Sehr geehrte Damen und Herren
Die EL-Stelle kürzt meiner Klientin aufgrund der Erhöhung der Pflegestufe 3 auf 4 nach RAI/RUG die persönlichen Auslagen von Fr. 400.00 auf Fr. 300.00. Meine Klientin ist recht aktiv unterwegs, trotz der nun höheren Pflegestufe.
Die Begründung der Gemeinde ist, dass sie interne Richtlinien haben, die besagen, dass ab der Pflegestufe 4 nur noch einen Anspruch auf persönlichen Auslagen von Fr. 300.00 besteht.
Ist dies korrekt?
Wie ist es bei einer Reduktion der persönlichen Auslagen wegen dem Vermögen. Bei der selben Klientin wird ein Vermögensverzehr von Fr. 33'000.00 pro Jahr verfügt. Darf die EL-Stelle die persönlichen Auslagen wegen dem Vermögen kürzen?
Besten Dank für Ihre Antwort.
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Frau Ulrich
Um Ihre Anfrage beantworten zu können müsste ich wissen, in welchem Kanton die Situation sich abspielt. Die Antwort ergibt sich dann aus dem kantonalen Recht, das die Grundlagen für die Gewährung des Betrages für persönliche Auslagen beinhaltet.
Diese Analyse wird dann auch ergeben, ob hier die Gemeinden tatsächlich Spielraum haben für interne Richtlinien und welche Kriterien dabei zulässig sind.
Das Vermögen, bzw. seine Anrechnung in der Bedarfsseite auf der Einnahmenseite (je nach Konstellation und Kanton in der Höhe von 1/15, 1/10 oder 1/5) haben einen Einfluss auf den Betrag, welcher die EL übernimmt. Auch wenn der Bedarf aus Heimtaxen und dem Betrag für persönliche Auslagen besteht.
Gerne erwarte ich also Ihre Rückmeldung bzgl. Kanton, damit ich diese Frage noch beantworten kann.
Prof. Peter Mösch Payot
Sehr geehrter Herr Mösch
Kanton Zürich.
Besten Dank für Ihre Bemühungen.
Freundliche Grüsse
Silvia Ulrich
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Liebe Frau Ulrich
Die Höhe der neben den Heimtaxen anerkannten «Persönlichen Auslagen» als Teil der anerkannten Ausgaben für die Berechnung der jährlichen EL im Sinne von Art. 10 Abs. 2 lit. b ELG richten sich nach kantonalem Recht.
Der Betrag für die persönlichen Auslagen umfasst das Taschengeld und weitere Ausgaben wie Kleider, Toilettenartikel, Zeitungen, Steuern und Ähnliches (Vgl. Ziff. 3330.01 der Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherung über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV, WEL, Stand 1.1.2020), welche nicht über die Heimtaxe gedeckt sind.
In § 11 Abs. 2 des Zürcher Zusatzleistungsgesetzes (ZLG) wird vorgesehen, dass diese höchstens 1/3 betragen dürfen des Betrages für den allgemeinen Lebensbedarf für Alleinstehende. Aktuell also höchstens CHF 6483.35.
Ergänzende sieht die kantonale Verordnung ZLV in § 2 vor, dass jener Betrag mindestens 1/3 des Höchstbetrages umfasst, also mindestens CHF 2161.10 pro Jahr oder CHF 180.10 pro Monat. Und es wird vorgesehen, dass die Bemessung nach den persönlichen Verhältnissen erfolgen soll. Die kantonalen Weisungen äussern sich nicht weiter zur Konkretisierung.
In diesem Rahmen haben die Gemeinden Ermessen, den Betrag nach sachlichen Kriterien festzulegen.
Gemäss Rechtsprechung darf die Bemessung bei Heimaufenthalt ausschliesslich gemäss dem individuellen Bedarf beziehungsweise dem konkreten Verwendungsbedarf der EL-Beziehenden für entsprechende Auslagen bemessen werden. Und nicht etwa anhand des Vermögens der EL-Beziehenden (vgl. Urteil des Sozialversicherungsgerichts Zürich ZL.2015.00053 vom 22.8.2016, E. 3.7; anders noch ZL.2009.00011 vom 30.9.2010 E.3.2).
Soweit ersichtlich sind aber das Alter und die Pflegebedürftigkeit als mögliche Kriterien für die Differenzierung des Betrages bisher nicht beanstandet worden.
Es könnte sich lohnen, im konkreten Fall eine Einsprache zu machen und die Gewährung des bisherigen Pauschalbetrages für die persönlichen Auslagen, bzw. die individuelle Erhebung/Bemessung des Bedarfes vor einem Entscheid über die Höhe der anerkannten persönlichen Auslagen zu verlangen.
Es müsste unter Verweis auf das Urteil des Sozialversicherungsgerichts Zürich ZL.2015.00053 vom 22.8.2016 argumentiert werden, dass der konkrete Verwendungsbedarf festgestellt werden müsse, und dass im konkreten FAll die Änderung der Pflegestufe keine Änderung des konkreten Bedarfs nach sich ziehe. Soweit möglich ist dieser konkrete Bedarf glaubhaft zu machen (z.B. mit einer Aufstellung der monatlichen Kosten für persönliche Auslagen wie Zeitungsabo, Coiffeur, Auswärtsaufenthalte etc. Ebenfalls müsste glaubhaft gemacht werden, dass die Änderung der Pflegestufe keinen Einfluss auf den Bedarf für persönliche Auslagen hat, also nicht auf Immobilität etc. zurückzuführen ist.
Dann sehe ich hier gewisse Chancen für eine erfolgreiche Anfechtung.
Unter Umständen kann es sinnvoll sein, für die Einsprache fachkundige Unterstützung einzuholen (Rechtsdienst Pro Senectute oder Procap bzw. Inklusion Handicap, Anwältin/RechtsberaterIn)
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Prof. Peter Mösch Payot