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Rückerstattung Pflegplatzkosten + Einberechnung Geburtszulage

Veröffentlicht:
11.05.2023
Kanton:
Luzern
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag

Die Tochter unserer WSH-Klientin wurde in eine Pflegefamilie platziert. Die Platzierung läuft über die Fachstelle Kinderbetreuung, welche dem Sozialamt die Pflegplatzkosten in Rechnung stellt. Medizinische Kosten (Selbstbehalt) werden gemäss Leistungsabrechnungen auf dem Verwaltungskonto der Beistandschaft der Tochter überwiesen.

Für die Abrechnung der Kosten der Tochter wurde ein eigenes WSH-Dossier erstellt, worüber nun die Pflegplatz- , die medizinischen und weiter anfallende Kosten laufen.

Nun stellt sich uns die Frage, ob es sich bei den Pflegplatzkosten um rückerstattungspflichtige WSH der Mutter handelt oder ob diese nicht rückerstattungspflichtig sind, da sie die minderjährige Tochter betreffen.

Zudem haben wir uns gefragt, ob wir die Geburtszulage - welche üblicherweise für Anschaffungen nach der Geburt gedacht ist - als Einkommen beim WSH-Budget der Mutter einrechnen können/ dürfen.

Herzlichen Dank im Voraus für Ihre Rückmeldung und freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Ich bedanke mich für Ihre Fragen und beantworte diese gerne.

  1. Rückerstattungspflicht der Mutter

Ich verstehe den Sachverhalt so, dass die Mutter bedürftig ist und von der Sozialhilfe finanziell unterstützt wird. Ich führe betreffend Finanzierung von Kindesschutzmassnahmen aber dennoch die Grundsätze aus.

Die Kosten für die Kindesschutzmassnahme sind nach § 21 Abs. 1 der Verordnung über den Kindes- und Erwachsenenschutz des Kantons Luzern grundsätzlich von den Eltern zu bezahlen. Dies ergibt sich aus der in Art. 276 Abs. 2 ZGB festgehaltenen Pflicht der Eltern, für den gebührenden Unterhalt ihrer Kinder aufzukommen.

Ist die Mutter nicht selbst bedürftig und erhält keine Sozialhilfeleistungen, so ist sie nach Anhang 17 des Sozialhilfehandbuchs des Kantons Luzern zu kontaktieren. Es wird empfohlen, einvernehmlich einen Elternbeitrag nach SKOS-RL D.4.2 zu vereinbaren und diesen nach dem erweiterten SKOS-Budget zu berechnen. Dies gilt auch für den Vater.

Ist die Mutter ebenfalls bedürftig und wird von der Sozialhilfe finanziell unterstützt (so verstehe ich den Sachverhalt), ist sie finanziell nicht in der Lage, die Kosten für die Fremdplatzierung ihres Kindes zu bezahlen. Ich verstehe Ihre Frage so, dass Sie wissen möchten, ob in diesem Fall die Mutter diese Leistungen im Rahmen ihrer Rückerstattungspflicht von Sozialhilfeleistungen bei gegebener Voraussetzung zurückbezahlen muss.

Nach SKOS-RL E.2.5 erstreckt sich die Rückerstattungspflicht nur auf Familienangehörige, die zum Zeitpunkt der Unterstützung in der gleichen Unterstützungseinheit gelebt haben. Da das Kind fremplatziert ist und nicht mit der Mutter zusammen wohnt, bildet es nach SKOS-RL C.2 Eräuterungen lit. b keine Unterstützungseinheit mit der Mutter. Die sozialhilferechtliche Zuständigkeit bestimmt sich zudem gemäss Anhang 17 zum Sozialhilfehandbuch des Kantons Luzern nach § 16 Abs. 1 SHG i.V.m. Art. 7 ZUG. Ist ein minderjähriges Kind dauerhaft fremdplatziert, hat es gemäss Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG einen eigenen Unterstützungswohnsitz am letzten Unterstützungswohnsitz vor der Fremdplatzierung. Das Kind bildet dabei eine eigene Unterstützungseinheit.

