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Religion im Arbeitssetting

Veröffentlicht:
25.10.2021
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Guten Tag

Letzte Woche hatten wir im Rahmen der betrieblichen Sozialarbeit eine Fallbesprechung bei der es um Religion am Arbeitsplatz ging:

Im Verkauf wurde ein Mitarbeiter, ein gläubiger Muslime, in einem Verkaufszelt eingesetzt, wo auch Buddhistische Statuen aufgestellt waren. Der Mitarbeiter verweigerte den Einsatz, mit der Begründung, dass seine Religion ihm dies nicht erlaube.

Gibt es diesbezüglich eine rechtlich korrektes Vorgehen seitens Arbeitgeber?

Wo bestehen hier die Grenzen der Grundrechte (Religionsfreiheit) vs. Arbeitnehmerpflichten?

Besten Dank für Ihre Rückmeldung.

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Guten Tag

Vielen Dank für ihre spannende Anfrage, die ich wie folgt beantworte:

Die Grundrechte finden in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen nur indirekt Anwendung. Das Eingangstor für die Grundrechte bilden dabei die Artikel 328 OR (Schutz der Persönlichkeit des Arbeitnehmers) und Art. 336 Abs. 1 lit. b OR (Missbräuchlichkeit einer Kündigung wegen Ausübung verfassungsmässiger Rechte soweit kein Rechtfertigungsgrund vorliegt).

Nun zu Ihrem Fall: Ich gehe davon aus, dass der Einsatz in einem Verkaufszelt für den fraglichen Mitarbeiter zum Pflichtenheft gehört. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die vertraglich vereinbarte und von der Arbeitgeberin konkret geforderte Arbeitsleistung zu erbringen. Weitert sich der Arbeitnehmer, kann die Arbeitgeberin mit der Einstellung der Lohnzahlung und auch mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses reagieren. Allerdings ist die Arbeitgeberin gestützt auf Art. 338 OR verpflichtet, im Rahmen des betrieblich Möglichen auf die Befindlichkeiten des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Konkret bedeudet dies, dass die Arbeitgeberin prüfen muss, ob für den fraglichen Arbeitnehmer eine für beide Seiten akzpetable Alternativarbeit gefunden werden kann oder ob bsw. der Aufenthalt in fraglichem Zelt auf ein Minimum reduziert werden kann. Dabei ist auch zu berücksichtigen, wie stark ein Eingriff in das religiöse Empfinden in einem Fall wie dem vorliegenden zu gewichten ist. Prima vista ist der zeitlich beschränkte Aufenthalt an einem Ort, an dem auch buddistische Symbole vorhanden sind, ein eher leichter Eingriff, entsprechend kann hier vom Mitarbeiterin einiges an Flexiblität erwartet werden.

Zu beachten ist auch, dass eine allfällige Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Verweigerung der Arbeitsleistung auch Konsequenzen in der Arbeitslosenversicherung hätte. Es wäre durchaus denkbar, dass hier ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers vorliegen würde und dies hätte Einstelltage zur Folge.

Zur ganzen Thematik siehe auch: https://edoc.unibas.ch/76150/  (Auf Anfrage kann ich Ihnen den Beitrag zur Verfügung stellen).

Genügen Ihnen diese Auskünfte? Mit freundlichen Grüssen - Kurt Pärli

Sehr geehrter Herr Pärli

Besten Dank für Ihre Antwort und Ihre Erläuterung, die Auskunft hilft mir aufjedenfall weiter.

Den Beitrag würde mich sehr interessieren, Sie dürfen mir diesen gerne zur Verfügung stellen.

Freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Guten Tag

Gerne lasse ich Ihnen den Beitrag zukommen, ich benötige dafür allerdings ihre e-Mail-Adresse, schicken Sie mir diese an kurt.paerli@unibas.ch.

P.S Hier noch ein paar Hinweise auf Entscheide des Europäsichen Gerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte:

EuGH C-804/18 und C-341/19 - IX vs. WABE und MH Müller Handels GmbH vs. MJ, No. C-804/18 (EuGH 15. Juli 2021).

EuGH C-188/15 - Samira Achbita vs. G4S Secure Solutions NV, No. C-188/15 (EuGH 14. März 2017).

EGMR, KURTULMUŞ v. TURKEY ,  24. Januar 2006).

 

Anhängend erhalten Sie überdies ein spannendes Urteil aus der Schweiz.

 

Mit freundlichen Grüssen

KUrt Pärli

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