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Reparaturkosten eines IV finanzierten Treppenlifts

Veröffentlicht:
04.05.2020
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Grüezi

Ein privater Beistand stellt folgende Frage: Seinem inzwischen volljährigen Sohn wurde, als er noch unter 18 Jahre alt war, von der IV ein Treppenlift finanziert (Investition ca. Fr. 20'000). Es wurde auch ein Wartungvertrag abgeschlossen, dieser wurde und wird nach wie vor von der IV bezahlt. Der Sohn ist in einer Tagesbeschäftigung in einer Institution und kehrt täglich heim.

Nun steht eine grössere Reparatur des Treppenlifts an (Kostenvoranschlag). Die IV lehnt die Zahlung ab. Die finanziellen Mögichkeiten des verbeiständeten Sohnes lassen keinen Spielraum, um die Reparatur selbser zu finanzieren.

Was gibt es für Möglichkeiten?

Vielen Dank für eine Antwort.

Beste Grüsse R. Schlotterbeck, PriMa Fachstelle

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrte Frau Schlotterbeck. 

1) Damit diese Frage präzise beantworten werden kann müssen die Fallakten genau analysiert werden.

In der Sache ist der Gesundheitszustand des Jugendlichen entscheidend. Zudem die Frage, wozu der Treppenlift, bzw. nun die Reparatur notwendig ist und unter welchem Titel er finanziert wurde.

2) Hier die rechtlichen Grundlagen zur Finanzierung der IV von solchen Leistungen:

a) Grundsätzlich gilt gemäss Art. 21ff. IVG und Ziff. 13.05 bzw. 14.05 der Hilfsmittelverordnung sowie dem Kreisschreiben über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (KHMI), Stand 1.1.2020 für Treppenlifte Folgendes: 

Sie können aus zweierlei Gründen finanziert werden, wobei die Abgabe immer leihweise erfolgt. Einerseits zur Ermöglichung des Bewältigens des Weges zur Arbeit, Ausbildung oder Beschulung (vgl. Ziff. 13.05 HVI). Andererseits zur Selbstsorge für die Ermöglichung des Verlassens der Wohnstätte als Ersatz für Treppensteighilfen oder Rampen (Ziff. 14.05 HVI).

aa) Wurde der Treppenlift finanziert zur Ermöglichung des selbständigen Bewältigens des Weges zur Arbeits-, Ausbildungs- oder Schulungsstätte gilt Folgendes.

Soweit es um die Ermöglichung der Erwerbstätigkeit geht, genügt praxisgemäss ein jährlicher Verdienst von 4702 im Jahr, und dass das Arbeitsverhältnis nicht bloss vorübergehend besteht.  Haushaltführende haben Anspruch auf die Finanzierung von Treppenliften Allerdings muss dort gemäss der Praxis die Arbeitsfähigkeit im Bereich des Haushalts und der Kinderbetreuung durch das Hilfsmittel erheblich (in der Regel um mindestens 10%) gesteigert werden (vgl. BGer-Urteil 8C_803/2013 vom 30.7.2014; Rz. 2149 KHMI, Stand 1.1.2020)). Bzgl. der Ermöglichung der Beschulung ist notwendig, dass diese noch anhält.

Bei Reparaturen gilt gemäss Art. 7 HVI (HIlfsmittelverordnung), dass diese Kosten bei solchen Treppenliftenzu übernehmen sind, wenn die Reparatur trotz sorgfältigem Gebrauch notwendig wird und soweit nicht jemand Drittes ersatzpflichtig ist (Haftpflicht etc.). Es kann auch eine Kostenbeteiligung verlangt werden.

b) Wurde der Treppenlift aber finanziert im Rahmen von Ziff. 14.05 HVI, zur Ermöglichung der Selbständigkeit, an der Stelle von Treppensteighilfen oder Rampen, so gilt gemäss ausdrücklicher Norm in der HVI, dass für den Einbau höchstens CHF 8000 gewährt werden. Und dass kein Anspruch auf Vergütung von Reparaturkosten besteht. Die Rechtsprechung hat diese Praxis bislang geschützt.

Eventuell geht es im casu um diesen unter b) genannten Fall.

3) Es ist auf jeden Fall ratsam, hier Beratung bei Pro Infirmis oder einer anderen Behindertenberatungsstelle in Anspruch zu nehmen. Diese kennen auch weitere Quellen für eine allfällige Finanzierung, falls der Treppenlift und die Reparatur weiterhin notwendig sind.  (Fonds etc.) Und können die IV-Verfügung bzw. den Vorbescheid genauer analysieren.

