Guten Tag
Ein Klient hat bis im Sommer WSH bezogen. Jetzt hat er ein Brief von der Gemeinde erhalten, mit der 'Schlussrechnung WSH': der genaue Betrag sowie der Hinweis, dass die WSH zurückbezahlt werden muss, wenn sich seine Verhältnisse verbessern. Dazu noch ein Blatt 'Schuldanerkennung nacht Ar.82 SchKG Bezug Sozialhilfe' mit dem Betrag, das er unterschreiben und zurückschicken soll.
Der Klient arbeitet teilzeit und bringt seine Familie gerade so über die Runden.
Ist das Vorgehen der Gemeinde korrekt? Soll er unterschreiben? Muss er noch schreiben, dass er nicht zurückzahlen kann und dies belegen?
Besten Dank für ihre kurze Antwort im Voraus.
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Vielen Dank für Ihre Frage. Ich beantworte diese gerne wie folgt:
Die Gemeinde macht meiner Meinung nach vorliegend ein eigenartiges Konstrukt. Zwar kündigt sie nur an, die Unterstützungsleistungen zurückzuverlangen, falls sich die wirtschaftlichen Verhältnisse verbessern. Gleichzeitig aber lässt sie den Klienten eine Schuld in der Höhe der Schlussabrechnung anerkennen.
Mit dieser Schuldanerkennung wäre es der Gemeinde nach Art. 82 des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes (SchKG, SR 281.1) bereits im heutigen Zeitpunkt möglich, die Rückerstattung auf dem Betreibungsweg zu verlangen, besagt Art. 82 SchKG doch, dass im Betreibungsverfahren bei Forderungen, die auf einer Schuldanerkennung basieren, vom Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangt werden kann.
Eine Schuld besteht im aktuellen Zeitpunkt aber gerade nicht. Der Grund liegt einerseits darin, dass nicht geklärt ist, ob die Voraussetzungen für eine Rückerstattung bei rechtmässigem Bezug nach § 38 Abs. 1 des Sozialhilfegesetzes des Kantons Luzern (SHG LU, SG 892) gegeben sind (Verbesserung der finanziellen Lage der hilfebedürftigen Person und Zumutbarkeit der Rückerstattung). Andererseits und ausschlaggebend für den Umstand, dass keine Schuld besteht, ist aber, dass noch keine Rückerstattungsverfügung vorliegt. Die Rückerstattung von Unterstützungsleistungen ist gemäss den allgemeinen Grundsätzen nämlich zu verfügen (Guido Wizent, Sozialhilferecht, Zürich/St. Gallen 2020, N. 815). Es gibt Kantone, die Rückerstattungsvereinbarungen vorsehen (z.B. Kanton Aargau). Ist dies gesetzlich nicht vorgesehen, können die Gemeinden keine Vereinbarungen treffen. Schon gar nicht kann eine Gemeinde von den ehemaligen Klienten die Unterzeichnung einer Schuldanerkennung verlangen, handelt es sich doch dabei um eine einseitige Willenserklärung, die zur Folge hat, dass sich jemand verpflichtet, eine allenfalls auch falsch berechnete Rückerstattungssumme zurückzubezahlen und sich dagegen auf dem Rechtsweg nicht mehr wehren kann. Im Kanton Luzern ist die Rückerstattung weder mittels Vereinbarung noch mittels Schuldanerkennung vorgesehen.
Fazit: Ich empfehle Ihrem Klienten deshalb, die Schuldanerkennung nicht zu unterzeichnen. Es gibt keinerlei gesetzliche Pflicht dafür und er würde sich allenfalls in eine schwierige rechtliche Situation bringen.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen zu können.
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach