Guten Tag Frau Anderer
Wir möchten innerhalb unseres Sozialdienstes die Schnittstelle zwischen WSH und BB einheitlich regeln. Dabei möchten wir uns u.a. Fachwissen und die Erfahrung von Drittpersonen zu Nutze machen.
Aktuell stellt sich die Frage, bei welchem Fachteam (Mandatsführung oder Existenszicherung) die Zuständigkeit und somit die Verantwortung liegen soll bezüglich
- NE-Beiträge für AHV (Anmeldung und Erlassgesuch)
- KK-Prämienverbilligung (Anmeldung)
Welche Handhabung ist Ihrer Meinung nach aus rechtlichen Überlegungen zu bevorzugen?
Besten Dank für Ihre Einschätzung.
Freundliche Grüsse
Annamaria Dell'Amore
Frage beantwortet am
Karin Anderer
Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz
Grüezi Frau Dell'Amore,
leider hat mich eine heftige Erkältung erwischt, ich werde Ihre Anfrage raschmöglichst bearbeiten.
Freundliche Grüsse
Karin Anderer
Frage beantwortet am
Karin Anderer
Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz
Sehr geehrte Frau Dell‘Amore
Wenn eine betroffene Person wirtschaftliche Sozialhilfe bezieht und gleichzeitig eine Beistandschaft besteht, mit den Aufgaben der Einkommens- und Vermögensverwaltung und der Administration inkl. Erledigen der (Sozial-)Versicherungen, stellen sich Koordinationsfragen, welche sich nur in gegenseitiger Absprache lösen lassen. Das betrifft in der Regel die umfassende Beistandschaft und die Vertretungsbeistandschaft nach Art. 394 und 395 ZGB.
Nach Art. 13 des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (Krankenversicherungsgesetz, kKVG) des Kantons Nidwalden werden besondere Prämienverbilligungen für sozialhilfebeziehende Personen ausgerichtet. Die Prämien werden ihnen im Rahmen der Richtprämien vollumfänglich vergütet.
Nach § 16 der Vollziehungsverordnung zum Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Ausgleichskassenverordnung, AKV) des Kantons Nidwalden wird bei Beitragserlassgesuchen im Sinne von Art. 11 Abs. 2 AHVG die Fürsorgebehörde der Wohnsitzgemeinde der gesuchstellenden Person angehört.
Die Vertretungskompetenz eines Beistandes mit den oben beschriebenen Aufgaben umfasst die Vertretung der Rechte, die der betroffenen Person zustehen. Deshalb hat die Beiständin die entsprechenden Anmeldungen vorzunehmen. Der Sozialdienst hat kein Vertretungsrecht und würde eine Vollmacht der betroffenen Person benötigen, was diese u.U. nicht geben kann, sei es wegen Urteilsunfähigkeit oder Handlungsunfähigkeit.
Möglich ist, dass der Sozialdienst bei Personen unter Beistandschaft jeweils nach den NE-Beiträgen, Antrag auf Erlass der NE-Beiträge und dem Antrag auf Prämienverbilligung beim Beistand nachfragt. So würde eine doppelte Kontrolle bestehen. Ich empfehle, die Zuständigkeiten, den Prozessablauf und die Verantwortlichkeiten zwischen den zwei Dienste schriftlich abzubilden und die KESB mit einzubeziehen. „Vergessen gegangene“ NE-Beiträge und Ansprüche auf Prämienverbilligungen sind haftungsauslösend, weshalb die Verantwortlichkeit geklärt sein muss.
Meiner Ansicht nach ist die Beiständin mit einem Vertretungsrecht in diesen Bereichen in der Administration und Verantwortung zu belassen. Erfahrungsgemäss überdauert eine Beistandschaft die Phase des Sozialhilfebezugs.
Vgl. dazu auch die Beratung im Forum „Abgrenzung Beistandschaft / Sozialamt“ vom 30.1.2017.
Ich hoffe, die Angaben sind Ihnen nützlich und ich grüsse Sie freundlich.
Karin Anderer
Luzern, 5.4.2018