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Rückerstattung Sozialhilfe mit GmbH

Veröffentlicht:
09.08.2023
Kanton:
Bern
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag

Sachverhalt: Im Rahmen der periodischen Überprüfung der Rückerstattungspflicht haben wir die Steuerdaten von Klient Y (verheiratet) überprüft. Dabei stellten wir fest, dass ein Wertschriftenvermögen aus einer GmbH vorhanden ist. Das Gesamteinkommen des Ehepaars übersteigt den Grenzbetrag von CHF 53'820 sowie das Vermögen von CHF 40'000. In der Steuerveranlagung wird zudem ein hohes Vermögen aus der GmbH angegeben.

Frage: Muss das Vermögen aus der GmbH bei der Berechnung der Rückerstattungspflicht ebenfalls berücksichtigt werden?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Hilfe.

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Ich bedanke mich für Ihre Frage und beantworte diese gerne wie folgt:

Sie schreiben, dass Sie im Rahmen der periodischen Überprüfung der Rückerstattungspflicht die Steuerdaten von Klient Y überprüft hätten. Ich gehe deshalb davon aus, dass es sich um einen ehemaligen Klienten handelt und auch die Ehefrau unterstützt worden ist. Weiter schreiben Sie, dass ein Wertschriftenvermögen einer GmbH vorhanden sei. Ich gehe davon aus, dass es sich bei den Wertschriften um Stammanteile an einer GmbH handelt. Meine Antwort basiert auf diesen Annahmen.

Nach Art. 40 Abs. 1 SHG BE sind Personen, die wirtschaftliche Hilfe bezogen haben, zu deren Rückerstattung verpflichtet, sobald sich ihre wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verbessert haben. Nach Art. 11b SHV BE liegt eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse vor, wenn entweder das Einkommen über einem gewissen Bedarf liegt oder Vermögen angefallen ist (Art. 11b Abs. 2 und 3 SHV BE).

Die Gesellschafter einer GmbH (d.h. Personen, die Stammanteile an einer GmbH besitzen) müssen die Stammanteile versteuern (KMU-Portal Bund). Die Stammanteile stellen damit unverflüssigtes Vermögen dar (z.B. Sozialhilfehandbuch Basel-Stadt, Gesellschafter einer GmbH). Sie sind deshalb grundsätzlich als finanzielle Mittel zu berücksichtigen.

Es stellt sich nun aber die Frage, ob sie als Vermögensanfall oder als Einnahmen nach Art. 11b SHV BE gelten können. Können sie weder als Vermögensanfall noch als Einnahmen gelten, sind meiner Ansicht nach die Voraussetzungen für eine Rückerstattungspflicht nicht gegeben. Als Vermögensanfall i.S. von Art. 11b Abs. 3 SHV BE ist der Wert der Stammanteile meiner Ansicht nach zu berücksichtigen, wenn das Ehepaar das in die Stammanteile investierte Geld als Erbschaft, als Schenkung oder z.B. als Lottogewinn usw. erhalten hat. Ausdrücklich kein Vermögensanfall sind ausbezahlte Freizügigkeitsleistungen und Nachzahlungen von Sozialversicherungen (sie sind als Einnahmen anzurechnen; Handbuch BKSE). Hat das Ehepaar das Geld aus Einkommen angespart und damit Stammanteile an einer GmbH erworben, könnte man allenfalls dann von einem Vermögensanfall sprechen, wenn die Stammanteile mit in einer früheren Periode erzielten Einnahmen gekauft wurden. Wurden die Stammanteile mit laufenden Einnahmen gekauft, kann meiner Ansicht ihr Wert nicht als Vermögensanfall beurteilt und deshalb nicht zusätzlich zu den Einnahmen berücksichtigt werden. Als laufende Einnahmen sind meiner Ansicht nach die im aktuellen Monat erzielten Einnahmen zu werten. Ob als laufende Einnahmen z.B. auch Einnahmen der gesamten aktuellen Steuerperiode berücksichtigt werden müssen, ist für mich aufgrund der fehlenden klaren Grundlagen nicht abschliessend geklärt.

Rechtsprechung, die die Frage klar beantworten würde, habe ich leider ebenfalls nicht gefunden. Eine abschliessende Beurteilung Ihrer Frage ist mir deshalb nicht möglich.

Ich schlage deshalb vor, dass Sie in einem ersten Schritt klären, woher das Geld für den Erwerb der Stammanteile kommt. Allenfalls ist es unproblematisch, dieses als Vermögensanfall zu qualifizieren.

Handelt es sich um einen Vermögensanfalls würde ich raten zu überlegen, ob im Falle einer Rückforderung des Werts der Stammanteile die Gefahr entstehen würde, dass die GmbH aufgelöst werden müsste und damit die Einkommensquelle wegfällt. Kommen Sie zum Schluss, dass diese Gefahr besteht, könnte zur Vermeidung eines Rückfalls in die Sozialhilfe auf die Rückerstattung im Umfang des Werts der Stammanteile verzichtet werden.

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort helfen zu können. 

Freundliche Grüsse