Situation:
Herr A. geb. 19xx, geschieden, Sozialhilfebezüger
Begleitbeistandschaft xx.xx.15 – xx.xx.17 auf Wunsch des Klienten zum Erledigen der Administration
Vertretungsbeistandschaft xx.xx.18 – xx.xx.19,
Herr A. akzeptiert die Vertretungsbeistandschaft nicht, verweigert die Zusammenarbeit mit den Beiständen. Er reagiert nicht auf Schreiben von Behörden und nur vereinzelt auf Schreiben seiner Beistände.
Vertretungsbeistandschaft xx.xx.19 – heute
Ein neuer Beistand, welcher per 24.06.2019 eingesetzt wurde, konnte mit Herrn A. Kontakt aufnehmen. Herr A. ist bereit sich mit Beistand zu treffen. Er verweigert aber jede Zusammenarbeit, da er zuerst sein Fahrzeug zurückhaben will. Er ist der Auffassung, dass das Fahrzeug immer noch ihm gehört. Die Gemeinde habe kein Recht darauf sein Fahrzeug zu verkaufen, sie könne höchstens die Kosten für das Abschleppen und die aufgelaufenen Parkgebühren geltend machen.
Fall:
Herr A. war im Besitz eines blauen Toyota Landcruisers, welchen er monatelang auf einem gemeindeeigenen Parkplatz abgestellt hatte.
· Der Burgerrat der Gemeinde (Besitzer des Parkplatzes) hat ihn mehrere Male schriftlich aufgefordert das Fahrzeug wegzustellen. Herr A. hat nicht auf diese Schreiben reagiert.
· Verschiedene Einschreiben mit dem Hinweis auf die Vermutung, dass er bei Nichtbefolgen der Aufforderung auf sein Fahrzeug verzichtet und die Gemeinde darüber verfügen kann (Art. 729 ZGB, Gesetzliche Vermutung) konnten nicht zugestellt werden.
Die Aufforderungen wurden ebenfalls an die zuständige Beiständin gesandt. Herr A. hat Beiständin mitgeteilt, dass er das Fahrzeug wegstellen werde. Leider hat er die ihm gesetzte «allerletzte Frist» nicht genutzt.
· Das Fahrzeug wurde nach der gesetzten Frist xx.xx.18 vom Parkplatz entfernt und vom Burgerrat an einen Autohändler verkauft. Der Burgerrat möchte die Telefonnummer/ Kontaktdaten von Autohändler nicht an Beistand weitergeben. Der Burgerrat habe selber beim Händler nachgefragt und das Auto sei nicht mehr verfügbar. Beistand möchte dennoch mit Händler Kontakt aufnehmen, um den Verkauf des Autos ausfindig zu machen.
Fragestellung:
Wie ist die Rechtslage?
1) Darf der Besitzer des Parkplatzes das Fahrzeug verkaufen?
2) Hat Herr A. die Möglichkeit den Anspruch auf sein Fahrzeug oder eine Entschädigung geltend zu machen?
3) Ist es korrekt, dass der Burgerrat dem Beistand die Weitergabe der Kontaktinformationen des Autohändlers verweigern darf?
Frage beantwortet am
Karin Anderer
Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz
Sehr geehrter Herr Truffer
Die Frage kann hier leider nicht beantwortet werden, es benötigt detaillierte Sachverhaltskenntnisse und konkrete Angaben über die Beistandschaft.
Folgende Hinweise kann ich Ihnen geben.
Die Rechtsgrundlagen, auf welche sich das Einziehen und der Verkauf des Autos beziehen, müssen in den diversen Schreiben der Burgergemeinde ersichtlich sein. Der Beistand hätte die Möglichkeit und wohl auch die Pflicht gehabt, bei der Burgergemeinde nach den Rechtsgrundlagen und dem Verfahrensablauf nachzufragen, wenn das aus den Schreiben nicht klar hervorging.
Ob die Burgergemeinde gestützt auf Art. 729 ZGB von einem absoluten Eigentumsverlust ausgehen durfte, was hinsichtlich der Rechtsaufgabe Handlungsfähigkeit (und somit auch Urteilsfähigkeit) beim Autobesitzer erfordert, oder ob hier ein Vorgehen nach Strassenverkehrsgesetz (SVG) oder dem kommunalen Polizeireglement hätte gewählt werden müssen, muss anhand der gesetzlichen Grundlagen ermittelt werden. Das Departement für Verkehr, Bau und Umwelt, Dienststelle für Umweltschutz des Kantons Wallis hat eine Vollzugshilfe „Beseitigung widerrechtlich abgestellter Fahrzeuge“ publiziert vgl. <https://www.vs.ch/documents/19415/210815/Vollzugshilfe+zur+Beseitigung+widerrechtlich+abgestellter+Fahrzeuge.pdf/e835c876-8880-4e66-95ab-74512c470851?t=1496049348299>.
Anzuschauen ist auch, warum der Beistand auf die diversen Schreiben der Burgergemeinde nicht reagiert hat. Der Klient scheint nicht einsichtig zu sein und verweigert jegliche Mitwirkung. Liegt darin seine Schutzbedürftigkeit? Hätte der Beistand hier anstelle des Klienten handeln, oder bei fehlender Kompetenz, sich bei der KESB den Auftrag erweitern lassen müssen? Oder nahm er es bewusst in Kauf, das der (urteilsfähige) Klient „reinrasselt“?
Ich hoffe, dass die Angaben trotzdem nützlich sind und grüsse Sie freundlich.
Luzern, 8.5.2020
Karin Anderer