Zum Inhalt oder zum Footer

Neuberechnung des Kindesunterhalts nach Zuzug aus dem Ausland

Veröffentlicht:
05.01.2022
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Kindes- und Erwachsenenschutz

Sehr geehrte Frau Anderer

Das 11-jährige Kind nicht verheirateter Eltern ist 2018 mit der obhutsberechtigten Mutter in die Schweiz gezogen.

Jetzt möchte diese den Unterhalt, dessen Höhe ursprünglich in Deutschland festgelegt wurde, anpassen lassen.

Frage: Hat der Vater des Kindes Chancen, eine Anpassung zu verhindern, dies vor dem Hintergrund, dass die Mutter mit dem Kind ohne seine Zustimmung in die Schweiz gezogen ist?

Anzumerken gilt, dass das gemeinsame Sorgerecht erst 2019 durch die Schweizer Behörden übertragen wurde.

Vielen Dank für die Beantwortung meiner Frage.

Frage beantwortet am

Karin Anderer

Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz

Guten Tag

Wenn die Mutter das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht innehatte, was dem Sachverhalt nicht genau zu entnehmen ist, so durfte sie ohne Zustimmung des Vaters in die Schweiz umziehen. Wenn sie es nicht hatte, so hätte der Vater das Gericht anrufen können. Jedenfalls haben sie seit 2019 das gemeinsame Sorgerecht und beide bestimmen nun gemeinsam über den Aufenthalt des Kindes (Art. 301a ZGB). Es kann somit davon ausgegangen werden, dass der Vater dem Aufenthalt in der Schweiz, mindestens konkludent, zugestimmt hat.

Im Schweizer (wie im Deutschen Recht) gilt die Kindeswohlmaxime (Art. 301 Abs. 1 ZGB), d.h. dass sich die Eltern am Kindeswohl und nicht an ihren persönlichen Interessen zu orientieren haben.

Der Kindesunterhalt orientiert sich nicht am Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern und das Kind kann nicht für ein Fehlverhalten eines Elternteils „finanziell abgestraft“ werden. Der Umzug in die Schweiz dürfte sich deshalb sich nachteilig auf die Höhe des Kindesunterhalts auswirken. Ob aber die Voraussetzungen für eine Anpassung des Kindesunterhalts vorliegen, das ist andere Frage. Dazu benötigt es detaillierte Kenntnisse (auch der ursprünglichen Ermittlung der Höhe des Betrags) und die Mutter ist gut beraten, sich hier professionell von einer Fachperson in (internationalen) Kindesunterhaltsfragen beraten zu lassen.

Hinweis: Es liegt ein internationaler Fall vor und wenn sich die Eltern nicht über den Unterhalt einigen können, wird es kompliziert. Nach Art. 79 IPRG sind auf Klagen betreffend die Beziehungen zwischen Eltern und Kind, insbesondere betreffend den Unterhalt des Kindes, die schweizerischen Gerichte am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder am Wohnsitz oder, wenn ein solcher fehlt, am gewöhnlichen Aufenthalt des beklagten Elternteils zuständig. Und nach Art. 83 IPRG gilt für die Unterhaltspflicht zwischen Eltern und Kind das Haager Übereinkommen vom 2. Oktober 1973 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht.

Ideal ist es sicher, wenn sich die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern, (auch) hier einig werden können.

Ich hoffe, die Angaben sind nützlich und ich grüsse Sie freundlich.

 

Luzern, 12.1.2022

Karin Anderer