Ein Klient, 40 Jahre alt, Status B – Sozialhilfe, besucht eine Sprachschule für 3 Stunden am Morgen. 5 Tage pro Woche.
Muss das Sozialamt das ZVV-Monatsabo von Fr. 125.00 vollumfänglich bezahlen oder wird dem Klient den Lokaltarif abgezogen (6,1% für Verkehrsauslagen im SKOS-Warenkorb)? IZU gibt es ja auch noch.
Seine Kinder – 2 Jungs im Alter von 9 und 12 Jahren – spielen in einem Fussballclub. Muss das Sozialamt das ZVV-Monatsabo vollumfänglich bezahlen oder wird dem Vater den Lokaltarif abgezogen? Die Kinder gehen noch ins Winterskilager (Bekleidung, Ski u.a.), Sommerlager, Sommerpass (Ferien) usw. muss auch alles vom Sozialamt bezahlt werden?
Frage beantwortet am
Melanie Studer
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Besten Dank für Ihre Fragen.
Es geht bei beiden Fragen – 1. Übernahme von Kosten für öV bei Sprachkurs; 2. Übernahme Kosten für Freizeitaktivitäten – um Situationsbedingte Leistungen, also um die Übernahme von Kosten, die nicht zur materiellen Grundsicherung gehören, aber im Sinne eines sozialen Existenzminimums, das auch die Teilhabe am sozialen Leben beinhaltet, dennoch anfallen (können). Im Kanton Zürich richtet sich die Ausrichtung von Situationsbedingen Leitungen nach den SKOS-Richtlinien, insbesondere Kapitel C.6 (keine abweichenden Bestimmungen im Sozialhilfegesetz und der Sozialhilfeverordnung des Kantons Zürichs, vgl. § 15 SHG und § 17 SHV). Im Sozialhilfehandbuch des Kantons Zürich finden sich weiterführende Hinweise.
Konkret zur ersten Frage: Die Auslagen für den öV, die für den Besuch des Sprachkurses anfallen, sind grundsätzlich zu übernehmen und zwar zusätzlich zur IZU – mit der IZU wird ja ein Anreiz für die Integrationsleistung an sich gesetzt, aber nicht die Kosten, die damit verbunden sind, abgegolten. Eine Verrechnung mit der IZU wäre daher nicht zulässig (vgl. Kapitel 8.1.06, Ziffer 3 im Sozialhilfehandbuch). Es stimmt allerding, dass die Ausgaben für den öffentlichen Nahverkehr grundsätzlich im Grundbedarf für den Lebensunterhalt enthalten sind. Dementsprechend können Sie den Lokaltarif von den Kosten für das ZVV-Monatsabo abziehen. Das Handbuch erläutert dies im Kapitel 8.1.07. Dort wird unter Ziffer 1 festgehalten: «Im Grundbedarf für den Lebensunterhalt sind unter anderem die Kosten für den öffentlichen Nahverkehr (inkl. Halbtaxabonnement) enthalten (vgl. Kapitel 7.1.01). Als situationsbedingte Leistung kommen daher nur Auslagen für den öffentlichen Verkehr infrage, welche zusätzlich zu dem im Grundbedarf enthaltenen Betrag anfallen. Die Sozialbehörde hat somit festzulegen, bis zu welchem Betrag lokale Verkehrsabonnemente durch den Grundbedarf für den Lebensunterhalt abgedeckt sind. Übersteigen die im konkreten Fall notwendigerweise anfallenden Verkehrsauslagen diesen Betrag, ist die Differenz als situationsbedingte Leistung ins Unterstützungsbudget aufzunehmen.»
Zur zweiten Frage: Gemäss § 15 Abs. 3 des Sozialhilfegesetzes des Kantons Zürich ist Kinder und Jugendlichen eine ihren Bedürfnissen angepasste Pflege und Erziehung sowie eine ihren Fähigkeiten entsprechende persönliche Förderung und Ausbildung zu ermöglichen. Dies wurde vom Zürcher Verwaltungsgericht auch bereits zum Anlass genommen, um festzuhalten, dass die Sozialhilfe Kosten für Ferienlager übernehmen soll (vgl. Urteil des Verwaltungsgericht Zürich v. 16.08.2006, VB.2006.00146, siehe auch Handbuch Kapitel 8.1.13). Grundsätzlich steht jedoch der Sozialbehörde hier ein gewisseer Ermessensspielraum zu: es ist beurteilen, ob die Übernahme (sämtlicher) Kosten für das Kindswohl und die soziale Integration der Kinder angezeigt ist. Wird dies bejaht, spricht dies für die Übernahme der Kosten. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass Kinder und Jugendliche besonders geschützt sind und ihnen die Situationsbesdingten Leistungen rechtsgleich und diskriminierungsfrei zu gewähren sind. Eine Soziale Ausgrenzung ist auf jeden Fall zu verhindern (vgl. Wizent Guido, Sozialhilferecht, 2023, N 905).
Im vorliegenden Fall könnte ich mir vorstellen, dass die Integration der Kinder von den erwähnten Aktivitäten stark profitiert und es somit angezeigt ist, zumindest einen Teil der Kosten der Aktivitäten zu übernehmen. Ein Ablehnen aller Kosten wäre m.E. nicht zu begründen und gerade das Ausüben eines regelmässigen Hobbys (hier Fussballtraining) ist zu ermöglichen. Mitgliederbeiträge für Sportvereine gelten grundsätzlich als anerkannte, zu übernehmende Kosten (Wizent, a.a.O., N 533). Allenfalls kann auch unter Einbezug der Kinder geklärt werden, welche weiteren Aktivitäten für sie besonders zentral sind. Nicht zu vergessen ist, dass mit dem Sommerpass respektive den Ferienlagern auch eine Betreuung der Kinder während der Schulferien sichergestellt ist und – je nach Situation – somit auch anderweitige Kosten für die Kinderbetreuung in der Ferienzeit nicht anfallen.
Ebenfalls ist es natürlich möglich, Stiftungen anzufragen, ob sie sich an den Kosten für die Freizeitaktivitäten beteiligen. Es gibt diverse Stiftungen, die grundsätzlich für diesen Zweck Gelder sprechen – gerade auch für adäquate Winterkleidung. Die Familie wäre beim Einreichen dieser Finanzierungsgesuche an Stiftungen zu unterstützen, respektive könnte der Sozialdienst diese Gesuche für die Familie stellen.
Ich hoffe, das hilft Ihnen bei der weiteren Unterstützung der Familie weiter.
Beste Grüsse