Guten Tag
Unser Klient in der wirtschaftlichen Sozialhilfe hat die Auflage zur Wohnungssuche, da seine Miete CHF 300.00 über unseren kantonalen Richtlinien liegt. Er hat folgende Auflage: mind. 5 Wohnungsbemühungen jeweils am 5. vom Folgemonat beim Sozialdienst einreichen. Ansonsten wird ab dem nächstmöglichen Kündigungstermin nur noch die Miete gemäss Richtlinien übernommen.
Nun hat unser Klient per 1. Dezember 2022 ein WG-Zimmer gefunden und zahlt im Gegensatz zur jetzigen Wohnung CHF 890.00 weniger Mietzins. Der neue Mietvertrag ist bereits unterschrieben. Die jetzige Wohnung kann jedoch erst per 31.03.2023 gekündigt werden. Die Vermieterin hat somit Anspruch auf den Mietzins bis zu diesem Zeitpunkt.
Unser Klient sucht intensiv nach einem/einer Nachmieter/in (solvent) und kann uns diese Suchbemühungen nachweisen. Sollte er jedoch trotz den intensiven Suchbemühungen keinen Nachmieter finden, stellt sich die Frage, wer die Mietkosten der aktuellen Wohnung weiterhin bis 31.03.2023 übernimmt. Geht dies zu Lasten der wirtschaftlichen Sozialhilfe? Falls ja, auf welche gesetzliche Grundlage kann dabei gestützt werden?
Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort.
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Ich bedanke mich für Ihre Frage und beantworte diese gerne wie folgt:
Die Bedarfsmessung orientiert sich im Kanton Nidwalden an den Empfehlungen der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS-Richtlinien) in der Fassung per 1. Januar 2021 (5. Ausgabe), mit Ergänzung per 1. Januar 2022 (§ 8 SHV NW).
Gemäss SKOS-RL C.4.1 wird von unterstützten Personen erwartet, dass sie in günstigem Wohnraum leben. Anzurechnen sind die Wohnkosten nach den örtlichen Verhältnissen. Überhöhte Wohnkosten sind nach Abs. 3 so lange zu übernehmen, bis eine zumutbare günstigere Lösung zur Verfügung steht. Kündigungsbedingungen sind in der Regel zu berücksichtigen.
Nach SKOS-RL C.4.1 Erläuterungen lit. b wird präzisiert, dass wenn überhöhte Wohnkosten bestehen und der Umzug in eine günstigere Wohnung als zumutbar erachtet wird, den unterstützten Personen eine angemessene Frist zur Wohnungssuche zu setzen ist. Innerhalb dieser Frist sind die überhöhten Wohnkosten zu übernehmen, soweit die Suche nach einer günstigeren Wohnung nicht zuvor verweigert wird. Bei längeren Kündigungsfristen kann von den unterstützten Personen verlangt werden, dass sie die rechtlichen Möglichkeiten zur vorzeitigen Kündigung (Art. 266g OR) oder Übertragung des Mietverhältnisses an eine Nachmieterschaft (Art. 264 OR) ausschöpfen.
Man kann SKOS-RL C.4.1 so auslegen, dass die günstigere Wohnmöglichkeit nun zur Verfügung steht und deshalb ab 1.12.2022 nur noch der Mietzins des WG-Zimmers zu übernehmen ist. Die Formulierung "Kündigungsbedingungen sind in der Regel zu berücksichtigen" muss meiner Meinung nach aber so verstanden werden, dass der überhöhte Mietzins bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, vorliegend 31.3.2023, zu übernehmen ist.
Wenn die Sozialhilfe vorliegend ab 1.12.2022 bis 31.3.2023 aber den Mietzins für die bisherige Wohnung und nicht den Mietzins für das günstige WG-Zimmer bezahlt, besteht die Gefahr, dass der Klient die Miete für das WG-ZImmer nicht bezahlen kann und dieses wieder verliert. Dies kann nicht die Lösung sein, da das WG-Zimmer offenbar sehr günstig ist und der Mietzins unter den Mietzinslimiten liegt. Es macht deshalb Sinn, den Mietzins für das WG-Zimmer ab 1.12.2022 zu übernehmen.
Es stellt sich nun die Frage, was mit dem Mietzins für die bisherige Wohnung ist. Hier gibt es für mich verschiedene Lösungen, die im Ermessen der Sozialhilfe liegen:
- Sie bezahlen den ganzen Mietzins der bisherigen Wohnung, bis ein Nachmieter/eine Nachmieterin gefunden ist, längstens bis zum 31.3.2022.
- Sie bezahlen den Mietzins der bisherigen Wohnung im Umfang der Differenz zwischen dem Mietzins für das WG Zimmer und dem Mietzins für die bisherige Wohnung und überlassen es dem Klienten, eine Abzahlungsvereinbarung mit dem bisherigen Vermieter/der Vermieterin für den offen bleibenden Mietzins zu treffen.
- Sie bezahlen den Mietzins der bisherigen Wohnung längstens bis 31.3.2022 ganz, verlangen aber vom Klienten die Abzahlung im Umfang des die Differenz zwischen dem Mietzins für das WG-ZImmer und die bisherige Wohnung übersteigenden Betrages verrechnungsweise zurück.
Beim Entscheid, welche Lösung gewählt wird, gilt es meiner Ansicht nach zu berücksichtigen, dass der Klient eine sehr günstige Lösung gefunden hat, die die Bedürftigkeit auf Dauer deutlich reduziert.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen zu können.
Freundliche Grüsse