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Nothilfe bei fehlender Aufenthaltsbewilligung

Veröffentlicht:
05.03.2025
Kanton:
Wallis
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Gemäss kantonaler Weisung haben Klienten mit abgelaufenen Ausweis B oder C grundsätzlich keinen Anspruch auf ordentliche Sozialhilfe. Somit erhalten sie gemäss 18.1.6 der Weisung zur Anwendung des Gesetzes über die Eingliederung und die Sozialhilfe vom 1. Oktober 2024 nur Nothilfe. Ordentliche Sozialhilfe darf erst dann gewährt werden, wenn alle zur Prüfung des Antrags notwendigen Dokumente beim Migrationsamt eingereicht wurden. Dies wird bei Klienten, welche sich neu beim Sozialdienst anmelden, als auch bei bereits unterstützten Klienten so angewandt.

  • Ist es aus Ihrer Sicht rechtlich zulässig direkt nur Nothilfe zu gewähren, wenn der Ausweis abgelaufen und kein neuer beantragt wurde? Bzw. das Gesuch um Verlängerung noch nicht eingereicht wurde? Oder müsste hier zuerst eine Auflage mit Sanktionsandrohung verfasst werden?

Derzeit betreuen wir ein Familiensystem, in welchem aufgrund fehlender Aufenthaltsbewilligungen von zwei Kindern lediglich Nothilfe im Betrag von CHF 6.-/pro Tag bezahlt werden darf, weil die Aufenthaltsbewilligung nicht beantragt wurden, bzw. für die Beantragung noch diverse Unterlagen fehlen.

  • Wie erachten Sie die Rechtmässigkeit bzw. Verhältnismässigkeit, wenn Kindern die Sozialhilfe auf Nothilfe gekürzt wird, weil die Eltern die Anträge für Verlängerung nicht rechtzeitig bzw. wegen fehlender Dokumente noch nicht eingereicht haben?
  • Im oben genannten Fallbeispiel ist es so, dass die Kindsmutter der beiden Kinder vorgängig noch bei diversen anderen Behörden Unterlagen besorgen muss, damit sie diese dann an das Migrationsamt weiterleiten kann. Das heisst, es wird noch einige Zeit dauern, bis alle notwendigen Dokumente vollständig beim Migrationsamt sind. Wenn sie sich nachweislich bemüht alle notwendigen Formulare zu besorgen, ist dann eine weitere Kürzung immer noch zulässig/verhältnismässig?

Vielen Dank für das Prüfen dieser Anfrage.

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Ich danke mich für ihre Frage beantworte, die ich gerne folgendermassen beantworte:

Einleitend kann ich festhalten, dass es etliche Kantone gibt, die eine ähnliche Regelung für Personen mit einer abgelaufenen B oder C Bewilligung haben. Ohne sämtliche Kantone geprüft zu haben, kann ich sagen, diese Kantone dafür eine ausdrückliche gesetzliche Regelung haben, sei dies im Gesetz selbst oder in einer Verordnung (z.B. der Kanton Basel-Landschaft).

Ich habe mich deshalb auf die Suche nach der rechtlichen Grundlage für diese Regelung im Kanton Wallis gemacht, denn ohne eine solche ist meiner Ansicht nach eine Herabsetzung der Unterstützung für diese Personengruppe nicht zulässig.

In Art. 36 Abs. 3 des Gesetzes über die Eingliederung und die Sozialhilfe (GES) ist festgehalten, dass die ordentliche Unterstützung für bestimmte Personengruppen eingeschränkt werden könne. Der Staatsrat regle die Sonderfälle (Abs. 4). In Art. 46 der Verordnung über die Eingliederung und die Sozialhilfe (VES) habe ich dann eine ausdrückliche Bestimmung zum Umfang der Unterstützung von ausländischen Personen gefunden. In Abs. 3 ist ausgeführt, dass Ausländer ohne gültige Aufenthaltsbewilligung das Kantonsgebiet grundsätzlich verlassen müssen und keinen Anspruch auf eine ordentliche oder eine gekürzte Sozialhilfe haben. In Abs. 4 ist ergänzend festgehalten, dass das Departement mittels Weisung die Beträge und die Bedingungen für die Gewährung der materiellen Hilfe für Ausländer festlege. Das Departement hat dies denn mit der von Ihnen aufgeführten Weisung auch getan. In Ziffer 18.1.6. ist, wie von Ihnen ausgeführt, unter anderem die Personengruppe der Ausländer mit einer B oder C Bewilligung geregelt. Bei einem abgelaufenen Ausweis mit Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Gültigkeitsdauer ist demnach weiter ordentliche Hilfe zu bezahlen. Erfolgt der Antrag auf Verlängerung erst danach, ist Nothilfe zu bezahlen. Ordentliche Sozialhilfe ist ab dem Zeitpunkt wieder zu bezahlen, ab dem das Dossier bei der DBM eingereicht worden ist. Wie «Einreichen des Dossiers» zu definieren ist, steht nicht ausdrücklich. Ein Dossier erscheint mir spätestens dann als eingereicht, wenn alle erforderlichen Unterlagen für einen Entscheid vorhanden sind.

Aus den obigen Ausführungen folgt meiner Ansicht nach, dass es im Kanton Wallis eine ausreichende gesetzliche Grundlage gibt, dass ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Gültigkeit des Ausländerausweises B oder C Nothilfe zu bezahlen ist, denn die Nothilfe ist in diesem Fall keine Sanktion für eine versäumte Pflicht gegenüber der Sozialhilfe sondern die Unterstützungshöhe für eine bestimmte Personengruppe (Ausländer mit abgelaufenem B oder C Ausweis ohne rechtzeitigen Antrag um Verlängerung). Es braucht somit keine vorgängige Verfügung mit Sanktionsandrohung. Die Sozialhilfe könnte und sollte aber bei ausländischen Personen, deren Ausländerausweis B oder C in Kürze abläuft, rechtzeitig darauf hinweisen, dass ab Ablauf der Gültigkeit nur noch Nothilfe ausbezahlt wird, wenn nicht vorher ein Gesuch um Verlängerung eingereicht wird.

Zu Ihrer Frage, was mit Kindern in einem solchen Familiensystem ist, kann ich Folgendes ausführen: Wenn auch sie aufgrund des Versäumnisses der Eltern keinen gültigen Ausländerausweis mehr haben, haben auch Sie rechtlich nur noch Anspruch auf Nothilfe. Es lässt sich meiner Ansicht nach auch nicht damit argumentieren, dass die Kinder keine Schuld am abgelaufenen Ausweis trifft, da die Herabsetzung auf Nothilfe in diesem Fall eben gerade keine Sanktion ist sondern widerspiegelt, dass aktuell kein gültiger Aufenthaltstitel vorliegt. Allenfalls kann die Sozialhilfe die Eltern bzw. die Mutter unterstützen, damit die notwendigen Unterlagen so rasch als möglich zusammengetragen und eingereicht sind. Schliesslich lässt sich bei einer durch die Nothilfe entstehenden Gefährdung des Kindswohls eine Meldung an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde denken.

Ich hoffe, Sie mit meiner Antwort unterstützen zu können.

Freundliche Grüsse