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Situative Fonds- und Stiftungsnotgelder in der WSH

Veröffentlicht:
19.10.2018
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag wertes Expertenteam,
Eine Gemeinde im Kanton Luzern zieht Stiftungs- & Fondsgelder, welche zur Abwendung einer Notlage organisiert wurden (alte Mietzinsschuld / Übernahme einer alten Stromrechnung / Übernahme eines Mietzinsdepot) zum Zeitpunkt der Geldleistung als Einkommen vom aktuellen WSH-Budget ab. Ebenso wird dies gemacht, wenn Angehörige oder Freunde die Kosten übernehmen. Ist dies erlaubt?
Freundliche Grüsse.
Philippe Meier

Frage beantwortet am

Anja Loosli Brendebach

Expert*in Sozialhilferecht

Sehr geehrter Herr Meier
Vielen Dank für Ihre Frage. Ich beantworte diese gerne wie folgt:
In Paragraf 3 Abs. 2 des Sozialhilfegesetzes des Kantons Luzern (SHG LU) wird der Grundsatz der Subsidiarität festgehalten. Demgemäss besteht in der Regel nur dann ein Anspruch auf Unterstützungsleistungen der Sozialhilfe, wenn eine Person nicht in der Lage ist, sich selbst zu helfen oder Hilfe Dritter nicht oder nicht rechtzeitig erhältlich ist. In Paragraf 27 ABS. 1 SHG LU wird dieser Grundsatz wiederholt. In Kapitel A. 4 der SKOS-Richtlinien, die in Paragraf 31 Abs. 1 SHG LU für anwendbar erklärt werden, wird ebenfalls der Grundsatz der Subsidiarität festgehalten, wobei dort ergänzend steht, dass kein Wahlrecht zwischen vorrangigen Hilfsquellen und Sozialhilfe besteht. Zudem wird unter Kapitel E.1.1 SKOS-Richtlinien ausgeführt, dass das gesamte verfügbare Einkommen zu berücksichtigen ist, mit anderen Worten nicht nur Einkommen sondern auch weitere Einnahmen, auch wenn kein Rechtsanspruch besteht. Weitere Bestimmungen zum Thema der freiwilligen Zuwendungen Dritter finden sich weder im SHG LU noch in den SKOS-Richtlinien.
Zusammenfassend bedeutet dies grundsätzlich, dass die Sozialhilfe sämtliche Einnahmen während der Unterstützung - egal von wem und für was sie kommen - als Einnahmen im Budget anrechnen darf.
Gemäss Lehre und den Praxisregelungen in einigen Kantonen wie Zürich sollen freiwillige (also ohne Rechtsanspruch) Zuwendungen Dritter dann aber nicht angerechnet werden, wenn sie von bescheidenem Umfang sind, ausdrücklich zusätzlich (oft mit Zweckbestimmung) zu den Sozialhilfeleistungen erbracht werden und bei Anrechnung entfallen würden, wobei das dritte Kriterium kaum eine Rolle spielt, denn erfährt die Sozialhilfe erst nach der Zahlung davon, kann die Zahlung nicht mehr entfallen. Vorliegend geht es offenbar um die Begleichung von Schulden. Zu diesem Thema schreibt Guido Wizent (Die sozislhilferechtliche Bedürftigkeit, 2014, S. 267), dass die Begleichung von Schulden dem Prinzip der Sozialhilfe widerspreche, denn es werde nicht der aktuelle Bedarf gedeckt und einzelne Gläubiger würden bevorzugt. Auf die Schuldentilgung während der Unterstützung sei deshalb zu verzichten. Rechtsprechung des Kantons Luzern habe ich zum Thema leider keine gefunden.
Daraus folgt, dass es gestützt auf die Lehre durchaus Sinn macht und ich Sie ermutige, geltend zu machen, dass die Zuwendungen der Stiftungen ausschliesslich zum Zweck der Schuldentilgung erfolgen würde und nicht erbracht würde, wenn die Leistungen angerechnet würden. Zudem sei der Umfang bescheiden (wobei ich die Höhe nicht kenne). Ebenfalls geltend machen könnten Sie, dass ohne diese Schulden die Sozialhilfe bereits früher hätte bezahlen müssen ( allerdings gilt das Gegenwärtigkeitsprinzip. Die Sozialhilfe bezahlt keine rückwirkenden Lebenshaltungskosten).
Allerdings kann ich Ihnen aufgrund der Regelungenim Kanton Luzern keinen Erfolg versprechen. Ein Versuch ist es aber Wert.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen zu können.
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach

Guten Abend Frau Loosli,
Ich danke ihnen vielmals für ihre Ausführungen, die ich aus rechtlicher Sicht nachvollziehen kann, jedoch nicht aus persönlicher Sicht, wenn es beispielsweise darum geht einen Wohnungsverlust durch Fondsgelder abzuwenden.Glücklicherweise wird im Kanton Luzern diese Praxis unterschiedlich "kulant" gehandhabt.
Freundliche Grüsse.
Philippe Meier