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Rückerstattung Integrationsmassnahmen

Veröffentlicht:
29.08.2022
Kanton:
St. Gallen
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag

Laut SKOS E.2.1. und E.2.4. sowie Art. 18 Abs. 2 SHG müssen rechtmässig bezogene Unterstützungsleistungen rückerstattet werden, wenn eine ehemals unterstütze Person in günstige finanzielle Verhältnisse gelangt.  Ausgenommen von der Rückerstattung sind unter anderem Integrationsmassnahmen und damit verbundene Kosten. 

Diese Leistungen sind nicht von der Rückerstattungspflicht ausgenommen, wenn Sozialhilfe nachträglich mit bevorschussten Leistungen verrechnet werden. 

Gehe ich richtig in der Annahme, dass im Kanton St. Gallen grundsätzlich Kosten im Rahmen von Integrationsmassnahmen nicht rückerstattungspflichtig sind? Egal wie hoch der Betrag des Vermögensanfalls (z.B. Erbschaft, Lottogewinn) ist? Ausser es handelt sich bei der finanzielle Unterstützung um eine Vorleistung z.B. zu einer erst später realisierbaren Auszahlung einer Erbschaft oder einer Sozialversicherungsleistung, dann sind auch die Kosten der Integrationsmassnahmen rückerstattungspflichtig?

Wie wird das im Kanton St. Gallen gehandhabt?

Vielen Dank für die Bearbeitung meiner Anfrage.

Freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Gerne beantworte ich Ihre Anfrage. Bereits im St. Galler Sozialhilfegesetz (SHG / SG)findet sich eine Regelung zu Ihrer Frage, die für die Gemeinden verbindlich ist: Nach Art. 18 Abs. 2 SHG / SG erstreckt sich die Rückerstattung bei rechtmässigem Bezug nicht auf Kosten für die Teilnahme an Massnahmen zur beruflichen oder sozialen Integration nach Art. 12 SHG / SG (lit. a) und Kosten für die betreuende Sozialhilfe, insbesondere die sozialpädagogische Familienbegleitung (lit. b). 

Demnach sind von Gesetzes wegen nicht rückerstattungspflichtig Massnahmen zur beruflichen oder sozialen Integration im Sinne von Art. 12a SHG / SG, sofern es sich nicht um eine Rückerstattung bei unrechtmässigem Bezug handelt. Denn Art. 19 SHG / SG sieht bei unrechtmässigem Bezug eine ausnahmslose Rückerstattung vor.  

Bei rechtmässigem Bezug setzt Art. 18 Abs. 1 SHG / SG voraus, dass sich die finanzielle Lage der unterstützten Person gebessert hat und die Rückerstattung zumutbar ist. Dieser Wortlaut entspricht hinlänglich dem Vermögensanfall (Erbschaft etc.), aber auch verbesserten Einkommensverhältnissen (dazu KOS-Handbuch zu SKOS-RL E.2.1). Das heisst, bei einem Vermögensanfall oder höheres Einkommen sind die Gemeinden von Gesetzes wegen verpflichtet, die Kosten für Integrationsmassnahmen auszunehmen, wenn es zu einer Rückerstattung kommt. 

Nicht ganz klar ist meines Erachtens, ob dies auch für Bevorschussungsfälle gilt. Das Gesetz nennt diesbezüglich keinen expliziten Rückerstattungsgrund, ausser das Recht der Gemeinden im Bevorschussungsfall solche Nachzahlungen direkt sich auszahlen zu lassen (Art.  13 SHG / SG). Insoweit muss Art. 18 SHG / SG auch für die Rückerstattung bevorschusster Leistungen gelten, andernfalls es an einer gesetzlichen Grundlage für die Rückerstattung in solchen Fällen fehlen würde. Dem Handbuch der KOS(St. Gallischen Konferenz für Sozialhilfe) zum Thema rückerstattungspflichtige Leistungen kann nichts Besonderes entnommen. Das KOS-Handbuch ist seit 2020 in die Struktur der SKOS-RL eingebettet. Es ergänzt die SKOS-RL oder benennt Abweichungen (KOS-Handbuch zu SKOS-RL A.1). In Bezug auf die Frage, ob die von Ihnen erwähnte Bestimmung SKOS-RL E.2.4 Abs. 3in Bevorschussungsfällen zur Anwendung gelangt, sagt es nichts (KOS-Handbuch zu E.2.4 Abs. 3). Das könnte so interpretiert werden, dass Abs. 3 von E.2.4 in Bevorschussungsfällen in der St. Galler Praxis zur Anwendung gelangt somit in diesen Fällen Kosten für Integrationsmassnahmen zurückzuerstatten sind. Aus meiner Sicht könnte diese Praxis aber mit Art. 18 Abs. 2 SHG / SG kollidieren. 

Zusammengefasst ist es in Bezug auf den Rückerstattungsgrund „verbesserte finanzielle Verhältnisse“, wozu die Erbschaft, Lotogewinn etc. zählt, gesetzlich vorgeschrieben, dass Kosten für Integrationsmassnahmen nicht zurückgefordert werden dürfen. In Bezug auf Bevorschussungsfälle scheint mir die Rechtslage unklar zu sein. Falls Sie wünschen, könnte ich dieser Frage noch etwas nachgehen.  

Ich hoffe, Ihnen damit Ihre Frage weitgehend beantwortet zu haben.

Freundliche Grüsse

Ruth Schnyder