Die Mutter kann damit vorliegend sozialhilferechtlich nicht verpflichtet werden, die Fremdplatzierungskosten für das Kind als Unterstützungsleistungen zurückzubezahlen.

  1. Geburtszulage

Der Kanton Luzern kennt die Geburtszulage (§ 5 des kantonalen Familienzulagengesetzes). Anspruchsberechtigt sind die Eltern für die Kinder (je nach Situation Mutter oder Vater; Art. 7 FamZG), wenn ein Kind geboren wird. Es findet sich kein Hinweis, dass der Anspruch erlischt, wenn das Kind nach der Geburt fremdplatziert wird.  

Daraus folgt, dass die Mutter nach FamZG aufgrund der Geburt eine Geburtszulage geltend machen kann und allenfalls ausbezahlt erhält, wenn alle Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind.

Im Sozialhilfehandbuch des Kantons Luzern ist in D.1.4 auf S. 55 festgehalten, dass Geburtszulagen bei der Bedarfsberechnung nicht als Einkommen anzurechnen seien. Sie seien bestimmt für Anschaffungen, welche im Zusammenhang mit der Geburt und Pflege des Neugeborenen notwendig werden.

Ich kann nicht abschliessend beurteilen, ob die Mutter keinerlei Ausgaben im Zusammenhang mit der Geburt hatte. Kann sie das Kind punktuell sehen und betreuen, wird sie Ausgaben haben. Dann rechtfertigt sich – unter der Voraussetzung, dass tatsächlich eine Geburtszulage ausbezahlt wird - die Anrechnung als Einnahmen nicht. Nur wenn sie tatsächlich keine Ausgaben hatte und nicht bereit ist, die Geburtszulage an die Beistandsbehörde für den Bedarf des Kindes zu überweisen, kann die Anrechnung der Geburtszulage als Einnahme der Mutter geprüft werden.

Ich hoffe, dass meine Antwort hilfreich ist.

Freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

 

Ich möchte gerne eine ergänzende Antwort geben, da ich der Meinung bin, dass es in gewissen Fällen stossend sein kann, wenn die Mutter vorliegend keine Unterstützungsleistungen des Kindes zurückbezahlen muss. Dies ist dann der Fall, wenn die Mutter z.B. nachträglich eine IV-Rente und für das Kind eine Kinderrente erhält, die Mutter die Rente aber nicht dem Kind zur Verfügung stellt.

Der Unterhaltspflichtige hat nach Art. 285a ZGB die Pflicht, nachträgliche Sozialversicherungsrenten an das Kind zu bezahlen. Tut er dies nicht, verletzt er seine gesetzlichen Pflichten. Um dies zu verhindern, könnte deshalb nach Art. 22 Abs. 2 ATSG die Abtretung der von der Sozialhilfe bevorschussten Kinderrente verlangt werden. Für die laufende Kinderrente könnte ein Drittauszahlungsgesuch nach Art. 20 ATSG gestellt werden.

Schliesslich könnte allenfalls die Rückerstattung von Nachzahlungen der Kinderrente gestützt auf § 38 Abs. 4 SHG LU geprüft werden. Dieser Absatz ist relativ offen formuliert. Er könnte so interpretiert werden, dass auch Unterhaltspflichtige zur Rückzahlung der Unterstützungsleistungen an ihr Kind, das nicht mit ihm in einer Unterstützungseinheit lebt, verpflichtet sind, wenn sie nachträglich Sozialversicherungsleistungen für das Kind erhalten. Ich habe dazu aber keine Rechtsprechung gefunden und kann deshalb nicht abschliessend beurteilen, ob dieses Vorgehen Aussicht auf Erfolgt hätte.

Freundliche Grüsse