Guten Tag,
Ich berate im Rahmen meiner Tätigkeit in der Betrieblichen Sozialberatung einen Klienten im Zusammenhang mit seinen Schulden.
Die Sichtung der Schulden zeigt einen aktuellen Schuldenberg von knapp CHF 30'000. Beim Betreibungsamt laufen im Moment drei Gläubiger-Gruppen, nebst der Krankenkasse (2. Klasse) sind keine bevorzugten Gläubiger dabei. Mein Klient ist bis auf weiteres über den Lohn gepfändet, eine Sanierung ist im Moment nicht möglich. Da er mit dem BEX weder die gemäss Gerichtsurteil zu zahlenden Forderungen an seine Ex-Frau (nicht 1. Klasse-Forderung und werden laut Betreibungsamt nicht ins BEX eingerechnet) begleichen kann noch die laufenden Steuern, entstehend neue Schulden. Die Pfändung wird deshalb noch dauern. Es sind sechs Gläubiger involviert, davon drei "grosse" Gläubiger, u.a. das Steueramt, die Krankenkasse und ein (mehr oder weniger vertrauenvolles) Kreditunternehmen (noch CHF 3000 offen).
Mein Klient ist sehr belastet durch die Situation, da er schon länger auf dem Existenzminimum lebt. Er kommt seit einen halben Jahr sehr zuverlässig und motiviert in die Beratung und hat im ganzen Prozess mit offenen Karten gespielt. Ich gehe davon aus, dass er eine Sanierung durchhalten würde.
Nun ist es so, dass die monatlichen Zahlungen von CHF 1'000 an die Ex-Frau per 31.03.21 wegfallen. Dann zeigt sein erweitertes Budget ab 01.04.21 eine Sanierungsquote von CHF 800/Mt. Eine Sanierung über 36 Mt. mit einer vollständigen Abzahlung wäre dann grundsätzlich möglich.
Mein Plan wäre somit, jetzt bereits mit einem Vorschlag an die Gläubiger zu gelangen. Ihr Vorteil wäre, dass sie so die ganze Schuld mit hoher Wahrscheinlichkeit zurückbezahlt bekommen in regelmässigen monatlichen Ratenzahlungen. Falls alle Gläubiger einverstanden sind, braucht es nicht einmal das Stundungsgesuch ans Betreibungsamt.
Wie beurteilen Sie dieses Vorgehen? Und wie hoch sind die Chancen auf Erfolg? Muss ich dabei noch etwas beachten? Gibt es noch ein Argument, die Gläubiger von einer Sanierung zu überzeugen?
Besten Dank für Ihre Rückmeldung,
Freundliche Grüsse
Fabienne Sigrist-Gloor
Frage beantwortet am
Doris Platania
Expert*in Schuldenberatung
Sehr geehrte Frau Sigrist-Gloor,
Das Vorgehen vor Ablauf der laufenden Pfändung an die Gläubiger zu gelangen, kann ein guter Weg sein, um eine Anschlusspfändung zu verhindern, insofern die Gläubiger bereit dazu sind mitzumachen.
In dem Schreiben an die Gläubiger, wäre es wichtig darum zu bitten, dass es zu keiner Anschlusspfändung kommt, damit auf ein gerichtliches Entschuldungsverfahren verzichtet werden kann.
Wichtig erscheint mir auch, die noch nicht veranlagten Steuern in die Berechnung mit einzubeziehen, die ja spätestens Anfang nächsten Jahres kommen und dann die laufende Steuerrate 2021 fürs Sanierungsbudget anzupassen, da die Steuern, aufgrund des Alimente-Wegfalls, höher werden. Es sei denn er hat sie nicht gezahlt, dann konnte er sie ja bei den Steuern auch nicht geltend machen.
Möchte Ihr Klient denn eine Schuldensanierung machen? Nach einer langen Pfändung kann manchmal ein Privatkonkurs, als Zwischenschritt, Sinn machen, damit sich ihr Klient zunächst wirtschaftlich erholen kann.
Wir erfrage hierzu immer auch die persönlichen Ziele unserer KlientInnen. Z.b. "Wo sehen sie sich in 3 und/oder in 10 Jahren? Was haben Sie für (persönliche) Ziele, unabhängig von der Schuldensituation? Was ist anders, wenn Sie schuldenfrei sind?" (Nur als Anregung).
Ein Argument könnte für die Gläubiger sein, dass Ihr Klient an einer (teilweisen) Abzahlung interessiert ist, "um eine Privatinsolvenz zu vermeiden". Da sie sonst erst einmal nichts von ihrem Geld sehen.
Es kann sicher auch sinnvoll sein die entsprechende Schuldenberatungsstelle im Kanton ihres Klienten anzufragen, bzgl. der Gläubigerzusammensetzung. Manche Gläubiger sind schwieriger in den Verhandlungen und dann kann es helfen ein paar Tipps zu bekommen.
Falls Sie weitere Fragen haben, können Sie sich gerne melden.
Viel Erfolg bei Ihrem Vorhaben.
Freundliche Grüsse
Doris Platania