezieht, Unterhltsberechtigter oder Unterhaltsverpflichteter?
Ich danke Ihnen bestens für die Präzisierung.
Beste Grüsse
Hallo
Der Klient ist der Kindsvater und somit der Alimentenschuldner.
Gestern haben wir die Mitteilung der IV-Stelle erhalten, dass dem Klienten rückwirkend eine IV-Rente (und somit auch eine IV-Kinderrente) zugesprochen wurde. Die Arbeitslosenkasse hat aufgrund dieser Mitteilung eine Auszahlung für 06/2023 gestoppt. Das Drittauszahlungsgesuch ans SVZ haben wir bereits gestellt. Die Höhe der Rente(n) ist noch unklar.
Frage beantwortet am
Melanie Studer
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Danke Ihnen für die Präzisierungen.
Die Verrechnung bei der Alimentenbevorschussung scheint tatsächlich nicht möglich, da es einer gesetzlichen Grundlage fehlt. Es ist jedenfalls nicht möglich, sich auf das Verrechnungsrecht betreffend Sozialhilfeleistungen zu berufen.
Betreffend die künftige IV-Rente und die Rückerstattung der Alimentenschulden ist zudem darauf hinzuweisen, dass die IV-Rente unpfändbar ist (vgl. Art. 92 Abs. 1 Ziff. 9a SchKG) und eine Verrechnung durch Art. 50 IVG i.V.m. Art. 20 AHVG ausgeschlossen ist.
Ich hoffe, das hilft Ihnen weiter. Nur noch ein Hinweis, aber das scheint Ihnen aufgrund der ursprünglichen Anfrage klar zu sein: bei der Drittauszahlung der IV-Rente ist sicherzustellen, dass Sie lediglich für die Periode, in der Sie Sozialhilfe geleistet haben, die Rente erhalten. Und auch da: ein allfälliger Überschuss betreffend diese Monate ist dem Klienten weiterzuleiten.
Beste Grüsse