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Rückwirkende EL möglich?

Veröffentlicht:
05.09.2022
Kanton:
Solothurn
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag

Ich betreue im Rahmen der Sozialberatung der Pro Infirmis eine Person, welche im Jahre 2015 von Italien in die CH kam. Die IV Anmeldung erfolgte im Jahr 2016, da die Person jedoch mit der Invalidität in die CH einreiste, konnten die Voraussetzungen für eine Rente nicht erfüllt werden. Der Anspruch auf Hilfsmittel ist gegeben ebenso der Anspruch auf Hilflosenentschädigung (HE leicht ab 2017).

Die Anmeldung zur Ergänzungsleistung erfolgte 09.2019 und die Voraussetzungen für die Ausrichtung wurden mit der Verfügung vom 11.12.2019 als erfüllt angeschaut. Die EL wurde rückwirkend auf das Einreiche-Datum der Anmeldung (09.2019) nachgezahlt.

 

Unser Klient kam mit der Bitte in unsere Beratung, ob es eine juristische Möglichkeit gibt, dass die EL rückwirkend ab Beginn HE (2017) eingefordert werden kann.

Bei der Ergänzungsleistung ist mir bewusst, dass gemäss WEL Rz 2121.01 die Anmeldung ausschlaggebend ist oder die 6 Monate nach der IV-Verfügung. Der Klient sagt, dass sei ihm nie gesagt worden. Dem Intake-Bericht der IV-Stelle kann jedoch entnommen werden, dass die Merkblätter auf Italienisch mitgegeben wurden und über die Anmeldung EL und HE informiert wurde.

 

Meine Frage: ist eine ausserordentliche Nachzahlung der Ergänzungsleistung rückwirkend per Anmeldung bzw. Verfügung Hilflosenentschädigung 2017 möglich, gibt es ein BGE, den wir übersehen hätten oder ist da alles so wie es sein sollte?

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag!

Tatsächlich ist gemäss Art. 22 ELV die EL auf den Monat der Anmeldung für die Rente rückwirkend zu gewähren, frühestens aber auf den Beginn der Rentenberechtigung, zu gewähren, wenn die EL innert sechs Monaten seit Zustellung der Verfügung über eine Rente der AHV oder der IV eingereicht wird.

Ansonsten gilt gemäss den in Rz. 2121.01 ff. WEL (Stand 1.1.2022) wiedergegebenen Regeln, dass der Anmeldezeitpunkt relevant ist. Ev. auch bei einer bloss formlosen Anmeldung.

Ist keine solche Anmeldung erfolgt (und liegt nicht der Sonderfall von Art. 22 ELV vor), ist aber bei der EL eine rückwirkende Gewährung nicht möglich.

Eine ausserordentliche Nachzahlung in einem Fall wie hier geschildert ist gesetzlich nicht vorgesehen. Für einen allfälligen "Schadenersatz" wegen eines Vertrauensschadens (vgl. Art. 27 ATSG) wäre es notwendig zu belegen, dass eine klare Fehlauskunft erfolgte, die dann dazu führte, dass auf eine Anmeldung verzichtet wurde. Die Tatsache, dass aktengemäss dem Betroffenen 2017 die entsprechenden Merkblätter mitgegeben wurden, spricht klar dagegen, dass ein solcher Vorwurf belegt werden könnte.

Ich sehe hier also keine Möglichkeit der rückwirkenden Geltendmachung des Anspruchs.

Ich hoffe, das dient.

Prof. Peter Mösch Payot