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Sozialhilferecht/Integritätsentschädigung

Veröffentlicht:
19.10.2018
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Sehr geehrte Damen und Herren
Im folgenden Fall brauche ich Ihre rechtliche und fachliche Empfehlung.
Herr D. wird seit Mai 2018 von der Einwohnergemeinde Baar für den Lebensunterhalt finanziell unterstützt. Am 17.08.2018 verfügte die Suva, dass Herr D. Anspruch auf eine Integritätsentschädigung hat. Aufgrund folgender Unfälle:
-Umfall vom 21.4.2007 CHF 48'060.00
-Umfall vom 13.2.2007 CHF 5'340.00
Gemäss Abrechnung der Suva vom 17.8.18 wurden Herr D. die Integritätsentschädigungen als Vorschüsse wie folgt ausbezahlt:
Vorschuss vom 12.02.2010 CHF 10'680.00
Vorschuss vom 26.05.2011 CHF 5'340.00
Vorschuss vom 30.03.2012 CHF 10'680.00
Vorschuss vom 27.09.2017 CHF 5'000.00
Dabei ist fraglich, warum die Suva Jahre davor Vorschüsse gewährt, wenn erst am 17.8.2018 von der Suva verfügt wird, dass Herr D. Anspruch eine Integritätsentschädigung hat?
Des Weiteren stellt sich die Frage, ob wir als Sozialdienst von der Gesamtsumme in Höhe von CHF 53'400.00 einen Vermögensfreibetrag bei einer Einzelpersonen in Höhe von CHF 25'000.00 berücksichtigen müssen oder ob wir vom effektiven Betrag, dass die Suva gemäss Abrechnung vom 17.8.2018 in Höhe von CHF 22'228.65 an den Sozialdienst Baar weitergeleitet hat, ausgehen müssen?

Frage beantwortet am

Anja Loosli Brendebach

Expert*in Sozialhilferecht

Sehr geehrte Frau Ottiger
Vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne wie folgt beantworte:
In Paragraf 9 der Sozialhilfeverordnung (SHV ZG) wird bestimmt, dass die Ausgestaltung und das Ausmass der Unterstützung sich nach den SKOS-Richtlinien richtet. Gemäss Kapitel E.1.1 dieser ist bei der Bemessung der finanziellen Leistungen das gesamte verfügbare Einkommen einzubeziehen. Nach Kapitel E.2.1 der SKOS-Richtlinien zählen alle Geldmittel, Guthaben usw., auf die eine Hilfesuchende Person Anspruch hat, zum anrechenbaren Vermögen. Leistungen aus Genugtuung und Integritätsentschädigung sind allerdings nur soweit anzurechnen, als sie bei Einzelpersonen den Betrag aus CHF 25‘000.— übersteigen.
Soweit ich den Sachverhalt verstanden habe, ist während - also nach März 2018 - der Unterstützung ein Betrag von CHF 22‘228.65 zugeflossen. Die übrige Integritätsentschädigung floss vor der Unterstützung - vorerst als Vorschuss - zu. Ich gehe davon aus, dass im Zeitpunkt der Unterstützungsaufnahme die Beträge nicht mehr vorhanden waren, andernfalls die Unterstützung wohl nicht aufgenommen worden oder die Frage nach der Anrechnung sich bereits in diesem Zeitpunkt gestellt hätte. Die beiden Unfälle geschahen 2007. in diesem Zeitpunkt entstand also der Anspruch auf Integritätsentschädigung. Der Anspruch wurde durch die Vorschusszahlungen in deren Umfang getilgt. Damit bestand im Zeitpunkt der Unterstützungsaufnahme im Umfang der Vorschusszahlungen weder Vermögen als Geldmittel noch als Guthaben, weshalb die Vorschussleistungen vor Unterstützungsbeginn nicht angerechnet werden dürfen. Anders sieht es nur dann aus, wenn sie im Zeitpunkt der Unterstützungsaufnahme noch vorhanden waren (dazu weiter unten).
Es bleibt die Frage, ob die während der Unterstützung ausbezahlten CHF 22’228.65 als Vermögen bzw. Einnahmen angerechnet werden dürfen. Hier gibt es meines Erachtens zwei mögliche Lösungen bzw. kann der Text von Kapitel E.2.2 SKOS-Richtlinien auf zwei Arten ausgelegt werden, die zu völlig unterschiedlichen Lösungen führen. Wenn man sagt, massgebend sei, wie hoch die Leistung während der Unterstützung war und nur dann eine Anrechnung erfolgen darf, wenn die Leistung während der Unterstützung den Betrag von CHF 25‘000.— übersteigt, dann darf die fragliche Zahlung nicht angerechnet werden (ausser wenn im Zeitpunkt der Unterstützungsaufnahme noch Vorschusszahlungen vorhanden waren. Dann könnte dieser Betrag hinzugerechnet werden). Wenn man die Regelung so verstehen will, dass pro Ereignis ein Freibetrag von CHF 25‘000.— besteht, dann könnten die gesamten CHF 22‘228.65 angerechnet werden. Meiner Ansicht nach sind beide Auslegungen möglich. Ich empfehle Ihnen deshalb, sich für die für Sie überzeugendere Lösung zu entscheiden.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen zu können.
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach