Guten Tag
da ich mir unsicher bin, inwieweit Fragen im Zusammenhang mit einem betrieblichen Mitwirkungsreglement und konkret daraus das Vorgehen bei (nicht vorgesehener stiller) Wiederwahl noch als arbeitsrechtliche Thematik bezeichnet werden können, möchte ich zuerst anfragen, ob Sie in diesem Themenbereich zu konkreten Fragen eines Mitarbeitenden, der bei mir in Beratung ist, Auskunft geben können?
Ich bedanke mich bereits besten für Ihre Rückmeldung und verbleibe mit besten Grüssen
Carole Lauper
Beraterin, MSc BFH in Sozialer Arbeit
Movis AG Bern
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
liebe Frau Lauper
Die Fragen der Mitwirkung (Personalkommission) sind Teil des Kollektiven Arbeitsrechts und gehören selbstverständlich auch zum Arbeitsrecht. Es freut mich, auch zu diesen Themen Fragen beantworten zu dürfen. Je präziser Sie den Sachverhalt darstellen und allenfalls aus Auszüge aus dem Mitwirkungsreglement u.ä. einkopieren, desto einfach wird mir die Beantwortung fallen.
Mit freundlichen Grüssen
Kurt Pärli
Guten Tag Herr Pärli
Besten Dank bereits für Ihre Antwort auf meine allgemeine Anfrage betr. Betrieblicher Mitwirkung / Personalkommissionen. Hier nun noch der konkrete Teil.
Ich habe einen Mitarbeiter in Beratung, der bereits Mitglied der Personalkommission ist, nun aber offenbar „still“ abgewählt wurde, weil er sich offenbar nicht reglementgemäss zur Wiederwahl bewarb. Die Wiederwahl wurde allerdings auch nicht reglementgemäss durchgeführt.
Er möchte in der PeKo bleiben und fragt sich, ob er noch etwas gegen seine „stille“ Abwahl unternehmen kann und wenn ja, was / wie.
Weiter werden offenbar die PeKos beider Betriebsstandort temporär zusammengelegt (weil momentan die eine alleine nicht handlungsfähig ist). Der Mitarbeiter vermutet die Intention, beide PeKos definitiv zusammen zu schliessen.
Ich erlaube mir, Ihnen nachfolgend die Schilderung des Klienten zuzustellen.
„Die Wahl an sich wurde abgesagt, 2 Peko Mitglieder „still“ gewählt, ich nicht, weil ich mich nicht mündlich zur Wahl eingebracht hätte. Ich bin der Meinung ich tat dies auf Anfrage an einer Peko Sitzung gegenüber der Leitung, als sie sich erkundigt hatte, wer gedenke weiterzumachen bezüglich Peko Arbeit. Ich bejahte dies und eigentlich war dies so für mich erledigt. Wäre es zu einer Wahl mit mindestens 3 Bewerbern, welche nach dem Reglement wählbar gewesen wären, gekommen, wäre ich abgewählt gewesen. Nur die Wahlen wurden abgebrochen, nach mündlicher Information bestand gar keine vollständige Wahlkommission in XY (!) Wie gesagt ich muss nicht zu jedem Preis Peko Mitglied bleiben, nur einfach verstehen und sehen, was statthaft ist oder eventuell nicht . Somit gehe ich davon aus, nicht mehr Mitglied zu sein vom nächsten Monat an, Beginn der neuen Amtsdauer mit nun noch 2 Mitgliedern.
Das 2te ist Folgendes: Da es vom nächsten Monat an nur noch 2 Mitglieder gibt ist die Peko in XY nicht mehr handlungsfähig. Die Lösung sieht jetzt folgendermassen aus (Übereinkunft Peko / Geschäftsleitung) (!!!): Die Peko XY arbeitet ab sofort mit der Peko Z zusammen, und erhält bis Ende Jahr Zeit genügend Interessierte in XY zu finden , welche sich zur Wahl stellen (in Abklärung wie viele dies im Minimum zu sein haben, erhalte Nachricht von Frau A., HR). Gelingt das nicht, werden die Pekos definitiv zusammengeführt. Bis Ende Jahr kann sie keine neuen Mitglieder aufnehmen. Daraus ergeben sich für mich noch folgende Fragen:
Ist dieses Vorgehen nach dem jetzigen Reglement statthaft, keine Beitritte möglich bis Ende Jahr?
Kann die Geschäftsleitung das jetzige Zusammenarbeiten wie das definitive Zusammenführen beider Pekos zu einer, nach dem jetzigen Reglement, überhaupt beschliessen?“
Ebenfalls wollte ich Auszüge aus dem Mitwirkungsreglement mitschicken, finde aber keinen Weg, diese hier einzukopieren… Darf ich die Dokumente ev. an eine E-Mail Adresse schicken?
Bitte entschuldigen Sie die Umstände.
Selbstverständlich stehe ich bei Fragen oder Unklarheiten zur Verfügung und bedanke mich bereits bestens. Ich freue mich, wie immer, auf Ihre Rückmeldungen.
