Guten Tag
In unserer Klinik haben wir viele Patienten und Patientinnen, bei denen der Arbeitsvertrag nach einer längeren Krankschreibung aufgelöst wurde, wobei sie in der Regel weiterhin das Krankentaggeld über die Versicherung des ehemaligen Arbeitgebers beziehen (bis die in der Regel 720 Tage ausgeschöpft sind), OHNE dass sie monatliche Prämien bezahlen müssten. Wir gehen davon aus, dass diese Personen für den laufenden Krankheitsfall einfach weiterhin über die Kollektivversicherung des ehemaligen AG versichert sind. Korrekt?
Andere Patientinnen und Patienten werden über den AG oder die Versicherung jedoch so informiert, dass sie in die Einzeltaggeldversicherung wechseln MÜSSEN, wenn sie über das Arbeitsverhältnis hinausgehend das Krankentaggeld für den laufenden Krankheitsfall noch beziehen wollen. Dabei fallen oft sehr hohe Prämien an.
Unsere Frage:
Besteht eine allgemeine Nachleistungsspflicht für die Versicherer (egal ob KVG- oder VVG-Vertrag) und wenn ja, darf diese an einen Wechsel in die Einzeltaggeldversicherung mit Prämienkosten gebunden sein?
Danke!
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Frau S.
Zunächst ist danach zu unterscheiden, ob eine Krankentaggeldversicherung (die in der Schweiz ja nicht für alle und auch nicht für alle Arbeitnehmenden obligatorisch ist) über den Arbeitgeber nach Krankenversicherungsgesetz (KVG) abgeschlossen wurde, oder privatrechtlich nach Versicherungsvertragsgesetz (VVG).
Die allermeisten Krankentaggeldversicherungen sind solche nach VVG.
a) Falls sich aus der Police oder den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausnahmsweise ergeben sollte, dass es sich um eine Krankentaggeldversicherung nach KVG handeln sollte, gilt Folgendes: Bei KVG-Kollektivversicherungen endet die Leistungspflicht mit dem Austritt aus dem versicherten Kollektiv, d.h. bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Wer das Taggeld weiter beanspruchen will, muss in die Einzelversicherung übertreten. Auf die Weiterversicherungs besteht ein Anspruch. Es müssen dann aber auch die entsprechenden Prämien bezahlt werden.
b) Die gleiche Regel KANN sich auch bei VVG-Taggeldversicherungen ergeben, WENN dies in den entsprechenden allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Taggeldversicherung so vereinbar ist. Das müsste genau geprüft werden, wenn die Taggeldversicherung behauptet, eine Weiterleistung der Taggelder sei nur möglich, wenn ein Übertritt in die Einzelversicherung erfolgt.
c) Bei vielen VVG-Taggeldversicherungen ist im Reglement (AVB) hingegen vorgesehen, dass die Krankentaggelder für krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeiten, die über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortbestehen, weiter gewährt werden. Ev. kann die Dauer im besonderen beschränkt sein. Will bei dieser Konstellation jemand aber, dass für NEU auftretende Arbeitsunfähigkeiten ebenfalls eine Absicherung mit Taggeld besteht, so müsste ein Übertritt in die Einzelversicherung erfolgen. Natürlich sind die Prämien, die unter Umständen recht hoch sind, selber zu bezahlen. Auf den Übertritt besteht für Arbeitslose ein Anspruch, wenn Sie diesen Übertritt innert 30 Tagen (häufig auch innert drei Monaten) nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklären.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Peter Mösch Payot