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örtliche Zuständigkeit Sozialhilfe

Veröffentlicht:
23.06.2022
Kanton:
Zug
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag liebes Sozialinfo Team

Wir haben eine Anmeldung zum Bezug wirtschaftlicher Sozialhilfe von Herrn G. erhalten. Die Zuständigkeitsfrage ist für uns nicht abschliessend geklärt und wir bitten Sie, uns eine Einschätzung zu geben. Ist die Gemeinde Baar, die Gemeinde Horw oder die Stadt Luzern zuständig?

Wir unterstützen Herr G. momentan mit Nothilfe von CHF 10.00 pro Tag.

Wir haben den Fragebogen der SKOS betreffend örtlicher Zuständigkeit von Herrn G. ausfüllen lassen. Hier die Zusammenfassung der Angaben:

Herr G. war zuletzt in der Stadt Luzern angemeldet (bis 21.01.2022). Er bezog im Januar 2022 auch dort Sozialhilfe. Ab Februar 2022 konnte er abgelöst werden, da er genug verdiente. Aktuell ist er in keiner Gemeinde angemeldet. 

Von Luzern meldete er sich selbständig ab und wollte ich sich Horw anmelden. In Horw habe man ihm mitgeteilt, dass er sich nicht anmelden könne, weil er sich in einem Hotel aufhalte. Dies sei nur möglich, wenn er mehr als drei Monate im Hotel bleibe. Herr G. hielt sich mehr als 3 Monate im Hotel in Horw auf (21.1.22-25.05.22), meldete sich jedoch nicht mehr in der Gemeinde an.

Als er mit der Zahlung in Verzug kam, wurde ihm das Apartment vom Hotel sofort gekündigt. Zuerst hielt er sich im Hotel Eckstein in Baar auf (26.5.22-7.6.22). Über Airbnb fand er ein Zimmer in Baar von einer Person, welche in dieser Zeit in den Ferien ist (7.6.22-26.7.22). Anstatt über Airbnb zu buchen, erstellten Herr G. und der Hauptmieter einen befristeten Untermietvertrag. Dieser wurde von der Verwaltung nicht akzeptiert und die Einwohnerkontrolle der Gemeinde Baar konnte Herrn G. deshalb auch nicht anmelden.

Von Mitte Juli bis Mitte August gehe er noch in die Ferien. 

Herr G. hat uns informiert, dass er eine Unterkunft im Hochhaus 21 ab 1.8.22 in Baar haben werde. Diese sei unbefristet, es sei für ihn aber auch nur eine Übergangslösung, bis er eine fixe Lösung/eigene Wohnung gefunden habe. Ein Vertrag vom Hochhaus 21 liegt dem Sozialdienst bis jetzt nicht vor. Die langfristige Wohnung, welche Herr G. sucht, muss nicht zwingend in der Gemeinde Baar sein.

Herr G. arbeitet in Baar und habe deshalb den Wunsch, in die Nähe zu ziehen. Seine persönlichen Gegenstände hat er aktuell bei sich im Zimmer in Baar. 

Über den Kanton Luzern läuft eine Lohnpfändung. 

Ich bin der Meinung, dass eigentlich die Gemeinde Horw zuständig wäre (SKOS Merkblatt örtliche Zuständigkeit Punkt 5.3). Da jedoch die Anmeldung bei der Einwohnerkontrolle nie gemacht wurde, wäre Luzern die letzte Gemeinde, wo er gemeldet gewesen war. Somit könnte die Zuständigkeit auch in Luzern liegen (SKOS Merkblatt örtliche Zuständigkeit Punkt 5.4).

Ich danke für Ihre Einschätzung und Rückmeldung zu obenstehendem Sachverhalt. 

Freundliche Grüsse

 

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Gerne beantworte ich deine Anfrage. Es handelt sich dabei um eine interkantonale Zuständigkeitsfrage, da die Stadt Luzern und die Gemeinde Horw im Kanton Luzern liegen, die Gemeinde Baar im Kanton Zug.

Im Zentrum stellt sich die Frage, ob der Kanton Luzern oder der Kanton Zug zuständig ist, den betreffenden Klienten mit wirtschaftlicher Hilfe zu unterstützen. Zwar wird in deinem Sachverhalt nicht erwähnt, dass der Klient bedürftig ist, aber ich gehe aufgrund der Fragestellung im Sozialhilfeforum davon aus, dass er ein Gesuch um wirtschaftliche Hilfe gestellt hat.