Ich hoffe, das dient Ihnen.

Prof. Peter Mösch Payot

Sehr geehter Herr Mösch

Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort.

Ich habe die Verfügung der Ausgleichskasse vom 22.04.2020, worin das Leistungsbegehren abgeleht wird nach Erstentscheid erneut abgewiesen wird.

Es wir angegeben, dass im Jahr 2004 ein Treppenlift samt Serviceabo hat abgegeben/finanziert werden können, nach 13.05 HVI (Überwindung des Weges zur Schulungsstätte).

Heute aber ist der Klient (schwere HiLo) im BSZ in einer Tagesstruktur - 4 Tage die Woche und erhält dort nur ein Taschengeld. Somit argumentiert die Ausgleichskasse, dass keine Übernahme der Kosten mehr möglich sei, weil keine Ausübung der Erwerbstätigkeit (Taschengeld ist unter Fr. 4702/Jahr, keine Tätigkeit im Aufgabenbereich (weiss nicht was hier gemeint ist) und keine Schulung/Ausbildung vorliegt. Somit wird der Antrag auf Reparaturkostenersatz abgewiesen, ebenfalls werden zukünftig keine Servicekosten (485.00/Jahr) übernommen. Auf eine Rückforderung der bereits vergüteten Kosten wird aber verzichtet.

Wortlaut aufgrund des Einwandes (des Beistandes/Vater) bei der AK: "Die Voraussetzungen gem. KHMI Rz. 1019 sind somit nicht erfüllt. M.C: (der Klient) erreicht das Einkommen von Fr. 4702.00 nicht."

Trotz der Einsprache des Beistandes, dass er zu Hause in die Wohnräume des oberen Stockwerkes kommen müsse und sich nicht nur im Wohnzimmer im EG aufhalten könne, wird am Erstentscheid der Ausgleichskasse festgehalten.

Der Beistand hält dies für unakzeptabel und für einen Skandal.

Sehen Sie Möglichkeiten, dagegen vorzugehen (auf rechtlichem Weg) oder ist Ihre Einschätzung, dass man einfach andere Wege zur Finanzierung suchen soll (Pro Infirmis)?

Vielen Dank nochmals,

beste Grüsse, Renate Schlotterbeck

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrte Frau Schlotterbeck

Da es hier um einen Treppenlift nach HVI 13.05 geht, und soweit die entsprechenden Voraussetzungen tatsächlich nicht mehr bestehen (Lift ist notwendig für eine genügende Erwerbstätigkeit, Schulung, Aufgabenbereich (das bedeutet Haushalt führen für andere; vgl Art. 27 IVV), sehe ich keine Chance zur Anfechtung mit dem Argument, ein Lift sei weiterhin als HIlfsmittel nach HVI 13.05 notwendig.  Dieser Grund für das HIlfsmittel besteht aber hier wohl tatsächlich nicht mehr

Wenn ich die Argumentation des Beistandes richtig verstehe, will er den Treppenlift repariert haben, damit eine gewisse Selbständigkeit besteht für das sich Bewegen im Haus. Das wäre die Argumentation für ein entsprechendes Hilfsmittel nach HVI 14.05. Insoweit ist aber ein Treppenlift nicht immer notwendig, sondern ev. bestehen Ansprüche auf ein anderes Hilfsmittel wie Treppenhilfen (vgl. etwa Bundesgerichtsurteil 9C_573/2016  vom 20.2.2017 und Bundesgerichtsurteil I 246/06 vom 13.4.2007). Zudem besteht insoweit kein Reparaturanspruch, wenn bereits ein Treppenlift mit Finanzierung der IV eingebaut wurde.

Welche Hilfen hier wie verlangt werden können zur Ermglichung der Selbständigkeit im Haus müsste mit einer weiter vertieften Analyse des Sachverhalts geprüft werden. Ich rate also dazu, hier tatsächlich unverzüglich die Unterstützung der Pro Infirmis und ihres Rechtsdienstes in Anspruch zu nehmen, um zu prüfen, ob doch mittels einer Beschwerde (mit neuer Argumentation) ans Gericht das Ziel weiter verfolgt wird. Nach meiner Einschätzung ist es eher ratsam, hier einen neuen Antrag auf ein Hilfsmittel nach HVI 14.05 und weitere finanzielle HIlfe seitens Pro Infirmis zu prüfen, um das Ziel zu erreichen.

Ich hoffe, diese Ergänzungen dienen Ihnen.

Prof. Peter Mösch Payot