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Räumung von Lagerräumen

Veröffentlicht:
18.07.2023
Kanton:
Uri
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Kindes- und Erwachsenenschutz

Guten Tag

Ich betreue im Rahmen einer Vertretungsbeistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung nach Art. 394 i.V.m Art.395 ZGB eine pensionierte Frau. Die Handlungsfähigkeit wurde in Bezug auf das Betriebskonto der Berufsbeistandschaft eingeschränkt.

Meine Aufträge:

- vordringlich für eine geeignete Wohnsituation und Unterkunft besorgt zu sein und sie bei allen in diesem Zusammenhanb erforderlichen Handlungen soweit nötig zu vertreten;

- beim Erledigen der administrativen Angelegenheiten zu vertreten, insbesondere auch im Verkehr mit Behörden, Ämtern, Banken, Post, Versicherungen, sonstigen Institutionen und Privatpersonen;

- das gesamte Vermögen und Einkommen sorgfältig zu verwalten;

- die finanzielle Situation zu regeln und den Lebensunterhalt sicher zu stellen;

- Ansprüche aus Versicherungen, insbesondere aus Sozialversicherungen geltend zu machen und dabei zu vertreten;

- für das gesundheitliche Wohl sowie für eine hinreichende medinizsche Betreuung zu sorgen, sie bei allen dafür erforderlichen Vorkehrungen zu unterstützen und sowei nötig zu vertreten;

 

Meine Klientin musste aufgrund ihrer Gesundheit in ein Alters- und Pflegeheim eintreten. Vor dem Eintritt wurde ihr bereits die Wohnung gekündigt und ich als Beiständin kündigte einen gemieteten Lagerraum (hierfür habe ich bei der KESB den Antrag für die Räumung gestellt (Art. 416 ZGB Liquidation des Haushalts und Art. 417 für den Lagerraum). Beides wurde von der KESB genehmigt.

 

Vor ca. 2 Wochen erfuhr ich, dass sie noch einen weiteren Lagerraum innerkantonal gemietet hat, welcher per Ende August 2023 gekündet wurde und einen weiteren Lagerraum ausserkantonal gemietet hat, welcher ebenfalls per Ende August 2023 gekündet wurde. Die Lagerräume sind vollgestellt. Der eine Raum diente als "Geschäft", wo Ware verkauft wurde. Dies wurde jedoch nirgends gemeldet.

Meine Klientin bezieht eine AHV Rente und EL, weshalb diese Lagerräume seit Mandatsaufnahme (März 2023) nicht mehr finanziert werden können.

Fragen:

Für mich stellt sich nun die Frage, ob ich als Beiständin die Pflicht habe, die Räumung dieser Lagerräume in die Wege zu leiten? (Kündigung liegt mir vor)

Muss ich dies zu meiner Absicherung bei der KESB zustimmen lassen, nach Art. 417 ZGB?

Oder kann ich zuwarten, bis die Vermieter eine Zwangsräumung in die Wege leiten?

Meine Klientin ist nicht kooperativ und verweigert alle meine Handlungen. Sie unternimmt aber auch nichts und ist auch nicht dazu in der Lage. 

Freundliche Grüsse
 

Frage beantwortet am

Karin Anderer

Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz

Grüezi

Bemerkung: «Die Handlungsfähigkeit wurde in Bezug auf das Betriebskonto der Berufsbeistandschaft eingeschränkt» ist eine missverständliche Formulierung. Entweder wurde der Klientin der Zugriff auf das Betriebskonto nach Art. 395 Abs. 3 ZGB entzogen, was aber zu keiner Beschränkung der Handlungsfähigkeit führt, oder es wurde ihr, nach Art. 394 Abs. 2 ZGB, die Handlungsfähigkeit hinsichtlich der Verwaltung ihres Einkommens und Vermögens (allenfalls konkret bezeichnet) eingeschränkt.

Die Kündigung und Räumung von Lagern fällt nicht unter Art. 416 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB, da es sich nicht um Haushaltsliquidationen handelt (BSK ZGB I-Vogel, Art. 416/417 ZGB N 15). Aber die Veräusserung der Gegenstände (Vermögenswerte) dürfte unter die Zustimmung nach Art. 416 Abs. 1 Ziff. 5 ZGB fallen; Abgrenzungskriterium ist die ordentliche Verwaltung und Bewirtschaftung. Ich empfehle Ihnen, bei einer Lagerliquidation die Zustimmung zu beantragen.

Beistandspersonen können, nach Art. 417 ZGB, der KESB vorschlagen oder sogar beantragen, ein Geschäft von grosser Tragweite dem Zustimmungserfordernis zu unterstellen Die KESB hat darüber zu entscheiden, ob ihr Mitwirken notwendig ist. (BSK ZGB I-Vogel, Art. 416/417 ZGB N 42; ESR Komm-Langenegger, Art. 417 ZGB N 2).

Ist ein Geschäft zu liquideren, auch ein «illegales», fällt das unter die Zustimmung nach Art. 416 Abs. 1 Ziffer 8 ZGB.

Ob Ihnen die Klientin jeweils die Zustimmung nach Art. 416 Abs. 2 ZGB erteilen kann, ist davon abhängig, ob sie urteilsfähig ist und ihre Handlungsfähigkeit nicht beschränkt ist (siehe oben Bemerkung).

Die zwei Lager sind nachträglich ins Inventar aufzunehmen.

Wenn die Inventarisierung nur wertlose Gegenstände zu Tage fördert und keine Geldmittel für die Räumung zu Verfügung stehen, müssen Sie es auf eine Zwangsräumung durch die Vermieterschaft ankommen lassen. Allenfalls sind Angehörige bereit, die Räumung z.B. durch ein Hilfswerk zu finanzieren, vielleicht besteht auch die Möglichkeit, dass ein Broki ein sehr günstiges und finanzierbares Angebot unterbreitet.

Sollten aus dem «Geschäft» nicht deklarierte Gewinne erwirtschaftet worden sein oder sich nicht deklarierte Vermögenswerte in den Lagern befinden, müssen Sie die Meldepflichten betreffend die Steuern und Ergänzungsleistungen beachten.

Ich hoffe, die Angaben sind nützlich und ich grüsse Sie freundlich.

Luzern, 25.7.2023

Karin Anderer