Guten Tag
Ich wurde auf folgende Konstellation angesprochen.
Frau K, 60 J., möchte sich jetzt, da der Umwandlungssatz ihrer PK in den nächsten 3 Jahren stufenweise massiv sinkt, schon pensionieren lassen.
Anschliessend plant sie, bis zum ordentlichen AHV-Alter weiter zu arbeiten und bei der neuen Pensionskasse bei Null anzufangen.
Das müsste doch rechtlich möglich sein, einfach unter Berücksichtigung folgender Komplikationen:
a) der alte Arbeitgeber wird sie sicher nicht mehr mit einem PK-pflichtigen Lohn anstellen, allenfalls in einem kleinen Pensum (ausser der alte AG würde den vollen Lohn ohne Koordinationsabzug versichern, dann käme auch das nicht in Frage)
b) sollte Frau K doch nicht eine Stelle wie gewünscht finden und müsste zum RAV, würde ihr der freiwillige PK-Bezug aber angerechnet (also sozusagen von den ALV-Taggeldern abgezogen)
c) ausserdem: wenn sie dann weniger als 50% arbeitete, müsste sie bis zum ordentlichen AHV-Alter Beiträge für Nichterwerbstätige zahlen - und bei deren Berechnung würde die PK-Leistung als Einkommen gerechnet und die Beiträge erhöhen.
Als Alternative wäre allenfalls eine Teilpensionierung zu prüfen, soweit das die alte PK zulässt.
Sind meine Überlegungen soweit korrekt?
feundliche Grüsse
M. Blindow
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrter Herr Blindow
Folgende zusätzliche Aspekte müssen unbedingt beachtet werden. Dazu gibt es auch einige Rechtsprechung:
a) Die Möglichkeit des Bezuges vor dem ordentlichen Rentenalter nach Art. 13 Abs. 1 BVG setzt voraus, dass eine regelmentarische Grundlage besteht. Diese muss an die Beendigung der Erwerbstätigkeit im Arbeitsverhältnis, das dem BVG-Schutz zu Grunde liegt, geknüpft sein. Es ist also nicht möglich die bestehende Arbeit fortzusetzen nach einer vorzeitigen Pensionierung. Andere weitere erwerbliche Tätigkeiten sind aber nicht ausgeschlossen (BGE 120 V 306 E. 4b).
b) Wenn die Erwerbstätigkeit beim selben Arbeitgeber oder einem mit diesem eng verbundenen Arbeitgeber wieder aufgenommen wird, kann es Probleme geben und wird ev. davon ausgegangen, dass gar keine echte vorzeitige Pensionierung vorliegt. Insoweit ist die Rechtslage nicht in allen Punkten klar. Ev. finden sich auch relevante Aspekte im Reglement. Entscheidend dürfte sein, ob ein wesentlicher zeitlicher Unterbruch bestand, ob die Tätigkeit ähnlich ist, und ob die Wiederaufnahme schon geplant war. Praxigemäss entstehen Probleme vor allem wenn die Arbeit wieder innert eines Jahres aufgenommen wird.
c) Soweit die neue Erwerbstätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber wahrgenommen wird, ergeben sich keine Probleme, selbst wenn dieser zufällig bei derselben Pensionskasse angeschlossen ist (BGer-Urteil 9C_706/2008 vom 6.11.2008).
d) Wenn der Versicherte vor hat nach einer vorzeitigen Pensionierung andersweitig erwerbstätig zu sein (auch wenn der Betroffene insoweit arbeitslos ist), so kann der Mitarbeitende wählen, ob er die Altersleistungen erhalten will, oder ob er eine Freizügigkeitsleistung auf das Freizügigkeitskonto erhalten will (Art. 2 Abs. 1bis FZG). Zu beachten ist, dass diesen Personen bei Eintritt der Vorsorgefälle Invalidität, Tod oder Alter keine Renten mehr ausbezahlt werden können, wenn ihre Austrittsleistung auf ein Freizügigkeitskonto übertragen worden ist und sie danach keine Arbeitsstelle mit Anschluss an eine neue Vorsorgeeinrichtung mehr finden. Dieses Risiko ist aber für Arbeitslose gemindert, weil sie im Rahmen der obligatorischen beruflichen Vorsorge für die Risiken Tod und Invalidität bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG versichert sind. Weiter können alle Personen den Alterssparprozess auf freiwilliger Basis bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG weiterführen.
e) Hinsichtlich der AHV-Beiträge ist zu beachten, dass nach einer vorzeitigen Pensionierung und gleichzeitiger Erwerbstätigkeit eine Vergleichsrechnung gemacht wird. Diese entscheidet die Frage, ob ein Status als unselbständig Erwerbender bleibt (mit den entsprechenden Lohnabzügen) oder ob eine Beitragsbemessung am Vermögen (unter Einbezug der mit dem Faktor 20 kapitalisierten Renteneinnahmen) erfolgt.
Dabei gilt, dass bei Personen, die nicht dauernd voll erwerbstätig sind die Beitragspflicht aus der Erwerbstätigkeit als erfüllt gilt, wenn die AG- und AN-Beiträge zusammen mindestens der Hälfte entsprechen des Betrages, welcher als Nichterwerbstätige zu bezahlen wäre (Art. 28bis AHVV).
Zu beachten ist aber zudem, dass bei Verheirateten die Beiträge des nichterwerbstätigen Ehegatten als bezahlt gelten, wenn der andere Ehegatte erwerbstätig ist und den doppelten Mindestbetrag bezahlt hat (Art. 3 Abs. 3 AHVG).
f) Bei einer Person, die sich im Rahmen der beruflichen Vorsorge freiwillige vorzeitig pensionieren zu 100 % pensionieren lässt darf femäss Art. 13 Abs. 3 AVIG nur jene beitragspflichtige Beschäftigung als Beitragszeit angerechnet werden, die sie nach der Pensionierung ausgeübt hat.
Bei freiwillig Teilpensionierten gilt, dass sie für das Teilpensum, welches nicht durch die BVG-Rente gedeckt ist, einen Arbeitsausfall aufweisen können und ihnen insoweit auch die Beitragszeit vor der Pensionierung angerechnet wird.
Diese Regel gilt immer dann, wenn der Pensionierte das Arbeitsverhältnis selbst auflöst und eine Altersleistung der beruflichen Vorsorge in Form einer Rente oder Kapitalabfindung bezieht. (vgl. dazu B 173ff. AVIG-Praxis ALE)
g) Es sind die steuerrechtlichen Aspekte zu prüfen im entsprechenden Kanton, vor allem wenn eine Kapitaloption gewählt wird.
h) Hinsichtlich der Möglichkeit der Frühpensionierung ist im Weiteren der neue Art. 47a BVG beachtlich, der ab nächstem Jahr gilt. Falls die Person nach dem 58. Altersjahr aus der Pensionskasse ausscheidet, weil der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis auflöst, ist die PK neu verpflichtet, die Weiterversicherung zu den selben Konditionen wie für die weiterhin angestellten Mitarbeitenden zu ermöglichen. Allerdings müsste dann die Arbeitnehmerin die vollen Prämien bezahlen (AG- und AN-Beiträge). Diese Norm gilt aber NUR, wenn die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis auflöst.
Ich hoffe, das dient Ihnen. Im Regelfall ist vor dem Hintergrund der genannten Regeln eine umfassende Beratung einer spezialisierten Stelle aufgrund der konkreten Umstände unverzichtbar.
Peter Mösch Payot