Massgebend für die interkantonale Zuständigkeit ist das ZUG. Aufgrund dessen, dass der Klient sich seit 26. Mai 2022 bis heute und offenbar weiterhin (Mietvertrag ab August im Hochhaus 21, vorher und nachher 2 Wochen Ferien) in Baar aufhält, stellt sich die Frage ob die Gemeinde Baar unterstützungspflichtig ist. Eine Zuständigkeit des Kantons Luzern kann im vorliegenden Fall nur etabliert werden, wenn davon auszugehen wäre, dass der Klient aus dem Kanton Luzern nicht weggezogen ist im Sinne von Art. 9 ZUG. Damit sich diese Rechtsfrage stellt, muss er vor seinem Aufenthalt im Kanton Zug Unterstützungswohnsitz nach Art. 4 ZUG im Kanton Luzern gehabt haben. Aufgrund dessen, dass er in Horw einen unbefristeten Vertrag für ein Apartment in einem Hotel eingegangen ist, sich bei der Einwohnerkontrolle anmelden wollte, wollte er offenbar sich längerfristig in Horw niederlassen. In der Stadt Luzern hat er sich abgemeldet und schien sich offenbar ohne Not ausserhalb der Stadt orientiert zu haben. Aufgrund dieser Angaben gehe ich davon aus, dass er aus der Stadt Luzern weggezogen ist und neu in der Gemeinde Horw einen Unterstützungswohnsitz begründet hat. Dabei ist unerheblich, dass das Einwohnerregisteramt der Gemeinde Horw die registerrechtliche Anmeldung verweigert hat, denn die registerrechtliche bzw. polizeiliche Anmeldung ist nicht Voraussetzung für die Begründung eines sozialhilferechtlichen Unterstützungswohnsitzes (Art. 4 Abs. 2 ZUG; siehe dazu auch das erwähnte Merkblatt der SKOS Ziff. 3). Insoweit hatte er vor dem Kantonswechsel Unterstützungswohnsitz im Kanton Luzern.

Nun stellt sich die Frage, ob dieser nach wie vor weiterbesteht, oder ob er infolge Wegzug (Art. 9 ZUG) beendet wurde. Vorliegend stellt sich die Frage, ob der Klient lediglich zur Vermeidung von Obdachlosigkeit vorübergehend für einen Unterschlupf ausserhalb der Gemeinde Horw untergekommen ist. Es würde sich in diesem Fall um einen Sonderzweck handeln, der den bisherigen Unterstützungswohnsitz nicht beenden würde, so richtigerweise das Merkblatt der SKOS Ziff. 5.4). Meiner Meinung nach ist es nicht ausgeschlossen, dass in den ersten Tagen in der Gemeinde Baar, als er in einem Hotelzimmer nächtigte, noch ein solcher Sonderzweck vorlag. Angesichts dessen, dass er aktuell keinen Willen mehr hat, nach Horw zurückzukehren, sondern es für ihn unerheblich ist, wohin es ihn verschlägt, hauptsächlich seine Arbeitsstelle in Baar ist gut von seinem neuen Wohnort erreichbar, kann meiner Meinung nach nicht mehr von einer vorübergehenden Obdachlosigkeit ausgegangen werden. Denn meiner Ansicht nach kommt dem Sonderzweck der Vermeidung der Obdachlosigkeit nur vorübergehenden Charakter zu und letztlich muss eine Rückkehrabsicht in die bisherige Wohngemeinde erkennbar sein. Vielmehr scheint sich der Klient vorliegend auf Zusehen hin in der Gemeinde Baar aufzuhalten, was er auch mit dem Vertrag mit dem Hochhaus 21 ab August 22 zum Ausdruck bringt. Insofern scheint mir zumindest aktuell mit überwiegender Wahrscheinlichkeit kein Sonderzweck zur Vermeidung von Obdachlosigkeit vorzuliegen und es kann von einem Wegzug aus dem Kanton Luzern ausgegangen werden. Demnach besteht kein Unterstützungswohnsitz mehr im Kanton Luzern, so dass Baar als Aufenthaltsort nach Art. 11 ZUG oder gar als neuer Unterstützungswohnsitz nach Art. 4 ZUG zu betrachten und damit nach Art. 12 oder 20 ZUG unterstützungspflichtig ist (vgl. dazu etwa das Verwaltungsgericht Zürich VB.2020.00088 vom 11.6.2020 E.5.5.3).

Zusammenfassend kann meiner Meinung nach davon ausgegangen werden, dass im vorliegenden Fall der Kanton Zug und damit die Gemeinde Baar für die Unterstützung mit wirtschaftlicher Hilfe zuständig ist. Letztlich ist es aber eine Einzelfallbetrachtung, bei welcher allenfalls noch weitere Umstände zu einem anderen Ergebnis führen könnten (als Beispiel, wo der Wegzug verneint wurde: Verwaltungsgericht Zürich VB.2018.00660 vom 10.1.2019). Beweispflichtig für den Wegzug wäre jedenfalls aber die Gemeinde Horw (Werner Thomet, Kommentar zum Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger, Schulthess, Zürich 1994, Rz. 151 zu Art. 9

Ich hoffe, dir mit den Ausführungen deine Frage beantwortet zu haben.

Herzliche Grüsse, Ruth