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Schenkung

Veröffentlicht:
18.10.2022
Kanton:
Nidwalden
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag 

Im Rahmen der WSH habe ich einen Antrag (Heimtaxdifferenz) erhalten. Der Klient ist per 09/2018 in ein Pflegeheim eingetreten. 


Der Antragsteller hat am 03/2016 einen Darlehensvertrag über CHF 137'500.00 mit dem Ex-Partner der Tochter abgeschlossen. Der Klient ist Darlehensgeber. Per 11/2018 wurde der Darlehensvertrag in ein Schenkungsvertrag über CHF 100'000.00 "umgewandelt". Beschenkte ist in diesem Vertrag die Tochter. 

Das Geld der Schenkung ist in den Umbau des Hofes des Ex-Partners der Tochter geflossen und nicht mehr liquid verfügbar. MIttlerweile hat sich die Tochter getrennt.  Der Ex-Partner der Tochter zahlt monatlich CHF 500.00 zurück. Dies auf Grundlage einer mündlichen Vereinbarung. 

Im Rahmen der EL Berechnung wird nun natürlich ein Vermögensverzicht ausgewiesen. 

Ich habe die Tochter meines Klienten dahingehend informiert, dass im Rahmen der Subsidiarität sicherlich die Verwandtenunterstützungspflicht geprüft wird. Gibt es weitere Massnahmen im Sinne einer Auflage, die es seitens WSH zu verfügen gilt? Und hat die Tochter eine Möglichkeit, ihren Ex-Partner für das Geld, welches ja seinen Hof "bereichert" hat zu belangen? Wenn ja, wie wäre vorzugehen?

 

Besten Dank für Ihre Bemühungen.

Frage beantwortet am

Anja Loosli Brendebach

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Ich bedanke mich für Ihre Frage. Ich beantworte diese gerne in 2 Schritten:

1. Das Darlehen an den Ex-Partner der Tochter

Wenn ich den Sachverhalt richtig verstanden habe, ist das vom Klienten ursprünglich an den Ex-Partner in der Höhe von Fr. 137'000.-- gewährte Darlehen im Umfang von Fr. 100'000.-- in eine Schenkung an die Tochter umgewandelt worden. Dies bedeutet, dass nach wie vor ein Darlehen des Klienten von Fr. 37'000.-- gegenüber dem Ex-Partner der Tochter besteht.

Nach Art. 3 SHG NW gilt in der Sozialhilfe das Prinzip der Subsidiarität, was bedeutet, dass jede hilfesuchende Person verpflichtet ist, alles Zumutbare zu unternehmen, um eine Notlage aus eigener Kraft abzuwenden oder zu beheben. In SKOS-RL A.4.1 wird die Pflicht zur Minderung der Bedürftigkeit ausdrücklich festgehalten. Dazu gehört die Geltendmachung von Drittansprüchen. Als Auflage kann nach Art. 21 SHG NW alles verlangt werden, das die Lage der hilfeempfangenden Person verbessert. Ob vom Klienten aufgrund dieser Regeln mittels Auflage verlangt werden kann, dass er vom Ex-Partner seiner Tochter die Rückzahlung des Darlehens an ihn verlangt, hängt vom konkreten Darlehensvertrag ab.

Gemäss Art. 318 Obligationenrecht (OR) ist es nämlich so, dass ein Darlehen auf den vereinbarten Termin zurückbezahlt werden muss. Ist kein Termin vereinbart, so kann eine Kündigungsfrist vereinbart worden sein. Ist auch keine solche vereinbart, ist das Darlehen innerhalb von sechs Wochen von der ersten Aufforderung an zurückzubezahlen.

Fazit: Ich empfehle Ihnen deshalb, den Darlehensvertrag zu verlangen, falls es einen schriftlichen Vertrag gibt. Wurde ein Rückzahlungstermin vereinbart, hat der Klient die Rückzahlung auf diesen Termin zu verlangen. Wurde eine Kündigungsfrist vereinbart, hat er das Darlehen unter Einhaltung der Frist zu kündigen. Wurde nichts vereinbart, hat er den Ex-Partner seiner Tochter aufzufordern, ihm das Darlehen innert 6 Wochen zurückzubezahlen. Gibt es keinen schriftlichen Vertrag, müsste der Klient auf anderem Weg beweisen können, was vereinbart wurde. Ansonsten darf von einem unbefristeten Vertrag ohne Kündigungsfrist ausgegangen werden.

2. Schenkung an die Tochter

a) Anspruch aus der Schenkung selbst

Das Darlehen an den Ex-Partner der Tochter wurde in eine Schenkung an die Tochter umgewandelt.

Der Klient kann diese Schenkung nur rückgängig machen, wenn die Voraussetzungen von Art. 249 OR gegeben sind (schwere Straftat des Beschenkten gegenüber dem Schenker, schwere Verletzung der familienrechtlichen Pflichten des Beschenkten gegenüber dem Schenker und ungerechtfertigte Nichterfüllung der Auflagen). Auch ein Irrtum im Schenkungszeitpunkt kann dieselben Folgen haben.

Es könnte von der Sozialhilfe geklärt werden, ob eine der Gründe vorliegt, um die Schenkung rückgängig zu machen. Falls ein solcher Grund vorliegt, könnte vom Klienten verlangt werden, dass er die Schenkung rückgängig macht und von der Tochter das Geld zurückverlangt. Ist jedoch offensichtlich, dass kein solcher Grund vorliegt, kann die Rückforderung der Schenkung nicht verlangt werden. Das Geld kann dann aus sozialhilferechtlicher Sicht dem Vermögen des Klienten nicht mehr zugerechnet werden.  

b) Verwandtenunterstützung

Nach Art. 35 SHG NW geht die Unterstützungspflicht der Verwandten gemäss den Bestimmungen des ZGB der wirtschaftlichen Sozialhilfe vor.

Es stellt sich deshalb die Frage, ob die Tochter Verwandtenunterstützung bezahlen muss. Es ist zu berechnen, ob sie aufgrund ihrer finanziellen Verhältnisse unterstützungspflichtig ist. Ist die Tochter nach dieser Berechnung nicht unterstützungspflichtig, kann aufgrund der Schenkung durch den Klienten aber geprüft werden, ob sie dennoch verpflichtet werden kann, einen Betrag zu bezahlen. Zwar verfügt die Tochter nicht über das Geld, da es im Hof des Ex-Partners steckt. Sie könnte das Darlehen aber – je nach Vertrag – allenfalls künden. Zudem bezahlt ihr Ex-Partner ihr für das Darlehen monatlich Fr. 500.-- ab. Man kann sich als Sozialhilfe auf den Standpunkt stellen, dass die Tochter mindestens in diesem Umfang Verwandtenunterstützung schuldet, weil sie diese Einnahme nur aufgrund der Schenkung des Vaters hat.

Fazit: Ich empfehle deshalb, in einem ersten Schritt zu berechnen, ob die Tochter aufgrund ihrer gesamten finanziellen Verhältnisse verwandtenunterstützungspflichtig ist und die Summe von ihr zu verlangen, wenn sie pflichtig ist. Ist sie aufgrund ihrer gesamten finanziellen Verhältnisse nicht unterstützungspflichtig, empfehle ich, mit ihr Kontakt aufzunehmen und von ihr zumindest die monatlich vom Ex-Partner bezahlte Summe von Fr. 500.-- als Verwandtenunterstützung zu verlangen, da sie diese Einnahme nur aufgrund der Schenkung ihres Vaters erzielt.

Ich hoffe, mit dieser Antwort weiterhelfen zu können.

Freundliche Grüsse