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Rentenanspruchsbeginn IV

Veröffentlicht:
23.06.2021
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Geschätzter Peter

Eine Klientin (Jahrgang 1999)  hat sich per Jan. 2017 bei der IV für Leistungen angemeldet. Ab März 2018 folgten Integrationsmassnahmen in Form von Belastbarkeitstrainings und Aufbautrainings mit entsprechenden Taggeldleistungen bis Dez. 2018. Danach fanden medizinische Begutachtungen statt gefolgt von weiteren Belastbarkeits- und Aufbautrainings ab September 20 bis März 21.

Der RAD kam nach allen Abklärungen und Berichten zum Schluss, dass die Versicherte nicht über ein Pensum von 40% hinauskommt un somit seit Anmeldebeginn eine funktionelle Einschränkung in der angestammten und auch in leidensangepassten Tätigkeit hat. Sie arbeitet seither (Mitte März 21) im geschützten Bereich. Der Einkommensvergleich ergab einen Invaliditätsgrad von 89%, das wurde ihr soeben mittels Vorbescheid mitgeteilt. Mich irritiert der Rentenbeginn ab 01.03.2021. Ich hakte bei der IV nach und erhielt die Antwort: Von der Anmeldung bis zum Rentenentscheid hat die Versicherte jeweils Berufliche Massnahmen inkl. Taggeld bezogen. Der Rentenbeginn ist immer der Monat in dem Abbruch / oder Abschluss der Beruflichen Massnahmen erfolgte.

Auf meine Rückfrage auf welcher gesetzlichen Grundlage das basiere, habe ich keine Antwort mehr erhalten. 

Gemäss Art. 29 Abs. 3 IVG wird die Rente vom Beginn an ausbezahlt, in dem  Rentenanspruch entsteht. Der Rentenanspruch ist in Art. Art. 28 IVG geregelt. Sie erfüllt diese Voraussetzungen und begründet demnach nach Ablauf der 6 Monaten (ihre IV Anmeldung ist rechtzeitig eingetroffen) einen Rentenanspruch. 

Mir ist schon klar, dass kein Rentenanspruch besteht, solange die Versicherte Taggelder hat. Sie bezog jedoch nicht durchgehend Taggelder. Im Januar 2019 bis im September 2020 hatte sie keine Taggeldleistungen.  Müsste hier nicht eine rückwirkende Rentenzahlung mit entsprechender Verrechnung der vergüteten Taggelder stattfinden?

Stimmt die Aussage der IV ? Wird das bei jungen Erwachsenen anders gehandhabt als bei Erwachsenen? 

 

Besten Dank im Voraus.

Herzlicher Gruss
Seline

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Liebe S.

 

a) Neben den materiellen Voraussetzungen der gesundheitlich bedingten Erwerbseinbusse entsteht Anspruch auf eine IV-Rente t gemäss Art. 29 Abs. 1 bis 3 IVG

- frühestens nach 12 Monaten ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit

- frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Artikel 29 Absatz 1 ATSG,

- frühestens im Monat, der auf die Vollendung des 18. Altersjahres folgt.

 

Nach Art. 29 Abs. 2 IVG gilt weiter, dass der Anspruch nicht entsteht, solange die versicherte Person ein IV- Taggeld beanspruchen kann, bzw. solange sie sich Eingliederungsmassnahmen unterzieht (AHI-Praxis 2001 S. 152; siehe auch Rz. 2026 KSIH (Kreisschreiben über Invalidität und Hilflosigkeit)).

 

Die Rente wird dabei vom Beginn des Monats an ausbezahlt, in dem der Rentenanspruch entsteht.

 

b) Vor diesem Hintergrund scheint klar: Wenn aufgrund der Akten medizinisch ausgewiesen ist, dass in einem Fall die entsprechende Erwerbsunfähigkeit schon vor allfälligen weiteren (gescheiterten) Eingliederungsversuchen bestand, ohne dass in jenen Phasen ein Taggeld oder ein Wartetaggeld gewährt wurde, so muss auch für diese Zeit eine Rente gewährt werden.

 

Vor diesem Hintergrund ist der hier vorliegende Vorbescheid mit einem Einwand zu versehen. Für die genannte Zeit zwischen den Integrationsmassnahmen, während der keine Taggelder gewährt wurden, ist rückwirkend eine Rente zu gewähren.

 

Ich hoffe, das dient Dir.

 

Peter Mösch Payot