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Pensionskassengelder für die Rückerstattung von früher geleisteter Sozialhilfe einsetzen?

Veröffentlicht:
02.03.2021
Kanton:
Schwyz
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Meinem Klienten ist durch einen früheren Beistand (altes Vormundschaftsrecht) das Penskonskassenguthaben veruntreut worden. Dies wurde straf- und betreibungsrechtlich verfolgt und rechtsgültig festgehalten. In der Folge musste mein Klient während einer gewissen Zeit mit wirtschaftlicher Sozialhilfe unterstützt werden. Danachleistete der Schulder (=früherer Beistand) während einer gewissen Zeit ratenweise Rückzahlungen. Diese führten dazu, dass die wirtschaftliche Sozialhilfe eingestellt werden konnte. Dies auch deshalb, weil mit der rechtsgültigen Bestätigung der Schuld des früheren Beistandes und der Unschuld meines Klienten, die EL dieses Vermögen nicht mehr fiktiv anrechnete.

Der Schuldner hat nun eine Erbschaft gemacht, welche die vollumfängliche Rückerstattung des noch ausstehenden Guthabens erlaubt (ca. 120'000). Diese Rückerstattung erfolgt im Rahmen eines Nachpfändungsverfahrens via Betreibungsamt.

Muss dieses Geld nun vollumfänglich (bis auf den Freibetrag gemäss SKOS-Richtlinien) der Gemeinde als Rückerstattung der wirtschaftlichen Sozialhilfe überwiesen werden?  Oder gibt es Spielraum, um mit der Gemeinde zu verhandeln und sich dafür einzusetzen, dass dem Klienten mehr als das Minimum belassen wrid? Fakt ist, dass mein Klient während einer gewissen Zeitspanne keine EL mehr erhalten würde.

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Abend Frau Schneider

Gerne beantworte ich Ihre Frage. Ich gehe davon aus, dass die Veruntreuung damals auf Basis von altArt. 426 ZGB als Haftungsfall abgewickelt wurde. Ich gehe davon aus, dass dem Klienten ein Anspruch auf Schadenersatz eingeräumt wurde. Die Zahlungen des schuldigen Beistandes stufe ich somit als Begleichung des Schadenersatzes ein.

Erhält jemand Schadenersatz, wird dieser zu den eigenen Mitteln gezählt, die im Sinne von § 15 ShG SZ i.V.m. § 6 ShV SZ voll angerechnet werden. Speziell behandelt wird die Genugtuung. Die Genugtuung wird nach den SKOS-RL nur angerechnet, wenn sie bei einer Einzelperson höher ausfällt als Fr. 30'000 (SKOS-RL D.3.1 Abs. 5). Die SKOS-RL sind im Kanton Schwyz gemäss § 4 Abs. 2 ShV SZ wegleitend, soweit weder ShG noch ShV Abweichungen vorsehen und der Regierungsrat keine abweichenden Vorschriften erlassen hat, was in dieser Frage nicht der Fall ist.

Wenn es sich also um Schadenersatz (nicht Genugtuung) handelt und hätte der ehemalige Beistand den Schaden umgehend beglichen, dann wären diese Zahlungen vorrangig zur Sozialhilfe gewesen. Zu berücksichtigen ist aber, dass dem Schadenersatz ein Guthaben der 2. Säule zugrunde liegt. Guthaben der 2. Säule sind nach SKOS-RL D.3.3 Abs. 3 grundsätzlich erst mit dem AHV-Vorbezug oder dem Bezug einer ganzen IV-Rente auszulösen und gelten erst dann als für den aktuellen und zukünftigen Lebensunterhalt anrechenbar (SKOS-RL D.3.3 Abs. 5). Löst eine Klientin das Guthaben vorher freiwillig aus, gehört es aber ebenfalls zum anrechenbaren Vermögen, das für den aktuellen und zukünftigen Lebensunterhalt zu verwenden ist. In Ihrem Fall kann meiner Meinung nach die widerrechtliche Auslösung durch den Beistand nicht relevant sein. D.h. die Sozialhilfe darf nur anrechnen, wenn Ihr Klient eine AHV-Rente (vor-)bezieht oder eine ganze IV-Rente, oder die 2. Säule bereits vor der Veruntreuung ausgelöst hat. Die Situation muss sich bereits so im Zeitpunkt der Veruntreuung präsentiert haben. Nur dann hätte die Sozialhilfe auch ohne Veruntreuung das Guthaben voll anrechnen dürfen. Trifft dies auf Ihren Klienten zu (worauf der EL-Bezug hindeutet), dann hat die Sozialhilfe die Forderung des Klienten auf Zahlung des Schadenersatzes bevorschusst. Dies bedeutet, dass die Sozialhilfe gestützt auf § 25 Abs. 3a ShG SZ die als Vorschuss erbrachte wirtschaftliche Hilfe zurückfordern darf (vgl. auch SKOS-RL E.2.2). Dabei wird ihrem Klienten kein Vermögensfreibetrag zugestanden, da es sich nicht um den Fall der günstigen Verhältnisse gemäss § 25 Abs. 1 ShG SZ (i.V.m. SKOS-RL E.2.1) handelt.

Dieser Teil muss dann die EL vom anrechenbaren Vermögen als Schuld in Abzug bringen, da sie nur das Reinvermögen berücksichtigen darf (Art. 11 Abs. 1 lit. c ELG). Bezüglich EL noch diese Überlegung: Es könnte geprüft werden, ob die EL ihre Verfügung, womit sie dem Klienten den Anspruch abgesprochen hatte (wodurch die Sozialhilfe einspringen musste), in Revision ziehen müsste (Art. 53 Abs. 1 ATSG), indem sie rückwirkend das Verzichtsvermögen weglässt und die damals uneinbringliche Forderung (vgl. Urteil des Bundesgerichts 9C_277/2017 vom 17. Oktober 2017) nicht berücksichtigt. Die Sozialhilfe würde dann von der EL die Vorschussleistungen rückvergütet bekommen. Die EL würde ihrerseits aber das Vermögen nach ihren Regeln künftig einrechnen.

So gesehen, besteht aus meiner Sicht kein Spielraum gegenüber der Sozialhilfe in Bezug auf die Rückerstattung. Eine zu prüfende Lösung stellt die o.e. Revision durch die EL dar.

Falls meine getroffenen Annahmen nicht zutreffend wären, dann bitte ich Sie um entsprechende Rückmeldung.

Freundliche Grüsse

Ruth Schnyder