Mit den besten Grüssen
Carole Lauper
Beraterin
MSc in Sozialer Arbeit
Movis AG | Schwarztorstrasse 18 | 3007 Bern
Tel. +41 848 270 270 | Tel. Direkt: +41 31 318 60 76
carole.lauper@movis.ch | www.movis.ch
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Sehr geehrte Frau Lauper
Gerne komme ich auf Ihre Frage zurück. Da scheint einiges schief gelaufen zu sein in diesem Verfahren..
Grundlage der betrieblichen Mitwirkung in der Schweiz bilden die (wenigen) Regelungen im Mitwirkungsgesetz (mitwG). Für die erstmalige Bestellung der Arbeitnehmervertretung sieht Art. 5 Abs. 3 MitwG vor, dass die Abstimmung (ob eine Arbeitnehmervertretung bestellt werden soll) und Wahl (der Arbeitnehmervertretung) gemeinsam von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite organisiert werden sollen. Das MitwG sieht also zumindest für die konstituierende Phase die Mitwirkung und so-mit auch Mitverantwortung der Arbeitgeberin für das Wahlverfahren vor.
Nach Art. 6 MitwG ist die Arbeitnehmervertretung in "allgemeiner und freier Wahl" zu bestel-len. Die Begrifflichkeiten "allgemeine Wahl" und "freie Wahl" werden im Gesetz nicht weiter konkretisiert und auch an einer entsprechenden Verordnungsbestimmung fehlt es. "Allgemeine Wahl" ist so zu verstehen, dass nicht bestimmte Arbeitnehmende des Betriebes von der Wahl ausgeschlossen werden dürfen . "Feie Wahl" bedeutet eine Wahl frei von Beeinflussungen der Stimmabgabe, namentlich durch die Arbeitgeberin .
Die spärlichen Ausführungen des Gesetzgebers sind unter Heranziehung der Materialien so zu verstehen, dass die Regelungen des Wahlverfahrens weitgehend der Arbeitnehmer– und Arbeitgeberseite überlassen werden sollen. Der Staat soll sich hier grösstmögliche Zurückha-tung auferlegen . Dies stellt jedoch keinen Freipass für willkürliche Wahlverfahren oder Abberufungen dar. So würden beispielsweise betriebliche Regelungen über die Arbeitnehmervertre-tung, wonach bsw. nur Inländer/innen oder nur Männer wählbar wären, gegen übergeordnetes Recht (Diskriminierungsverbote nach Freizügigkeitsabkommen und verfassungsrechtliche Diskriminierungsverbote sowie zivilrechtliche Persönlichkeitsschutznormen) verstossen. Auch eine Wahlvorschrift, wonach keine Gewerkschafter oder keine Gewerkschafter aus einer bestimmten Gewerkschaft wählbar sind, wären unzulässig.
Keine Regelungen finden sich im MitwG über die interne Organisation der Arbeitnehmervertretung. Auch Angaben zur möglichen Abwahl von Arbeitnehmervertreter/innen fehlen. Die gera-de beschriebenen materiellen Schranken für die Wahl der Arbeitnehmervertretung gelten in-des auch hier.
Was diese allgemeinen Ausführungen für die durch Sie geschilderten Vorkommnisse genau bedeuten, kann aufgrund der vorliegenden spärlichen Informationen nicht weiter geprüft werden. Sie können mir gerne das Personalreglement zukommen lassen (kurt.paerli@unibas.ch ).
Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
Kurt Pärli
[quote="CaroleLauper"]
Guten Tag Herr Pärli
Besten Dank bereits für Ihre Antwort auf meine allgemeine Anfrage betr. Betrieblicher Mitwirkung / Personalkommissionen. Hier nun noch der konkrete Teil.
Ich habe einen Mitarbeiter in Beratung, der bereits Mitglied der Personalkommission ist, nun aber offenbar „still“ abgewählt wurde, weil er sich offenbar nicht reglementgemäss zur Wiederwahl bewarb. Die Wiederwahl wurde allerdings auch nicht reglementgemäss durchgeführt.
Er möchte in der PeKo bleiben und fragt sich, ob er noch etwas gegen seine „stille“ Abwahl unternehmen kann und wenn ja, was / wie.
Weiter werden offenbar die PeKos beider Betriebsstandort temporär zusammengelegt (weil momentan die eine alleine nicht handlungsfähig ist). Der Mitarbeiter vermutet die Intention, beide PeKos definitiv zusammen zu schliessen.
Ich erlaube mir, Ihnen nachfolgend die Schilderung des Klienten zuzustellen.
„Die Wahl an sich wurde abgesagt, 2 Peko Mitglieder „still“ gewählt, ich nicht, weil ich mich nicht mündlich zur Wahl eingebracht hätte. Ich bin der Meinung ich tat dies auf Anfrage an einer Peko Sitzung gegenüber der Leitung, als sie sich erkundigt hatte, wer gedenke weiterzumachen bezüglich Peko Arbeit. Ich bejahte dies und eigentlich war dies so für mich erledigt. Wäre es zu einer Wahl mit mindestens 3 Bewerbern, welche nach dem Reglement wählbar gewesen wären, gekommen, wäre ich abgewählt gewesen. Nur die Wahlen wurden abgebrochen, nach mündlicher Information bestand gar keine vollständige Wahlkommission in XY (!) Wie gesagt ich muss nicht zu jedem Preis Peko Mitglied bleiben, nur einfach verstehen und sehen, was statthaft ist oder eventuell nicht . Somit gehe ich davon aus, nicht mehr Mitglied zu sein vom nächsten Monat an, Beginn der neuen Amtsdauer mit nun noch 2 Mitgliedern.
Das 2te ist Folgendes: Da es vom nächsten Monat an nur noch 2 Mitglieder gibt ist die Peko in XY nicht mehr handlungsfähig. Die Lösung sieht jetzt folgendermassen aus (Übereinkunft Peko / Geschäftsleitung) (!!!): Die Peko XY arbeitet ab sofort mit der Peko Z zusammen, und erhält bis Ende Jahr Zeit genügend Interessierte in XY zu finden , welche sich zur Wahl stellen (in Abklärung wie viele dies im Minimum zu sein haben, erhalte Nachricht von Frau A., HR). Gelingt das nicht, werden die Pekos definitiv zusammengeführt. Bis Ende Jahr kann sie keine neuen Mitglieder aufnehmen. Daraus ergeben sich für mich noch folgende Fragen:
Ist dieses Vorgehen nach dem jetzigen Reglement statthaft, keine Beitritte möglich bis Ende Jahr?
Kann die Geschäftsleitung das jetzige Zusammenarbeiten wie das definitive Zusammenführen beider Pekos zu einer, nach dem jetzigen Reglement, überhaupt beschliessen?“
Ebenfalls wollte ich Auszüge aus dem Mitwirkungsreglement mitschicken, finde aber keinen Weg, diese hier einzukopieren… Darf ich die Dokumente ev. an eine E-Mail Adresse schicken?
Bitte entschuldigen Sie die Umstände.
Selbstverständlich stehe ich bei Fragen oder Unklarheiten zur Verfügung und bedanke mich bereits bestens. Ich freue mich, wie immer, auf Ihre Rückmeldungen.
Mit den besten Grüssen
Carole Lauper
Beraterin
MSc in Sozialer Arbeit
Movis AG | Schwarztorstrasse 18 | 3007 Bern
Tel. +41 848 270 270 | Tel. Direkt: +41 31 318 60 76
carole.lauper@movis.ch | www.movis.ch
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Guten Tag Herr Pärli
ich erlaube mir, nachzufragen da ich Ihnen die Dokumente (2 pdf / Auszüge aus dem Mitwirkungsreglement) am 2.4.19 ein erstes und am 9.4.19 ein zweites Mal gemailt habe… sind diese bei Ihnen angekommen?
Auf Ihre Rückmeldung freue ich mich und verbleibe mit besten Grüssen
Carole Lauper
Beraterin
MSc in Sozialer Arbeit
Movis AG, Bern
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Sehr geehrte Frau Lauper
Zwischenzeitlich habe ich die Dokumente (auszugsweise) erhalten. So wie Sie den Sachverhalt schildern, sind die reglementarischen Vorschriften des Verfahrens zur Änderung des Reglements nicht vollständig eingehalten worden (für eine ganz präzise Antwort müsste ich indes den ganzen Sachverhalt kennen und ebenso Zugang zum vollständigen Reglment haben, die Angaben hier sind deshalb "ohne Gewähr)"
Das Mitwirkungsgesetz sieht in Art. 15
1 Über Streitigkeiten, die sich aus diesem Gesetz oder einer vertraglichen Mitwirkungsordnung ergeben, entscheiden unter Vorbehalt vertraglicher Schlichtungs- und Schiedsstellen die für Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis zuständigen Instanzen.
2 Klageberechtigt sind die beteiligten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie deren Verbände. Für letztere geht der Anspruch nur auf Feststellung.
Das bedeutet: Betroffene Arbeitnehmende können die Nichteinhaltung des Reglements vor einem Arbeitsgericht (zuerst Schlichtung) geltend machen. Ebenfalls wäre möglich, dass eine Gewerkschaft auf Feststellung einer Verletzung des Mitwirkungsgesetzes klagt.
Genügen Ihnen diese Angaben?
Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
KUrt Pärli
Guten Tag Herr Pärli
Besten Dank. Ich habe mir erlaubt, lediglich diese Auszüge zu schicken, weil ich mir ziemlich bin, dass der restliche Inhalt des Reglements (es ist nicht sehr ausführlich, knapp 6 Seiten), nicht relevant ist.
Diese Angaben genügen und ich danke Ihnen herzlich für Ihre Überlegungen.
Mit den besten Grüssen und Ihnen schöne, sonnige Osterfeiertage.
Carole Lauper
Beraterin
MSc in Sozialer Arbeit
Movis AG Bern