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Rückwirkende ausrichtung von Hilflosenentschädigung

Veröffentlicht:
06.05.2022
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag

Ich führe neu ein Erwachsenenschutzmandat für eine 84jährige Frau. Die Frau lebte bisher zurückgezogen in einem abgelegenen alten Bauernhaus. Aufgrund einer Gefährdungsmeldung wurde sie dann im Februar 2022 mit FU in ein Heim eingewiesen.

Die Frau wurde sehr verwahrlost aufgefunden, der Ernährungszustand war mangelhaft, der Haushalt und der Hof total übermüllt. Mittels Gutachten wurde eine Demenz diagnostiziert.

Die Hilfllosenentschädigung wurde umgehen beantragt. Diese wurde ihr nun zugesprochen ab Monat Heimeintritt. In der Verfügung steht, dass die Frau steit längerer Zeit bei fünf der sechs alltäglichen Lebensverrichtungen auf regelmässige erhelbliche Dritthilfe angewiesen wäre. Da sie Dritthilfe aber erst seit Heimeintritt in Anspruch nimmt, wird diese ab Heimeintritt ausgerichtet.

Nun stellt sich  die Frage, ob eine rückwirkende Ausrichtung von Hilflosenentschädigung gerechtfertigt wäre. Die Frau hat zwar vor Heimeintritt keine Dritthilfe in Anspruch genommen, durch dieses Manko an Unterstützung entstehen nun jedoch etliche Kosten welche in direktem Zusammenhang mit der Hilflosigkeit entstanden sind, z.B. die Räumung der übermüllten Wohnräume. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Frau auch nicht gewusst hat, dass sie einen Anspruch auf Hilflosenentschädigung hätte geltend machen können.

Für Ihre Einschätzung danke ich Ihnen im Voraus.

Freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag.

1. Die Hilflosenentschädigung kann rückwirkend für maximal zwölf Monate ab Eingang der Anmeldung erhältlich gemacht werden, sofern das gesetzliche Wartejahr erfüllt ist. D

Massgebend ist einzig der objektive Bedarf an Dritthilfe. Die Hilflosenentschädigung wird auch dann ausgerichtet, wenn den betroffenen Personen gar keine Kosten durch die Beanspruchung von Drittpersonen entstanden sind. 

Der Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung entsteht, wenn die Voraussetzungen (Hilfebedarf bei mindestens zwei Lebensverrichtungen, Überwachungsbedürftigkeit, usw.) während eines Jahres (Wartezeit) ohne wesentlichen Unterbruch erfüllt gewesen sind und die Hilflosigkeit weiterhin andauert.  Vgl. Art. 42 IVG und Art. 35ff. IVV. 

2. Im vorliegenden Fall ist also eine Hilflosenentschädigung für den Zeitraum vor dem Heimeintritt nicht generell ausgeschlossen. Fraglich ist nur, ob sich die mindestens jährige Hilflosigkeit (Wartezeit) für den Zeitraum der Isolation der Klientin belegen lässt. Als Beweismittel können Arztberichte, Berichte von Angehörigen, aber eventuell indirekt auch KESB-Berichte etc. dienen. 

MIt diesen Hilfsmitteln kann hier durchaus ein Rechtsmittel gegen den Vorbescheid der IV geprüft werden. Eventuell mit anwaltschaftlicher HIlfe.

Ich hoffe, das dient Ihnen. 

Prof. Peter Mösch Payot