Guten Tag
Ich berate zurzeit eine Familie mit einem gesundheitlich stark eingeschränkten Kind im Vorschulalter. Um die Familie zu entlasten, verbringt das Kind seit einem Jahr einige Tage pro Monat in einer ausserkantonalen stationären Einrichtung.Die Gemeinde ermittelt die Höhe des Elternbeitrags anhand des erweiterten SKOS-Budget. Nun hat der Sozialdienst die Familie informiert, dass diese Unterstützung rückerstattungspflichtig ist. Da die Familie ein Eigenheim (selbstbewohnt) besitzt, will die Gemeinde eine Grundpfandsicherung vornehmen.
Nun stellt sich die Frage, ob diese Grundpfandsicherung relevant wird, wenn die Eltern das Eigenheim in einigen Jahren an eines ihrer Kinder übertragen will?
Vielen Dank und freundliche Grüsse
Kathrin Kayser
Frage beantwortet am
Anja Loosli Brendebach
Expert*in Sozialhilferecht
Sehr geehrte Frau Kayser
Vielen Dank für Ihre Frage. Ich verstehe den Sachverhalt so, dass die Familie grundsätzlich nicht bedürftig ist, sondern die Sozialhilfe ausschliesslich die Kosten für die ausserkantonale (nicht behördlich angeordnete) Betreuung des Kindes übernimmt, weil die Eltern finanziell nicht in der Lage sind, die gesamten Kosten zu bezahlen. Die Sozialhilfe scheint nun einerseits einen Elternbeitrag zu berechnen, d.h. einen Beitrag nach At. 276 ff ZGB, den die Eltern an die Kosten zu leisten haben. Andererseits scheint sie die Kosten auch sichern zu wollen, indem sie die mögliche Rückerstattung grundpfandrechtlich sicherstellt.
Die Elternbeiträge stellen eine Verpflichtung nach Zivilgesetzbuch (Art. 276 ff ZGB) dar. Der Anspruch auf des Kindes auf diesen Unterhalt geht auf das Gemeinwesen über, wenn es für den fehlenden Anteil des gebührenden Unterhalts aufkommt (Art. 286a Abs. 3 ZGB). Wenn nun die Sozialhilfe die Kosten für die auswärtige Betreuung bezahlt, subrogiert sie in diesem Umfang in den Anspruch des Kindes gegenüber den Eltern und kann von den Eltern gestützt auf Art. 286a Abs. 3 ZGB einen Elternbeitrag verlangen, wenn die Eltern leistungspflichtig sind. Der Elternbeitrag muss auf dem Zivilweg geltend gemacht und durchgesetzt werden. Er kann nicht über eine Rückerstattung verlangt werden, weil es sich eben um ein zivilrechtliches Verhältnis zwischen den Eltern und der Sozialhilfe handelt. Demnach kann er auch nicht grundpfandrechtlich gesichert werden.
Nun stellt sich die Frage, was mit dem Teil ist, den die Eltern mit dem Elternbeitrag nicht bezahlen können. Darf dieser bzw. die Rückzahlung dieses tatsächlich mittel Grundpfand gesichert werden?
Nach Art. 19 des Sozialhilfegesetzes (SHG) ist die öffentliche Sozialhilfe zu gewähren, wenn die hilfesuchende Person nicht in der Lage ist, aus eigenen Kräften eine persönliche oder wirtschaftliche Notlage abzuwenden oder zu beheben. In Art. 27 SHG wird nochmals festgehalten, dass Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe hat, wer seinen Lebensunterhalt nicht hinreichend finanzieren kann. Kindern und Jugendlichen ist nach Abs. 2 eine ihren Bedürfnissen angepasste Pflege zu ermöglichen. Wer wirtschaftliche Hilfe beansprucht, hat bei der Sozialhilfe nachzufragen (Abs. 5). Besitzt eine hilfesuchende Person Grundeigentum, dessen Realisierung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, wird die Gewährung der Unterstützung von der Unterzeichnung einer Rückerstattungsverpflichtung abhängig gemacht (Art. 29 Abs. 1 SHG). Die Forderung kann grundpfandrechtlich gesichert werden (Art. 29 Abs. 2 SHG).
Wenn ich es richtig verstanden habe, ist die Familie grundsätzlich nicht bedürftig. Ausschliesslich die ausserkantonalen Betreuungskosten können nicht selbst getragen werden. Diese Kosten sind aber ausschliesslich Kosten für das Kind. Es stellt sich für mich deshalb die Frage, ob nur das Kind bedürftig ist und nur dieses unterstützt wird. Das Kind selbst verfügt aber über kein Grundeigentum (dieses gehört den Eltern), weshalb in diesem Fall keine Rückerstattungsverpflichtung zu unterzeichnen ist und auch keine grundpfandrechtliche Sicherstellung erfolgen kann. In diesem Fall kann sich die Sozialhilfe lediglich mit den Elternbeiträgen soweit möglich schadlos halten.
Behandelt die Sozialhilfe die Familie als Ganzes als bedürftig (das geht für mich aus dem Sachverhalt nicht ganz deutlich hervor), dann handelt es sich bei der Bezahlung der Betreuungskosten um Sozialhilfeleistungen an die ganze Familie, die grundpfandrechtlich gesichert werden können. In diesem Fall kann von den Eltern - die ja damit selbst bedürftig sind - aber KEIN Elternbeitrag verlangt werden. In diesem Fall bleibt das Grundpfand bei einer Veräusserung bzw. dem Übertrag auf die Kinder bestehen (Art. 832 Abs. 1 ZGB), wenn nichts anderes vereinbart ist.
Abschliessend kann ich festhalten, dass es rechtlich meiner Meinung nach nicht zulässig ist, einerseits einen Elternbeitrag zu berechnen und von den Eltern zu verlangen und andererseits die Leistung mittels Rückerstattungsverpflichtung und Grundpfandverschreibung zu sichern. Entweder gilt nur das Kind als bedürftig und dann kann nur ein Elternbeitrag nicht aber die Grundpfandsicherung verlangt werden. Oder die ganze Familie gilt als bedürftig, dann kann kein Elternbeitrag aber die Rückerstattungsverpflichtung und Grundpfandsicherung verlangt werden.
Gerne können Sie mir den Sachverhalt detaillierter schildern. Dann gebe ich Ihnen gerne genauere Auskunft.
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach