Guten Tag
Ergänzend zur Frage "Anmeldung Kinderzulagen verweigert" vom 01.03.2022 haben wir folgende Frage:
Gibt es somit keine Möglichkeit, dass die Familienzulagen direkt durch eine andere Person (Kindsmutter, Sozialdienst wenn dieser für die Kinder in zeitlicher Kongruenz WSH zahlt) anmeldet, wenn dies der anmeldeberechtigte Kindsvater nicht tut? Es müsste also via Schuldneranweisung / Zivilgericht der Vater zur Anmeldung verpflichtet werden und bis dahin, gibt es keine weiteren Möglichkeiten?
Wie kann der Sozialdienst die FamZ- Leistungen sichern (Verrechnung i.S.v. Art. 22 ATSG), zur Verrechnung mit der in sachlich und zeitlicher Kongruenz ausgerichteten WSH, wenn er nicht weiss, welche Ausgleichskasse überhaupt zuständig ist?
Wir hatten zudem folgenden Sachverhalt:
Eine Kindsmutter mit drei Kindern bezog mehrere Monate wirtschaftliche Sozialhilfe. Zuerst war der Kindsvater nach der Anspruchskaskade von Art. 7 FamZG zur Anmeldung berechtigt (hier haben wir die FamZ direkt via Drittauszahlung der Kindsmutter auszahlen lassen und via WSH-Budget ihr angerechnet) und dann die Kindsmutter, weil ihr Arbeitspensum respektive das Erwerbseinkommen höher war. Die Kindsmutter meldete die FamZ trotz mehrfacher Anweisung und anschliessender schriftlicher Weisung (Entscheid) von uns nicht an. Dann wurde sie abgelöst durch noch höheres Einkommen und der Sozialdienst konnte die über mehrere Monate und für mehrere Kinder nicht der Sozialhilfe anrechnen, weil sie gar nie angemeldet wurden.
Kann der Sozialdienst in solchen Fällen die Anmeldung der FamZ selbst tätigen, genau für diese Zeit, wo er Sozialhilfe zahlte (z.B. i.S. der Subrogation?)?
Die Kindsmutter hat die FamZ anschliessend, nach Ablösung von der WSH, doch noch (rückwirkend) angemeldet und wir konnten die Leistungen nur zu "unseren Gunsten" sichern, weil wir in diesem Fall wussten, welche Ausgleichskasse zuständig war und dort ein Verrechnungsantrag i.S.. Art. 22 ATSG hinterlegt haben. Wie hätten wir Vorgehen können, wenn uns dies nicht bekannt ist?
In der Praxis ist die Handhabung bei bereits fliessenden FamZ deutlich einfacher, als wenn die FamZ noch gar nicht angemeldet wurden, insbesondere dann, wenn die Anmeldung durch eine von der Sozialhilfe nicht unterstütze Person angemeldet werden muss, welche zudem die Kontaktaufnahmen der Kindsmutter / Sozialdienst ignoriert.
Besten Dank für Ihre Bemühungen.
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Ich bedanke mich für Ihre Frage. Ich bin aufgrund Ihrer Frage nochmals auf die Suche nach einer einfacheren Lösung, als der von mir in dem von Ihnen verlinkten Beispiel aufgezeigten, gegangen und bin in der Wegleitung zum Familienzulagengesetz des Bundesamts für Sozialversicherungen in Rz. 104 1/17 fündig geworden. Dort steht Folgendes:
Nach der Rechtsprechung kann Antrag auf Familienzulagen stellen, wer beschwerdeberechtigt ist (s. Rz. 801.1). Der andere Elternteil oder das volljährige Kind kann deshalb anstelle des Elternteils, der einen Anspruch geltend machen kann, dies aber nicht tut, einen Antrag stellen (s. dazu Kieser Ueli, ATSG-Kommentar, 3. Auflage, 2015, Rz. 27 und 28 zu Art. 29 und Rz. 7 ff. zu Art. 59). In diesem Fall werden die Familienzulagen direkt an diejenige Person ausgerichtet, welche den Antrag gestellt hat. Zur Drittauszahlung an die Person, die das Kind betreut, oder an das volljährige Kind, falls die Familienzulagen nicht für die Bedürfnisse des Kindes verwendet werden, s. Rz. 246 und 246.1.
Daraus folgt, dass die Mutter der Kinder einen Antrag auf Familienzulagen stellen kann, wenn zwar der Vater anspruchsberechtigt ist, aber keinen Antrag stellt. In diesem Fall kann die Sozialhilfe ergänzend nach Art. 20 ATSG die Auszahlung an die Sozialhilfe verlangen, wenn sie die Kinder finanziell unterstützt. Ob die Sozialhilfe ebenfalls als beschwerdeberechtigt und damit antragsberechtigt gelten kann, lässt sich aus der Wegleitung zum Familienzulagengesetz des Bundesamts für Sozialversicherungen nicht herauslesen. Ich schlage deshalb vor, dies einmal auszuprobieren und bei der Antragsstellung geltend zu machen, dass die Sozialhilfe beschwerdelegitimiert nach Art. 59 ATSG sei, da sie ein besonderes finanzielles Interesse habe, wenn sie die Kinder finanziell unterstützt. Zeitgleich könnte die direkte Auszahlung der Familienzulagen an die Sozialhilfe beantragt werden.
Wenn die Ausgleichskasse nicht bekannt ist, lässt sich diese allenfalls über den Arbeitgeber des anspruchberechtigten Elternteils herausfinden.